Wie russische Zarinnen im Stillen heirateten

Russia Beyond (Public Domain; Getty Images; Fjodor Rokotow/Die Staatliche Tretjakow-Galerie/Public Domain)
Es gibt mindestens zwei Legenden darüber, wie Zarinnen ihre Geliebten heimlich heirateten. Warum konnten sie sich nicht offen zu ihrer Beziehung bekennen, und wer waren ihre heimlichen Ehemänner?

Jelisaweta Petrowna

Die Tochter von Peter dem Großen hatte ein unbeschwertes Wesen und ein fast frivoles Auftreten. Sie liebte Spaß, Luxus und teure, freizügige Kleidung. Und man sah sie oft in der Gesellschaft verschiedener junger Leute. Peter I. schaffte es nicht, seine Tochter zu verheiraten.

Porträt von Jelisaweta Petrowna by Vigilius Eriksen.

Sie hatte, in der Thronfolge hinter ihrem Neffen Peter II., ihrer älteren Schwester Anna und deren Nachkommen stehend, kaum Chancen, den Thron zu besteigen. Doch für die Zarewnas war die Ehe in erster Linie ein politischer Akt. Und Elisabeth wusste schon in ihrer frühen Jugend, dass ihre Liebesbeziehung genau beobachtet wurde.

Als der junge Zar Peter II. den Thron bestieg, rückte Elisabeth sichtlich in seine Nähe. Es wurde gemunkelt, dass Peter II. sogar in seine junge Tante verliebt war, auf jeden Fall verbrachten sie sehr viel Zeit miteinander, gingen auf die Jagd und fuhren ins Grüne. Manchen Geschichtskundigen zufolge wollten sie sogar heiraten, bekamen aber nicht den Segen der Kirche, die einer Hochzeit von so nahen Verwandten nicht zustimmte.

Peter II.

Die Adeligen Menschikow und Dolgorukow, die im Wesentlichen für Peter II. regierten, Intrigen schmiedeten und um Einfluss konkurrierten, beobachteten die Nähe des jungen Mannes zu Elisabeth argwöhnisch. Sie fürchteten ihren Einfluss auf ihn und den damit verbundenen Machtverlust und beabsichtigten, den jungen Peter gewinnbringend mit einer ihrer Töchter zu verheiraten. Doch Peter starb früh und heiratete nie.

Die ersten gescheiterten Ehen von Elisabeth fielen noch in seine Amtszeit. Zunächst hatte sie ein Verhältnis mit Generalmajor Alexander Buturlin, dann mit dem Kammerherrn Semjon Naryschkin. Beide wurden von Peter II. verbannt und fielen bei ihm in Ungnade. Entweder war er eifersüchtig auf Elisabeth, oder er stand unter dem Einfluss seiner Berater.

Nach dem frühen Tod des Peter II. wurde Anna Ioannowna, die Nichte von Peter I., kurzerhand auf den Thron befördert. Während ihrer Regierungszeit machten ausländische Prinzen Elisabeth Anträge, aber da sie die Konkurrenz spürte, lehnte Anna alle ab. Sie wollte Elisabeth, die bereits in ihren 30ern war, lieber unverheiratet belassen.

Elisabeths nächste große Liebe war Alexej Rasumowski, ein Angehöriger der Saporoger Kosaken. Rasumowski half Elisabeth, einen Palastumsturz zu organisieren und den Thron zu besteigen, woraufhin er von der Zarin hohe Ränge und den Grafentitel erhielt.

Alexej Rasumowski.

Ihn, so die Legende, heiratete Elisabeth 1742 heimlich in dem Dorf Perowo bei Moskau. In der Kirche wurden die „Beweise“ für lange Zeit aufbewahrt - besondere Ritualtücher, die angeblich von Elisabeth selbst bestickt wurden. Dann kaufte sie das ganze Dorf und ließ dort einen Palast für Rasumowski bauen.

Elizabeth sah keinen Sinn darin, ihre Heirat öffentlich zu machen - sie war bereits über 30 Jahre alt, und die Heirat mit einem Mann aus einer Familie ohne hohen Rang hätte die Aristokraten verärgern können. Außerdem hätte Rasumowski auch Ansprüche auf Macht erheben können.

Es wurde vermutet, dass die Günstlingswirtschaft unter Elisabeth zum ersten Mal ein großes Ausmaß erreichte: Rasumowski hatte unbegrenzte Macht und beeinflusste die Zarin und ihre Entscheidungen stark.

Neben der Legende von Elisabeths heimlicher Hochzeit gab es noch eine weitere über ihre Kinder mit Rasumowski. Obwohl die Zarin offiziell keine Nachkommen hatte, erwähnten Zeitgenossen einen Sohn und eine Tochter des Paares.

