Der erste russische Imperator, der eine Nummer erhielt, war Peter der Große. Am 22. Oktober 1721 wurde das Russische Zarenreich gegründet. An diesem Tag verliehen der regierende Senat und der Heiligste regierende Synod Peter offiziell den Titel Vater des Vaterlandes, Imperator von ganz Russland, Peter der Große. Das offizielle Manifest trug jedoch den Titel Gesetz über die Verleihung [...] desTitels Imperator an Peter I. [...].
Peter fügte seinem Titel die Zahl I im römischen Stil hinzu, weil er wollte, dass sein Titel genauso gültig ist wie der moderner Kaiser – vor allem der Karls VI. (1685-1740), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ab 1711. Peter war stolz darauf, mit ihm verwandt zu sein – die Frau von Peters Sohn Alexis war die Schwester von Elisabeth Christina von Braunschweig-Wolfenbüttel, der Frau von Karl VI. Als Peter am 28. Januar 1725 starb, nannte das offizielle Manifest ihn daher Peter I. und seine Frau Katharina I.
Bis zum 18. Jahrhundert wurden die russischen Zaren und Großfürsten einfach mit ihren Vornamen und Vatersnamen genannt: z. B. Zar Alexej Michailowitsch (1629-1676) oder, noch früher, Großfürst Wassilij Iwanowitsch von Moskau (1479-1533).
Wer machte Iwan den Schrecklichen zu Iwan dem Vierten?
Die Nummerierung wurde 1740 fortgesetzt, als Iwan Antonowitsch, der unglückliche russische Thronfolger, vom regierenden Senat zu Iwan III. erklärt wurde. Nach der Logik des Senats war Iwan Wassiljewitsch der Schreckliche der erste russische Zar, der zweite Zar mit dem Namen Iwan war Peters Halbbruder Iwan Alexejewitsch (1666-1696), also war Iwan Antonowitsch der dritte Iwan. Man beachte, dass die Nummerierung durchgehend war, obwohl Iwan der Schreckliche zu den Rurikiden, Iwan Alexejewitsch und Iwan Antonowitsch dagegen zu den Romanows gehörten. Durch die fortlaufende Nummerierung betonten die Beamten, dass die Romanows und Ruriken miteinander verwandt waren.
Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts änderte sich die Nummerierung. Im Jahr 1829 wurde Die vollständige Geschichte des russischen Staates von Nikolaj Michailowitsch Karamsin (1766-1826) veröffentlicht. In seinem bahnbrechenden Werk, das fast ein Jahrhundert lang das wichtigste Lehrbuch zur russischen Geschichte war, begann er die russischen Herrscher mit Iwan Danilowitsch, bekannt als Iwan Kalita, Fürst von Moskau, zu nummerieren.
Warum? Iwan Kalita war der erste Moskauer Herrscher, der das Recht erhielt, vom russischen Volk Tribut zu erheben und diesen an die Mongolen-Tataren abzuliefern, wodurch er eine gewisse Unabhängigkeit erlangte. Er war auch der Großvater von Dmitrij Donskoj, der die Goldene Horde in der Schlacht auf dem Kulikowo Pole (dt.: Schnepfenfeld) im Jahr 1380 besiegte.
Nikolaj Karamsin, Autor Der Geschichte des russischen Staates, missbilligte die Politik Iwans des Schrecklichen und wollte die Zählung der russischen Zaren nicht mit ihm beginnen – obwohl dies logisch gewesen wäre, da Iwan der Schreckliche tatsächlich der erste Zar war. Aber nach der Veröffentlichung Karamsins Geschichte... wurde darin die heutige Nummerierungstradition gelegt. Demnach war Iwan der Schreckliche der vierte in einer Reihe von Moskauer Herrscher mit dem Namen Iwan: der erste war Iwan Kalita (1284-1340), der zweite sein Sohn Iwan Iwanowitsch der Sanfte (1326-1359), der dritte war Iwan Iwanowitsch der Große, der Gründer des Moskauer Staates.
So wurde Iwan der Schreckliche zu Iwan IV., Iwan Alexejewitsch, Peters Halbbruder, zu Iwan V. und Iwan Antonowitsch zu Iwan VI.