Wie wurde in der Rus Banditen bekämpft?

Geschichte
GEORGI MANAJEW
Räuberbanden gab es in der Rus lange vor den Strafverfolgungsbehörden. Daher mussten sich sowohl die Bauern als auch der Adel gegen Banditen verteidigen.

Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert wurde ein russischer Wojewode, der auf der Wolga in der Nähe von Nischnij Nowgorod unterwegs war, „von drei Kähnen russischer Räuber umzingelt, in denen jeweils achtzehn Mann saßen. Die Besatzung des Schiffes des Wojewoden schlug sie erfolgreich zurück – die Räuber, die drei Männer verloren hatten, ergriffen die Flucht.“ Diese Geschichte wurde von dem Holländer Cornelis de Bruyn aufgezeichnet. 1703 segelte er die Wolga flussabwärts nach Astrachan in einem Boot, das mehr als vierzig Gewehre und Pistolen für 52 Personen hatte und während der Nacht ständig von zwei Wachen bewacht wurde. Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts waren Räuber im vorpetrinischen Russland tatsächlich ein großes Problem.

Wie der Staat die Räuber bekämpfte

In Russlands erstem Gesetzesdokument, der Russkaja Prawda, war eine harte Strafe für Raub vorgesehen: „verbannen mit Vermögenseinzug“, d. h. der gesamte Besitz des Räubers unterliegt der Plünderung, und er und seine Familie waren zu töten oder in die Sklaverei zu verkaufen. Das hielt die Verbrecher jedoch nicht auf. Räuber gab es in Russland schon lange vor dem Aufkommen der regulären Polizei und sie waren ein ernstzunehmender Faktor im Leben.

Erst mit dem Gesetzbuch von 1497 wurden besondere Maßnahmen zur Verfolgung und Aufdeckung von Berufsverbrechern ergriffen. Besonders hartnäckige Rückfalltäter wurden zu notorischen Verbrechern erklärt, und es wurde das Verfahren angewandt, Informationen über die Verbrechen einer bestimmten Person bei der örtlichen Bevölkerung zu einzuholen.

Ab 1539 entstanden in Russland besondere Institutionen, die Gubnýje ísby (dt.: Provinzhäuser), an deren Spitze die Provinzstarosten, die ersten „Gouverneure“ Russlands, standen. Diese isbá waren dem Rasbojnyj prikás (dt.: Kriminalgericht) unterstellt. Diese Maßnahmen trugen jedoch kaum zur Eindämmung der Kriminalität bei.

Wie die Räuber lebten

Der erste russische Ökonom Iwan Pososchkow bezeugte 1724: „Wir haben in Russland ... eine Menge Räuber, und nicht nur mit zehn oder zwanzig Personen, sondern manchmal mit hundert oder zweihundert in der Gruppe. Sie agierten selten einzeln, sondern sind in der Regel in Banden zusammengeschlossen, die über Atamane, eine primitive Hierarchie, Transportmittel und Waffen, auch schwere, verfügten – von den Handels- und Zarenschiffen haben sie die Kanonen entwendet und den Soldaten die Gewehre abgenommen.“

Die Räuber hatten ihre Stans (Bordelle) in Städten und Dörfern. Der Beruf des Stanowstschiks wurde gesondert strafrechtlich verfolgt. Wie Michail Lomonossow schrieb: „Sie halten sich in der Nähe der Dörfer auf, aber in die Städte kommen sie gewöhnlich, um ihre geplünderten Waren zu verkaufen.“

Warum terrorisierten die Räuber die Bevölkerung auch noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts? Die erste Polizei gab es in den 1730er Jahren nur in den großen Städten. Das Berufsmilitär, das aus dem Adel stammte, war in den Großstädten oder auf den Schlachtfeldern im Einsatz. Die Provinzgouverneure verfügten nur über begrenzte Arsenale und wenige Männer – Militärgarnisonen gab es wiederum nur in den Großstädten. Außerdem brauchte der Wojewode für jede Maßnahme die Erlaubnis des Landesherrn. Die Räuber waren gut organisiert – sie kannten das Terrain und die Menschen, und sie kannten das Militär. Unter den verwegenen Männern befanden sich immer viele entlaufene Bauern und Soldaten.

Daher konnte Räuber in jedem Busch oder Dickicht des Waldes auf Kutscher oder Händler, die mit ihren Waren unterwegs waren, lauern. Jeder musste seine Waren selbst beschützen.

Wie hat sich die Bevölkerung verteidigt?

Der Historiker Andrej Schipilow schreibt in seinem Artikel Wie man sich im 18. Jahrhundert vor Räubern schützte, dass jeder wohlhabende Mann über ein Arsenal an Stich- und Feuerwaffen verfügte. Die Anwesen der Reichen waren befestigt: Das Landgut des Fürsten Alexander Menschikow Ranenburg beispielsweise hatte Wälle, Tore und Bastionen, auf denen Geschütze standen. Aber es gab auch einfachere Anlagen.

Schipilow führt die folgenden Daten an: Fürst Gagarin in der Provinz Tula besaß 1721 eine Fuseja (Glattrohrkanone) und ein Schwert; Kommissar Paschkow im Gebiet Kolomna fand 1723 auf dem Dachboden seines Anwesens zwei Geschütze und „zwei kleine gusseiserne Kanonen“; der Schreiber Lossjew im Gebiet Rusa hatte „drei eiserne Kanonen“. Damals waren Kanonenkugeln und Pulver frei erhältlich, so dass ein einfacher Mann ein ganzes Arsenal zu Hause haben konnte.

Fürst Grigorij Wolkonskij, ein Mitarbeiter Peters des Großen und Leiter der Tulaer Waffenschmiede, besaß auf seinem Gut 14 gusseiserne Kanonen, 2 Kanonen aus rotem Eisen (Damask) und 16 Lafetten.

Aber auch Ende des 18. Jahrhunderts blieben Räuber ein Problem für die einfachen Leute. Der Dichter Michail Dmitrijew erinnerte sich: „Zu Beginn eines jeden Sommers, wenn die Wälder bereits mit dichtem Grün bedeckt waren, tauchten die Räuber auf... Mein Großvater war immer bereit: Jedes Jahr, mit Beginn des Frühlings, hingen an den Wänden seines Dorfhauses Gewehre, Taschen mit Munition, Schwerter und Pfeile.“

Wenn sich Räuber näherten, rannten die Bauern zum Hof des Fürsten, und die Hofleute nahmen die Waffen an sich. Dmitrijew selbst war Zeuge einer Begegnung seines Großvaters mit Räubern: „Mein Großvater nahm seinen Kortik (Dolch), befahl, das Tor zu öffnen, und wartete auf der Veranda auf die Räuber. Diesmal ging es jedoch gut aus. Die Räuber, zwölf an der Zahl und von Kopf bis Fuß bewaffnet, ritten bis zum Gatter, riefen den Wächter und sagten zu ihm: Geh und sag Iwan Gawrilowitsch, dass wir uns vor seinem Sturmläuten nicht fürchten, aber unsere Pferde sind müde. Am selben Tag jedoch plünderte dieselbe Bande eine Mühle bei Sysran und brannte sie nieder.“

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