Die Tochter, die als Fürstin Tarakanowa bekannt ist, soll gewaltsam zur Nonne geweiht worden sein und lebte bis zu ihrem Tod im Johannes-der-Täufer-Kloster in Moskau. Es gab auch viele Hochstapler, die sich später als Kinder von Elisabeth und Rasumowski ausgaben.

Einer von ihnen wurde verhaftet und auf Befehl von Katharina II. in der Peter-Paul-Festung eingesperrt. Offiziell blieb Elisabeth für den Rest ihres Lebens eine unverheiratete Frau.

Konstantin Flavitsky. Fürstin Tarakanowa.

Die 40-jährige Zarin hatte bereits einen anderen jungen Geliebten - Graf Iwan Schuwalow, der sich zum Aufklärer entwickelte und die Moskauer Universität und die Akademie der Künste gründete. Dennoch stand sie Rasumowski bis zu ihrem Tod nahe.

Katharina II.

Porträt von Katharina der Großen von Dmitrij Lewizkij.

Die Liste von Katharinas wirklichen und vermeintlichen Liebhabern umfasst etwa zwei Dutzend Männer. Die Leidenschaft der Zarin gab Anlass zu Gerüchten über unglaubliche Ausschweifungen am Hof.

Katharina II. war die Frau von Peter III., dem Erben von Elisabeth, den sie selbst ausgewählt hatte. Peter III. war der Sohn ihrer älteren Schwester Anna (und der Enkel von Peter I.). Auf diese Weise versuchte Elisabeth, die zerrüttete Thronfolge zu kitten.

Peter III. Porträt von Lucas Conrad Pfandzelt.

Peter war in Deutschland aufgewachsen - und weder Russland noch Regierungsgeschäfte (noch seine deutsche Frau) interessierten ihn. Dennoch hatte das Zarenpaar einen Erben - den zukünftigen Zaren Paul I. Später wurde noch eine Tochter geboren, die jedoch im Säuglingsalter starb. Peter III. nahm das Kind an, zweifelte aber selbst offen an seiner Vaterschaft. Die populärste Version besagt, dass Katharina ihre Tochter von ihrem Geliebten, dem zukünftigen polnischen König Stanislaw Poniatowski, gebar.

Peter III. stand in dem Ruf, launenhaft zu sein und eine höchst unpopuläre Politik zu betreiben. Daher führte Katharina mit Unterstützung des Adels - und insbesondere ihres Günstlings Grigorij Orlow - 1762 einen Palastputsch durch.

Grigori Orlow. Porträt von Fjodor Rokotow.

Peter wurde verhaftet - und starb bald darauf unter ungeklärten Umständen. Katharina II. machte sich den Präzedenzfall zunutze, dass Katharina I. nach dem Tod ihres Mannes Peter I. zur Zarin wurde, und bestieg den Thron nach ihrem Mann Peter III.

Interessanterweise brachte Katharina nur wenige Monate vor ihrer Thronbesteigung (hinter dem Rücken ihres Ehemanns) ein Kind von Grigorij Orlow zur Welt. Der außereheliche Sohn, bekannt als Alexej Bobrinski, wurde von der Zarin jedoch kaum versteckt - sie kaufte ihm Ländereien und Paläste. Sein Halbbruder Paul I. verlieh ihm sogar den Grafentitel.

Alexej Bobrinski.

Grigorij Orlow war über 10 Jahre lang Katharinas Liebhaber, und die Zarin wollte ihn sogar nach ihrer Thronbesteigung heiraten, von diesem Plan aber brachte man sie ab. Später hatte sie andere Liebhaber und Orlow wurde vom Hof verbannt.

Ihr nächster Günstling - und offenbar Katharinas große Liebe - war Fürst Grigorij Potemkin. Er war 10 Jahre jünger als die Zarin und gliederte für sie neue Länder in das russische Reich ein.

Grigori Potemkin. Porträt von Johann Baptist von Lampi dem Älteren.

Ihre heimliche Hochzeit fand 1774 oder 1775 statt. Viele Zeitgenossen glaubten, dass die Hochzeit kein Gerücht war, sondern tatsächlich stattfand. Potemkin hatte großen Einfluss und Macht, worüber er sich oft mit der Zarin stritt. Sie verstand, dass er keine Macht erlangen durfte, und so erklärte sie ihn trotz der Offenheit ihrer Liebesbeziehung nicht zu ihrem Ehemann.

Es gab Gerüchte, dass Katharina sogar eine Tochter von Potemkin hatte, eine gewisse Jelisaweta Temkina, die er als sein Mündel präsentierte. Viele Historiker glauben jedoch, dass Temkina kaum die Tochter von Katharina war, die zu diesem Zeitpunkt bereits über 45 Jahre alt war. 

Die Beziehung zwischen Potemkin und Katharina war Gegenstand einer sehr realistischen HBO-Serie mit dem Titel „Catherine the Great“, in der Helen Mirren die Hauptrolle spielte.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!