Am 16. April 1866 ereignete sich das erste revolutionäre Attentat in Russland — Karakossow schoss auf den Zaren Alexander II.
Schuss von Karakossow. Sowjetische Postkarte.
Public domainAn einem schönen Tag unternahm der Zar einen Spaziergang durch den Sommergarten. Als er aus dem Tor trat, um seine Kutsche zu besteigen, ertönte ein Schuss aus der Menge der Schaulustigen, die den Kaiser umgaben.
Dmitrij Karakossow, 26, schrieb in seiner Proklamation, die in seiner Tasche gefunden wurde: „Mein geliebtes Volk geht zugrunde, und ich habe beschlossen, den schändlichen Zaren zu vernichten.“ Der 28-jährige Ossip Komissarow schlug mit seiner Hand gegen die Pistole und der Schuss verfehlte sein Ziel.
Der Zar lud Ossip noch am selben Abend zu einem Empfang in den Winterpalast ein und erhob ihn in den Adelsstand. Karakossow wurde im September 1866 gehängt. Komissarow beging aufgrund seines plötzlichen Ruhmes und Reichtums in einem Anfall von Wahnsinn Selbstmord.
Alexanders Attentat in Paris: Alexander in der Kutsche mit seinen Söhnen und Napoleon III.,erschossen von Anton Beresowskij.
Legion MediaZar Alexander und seine Söhne Wladimir und Alexander besuchten Napoleon III. in Frankreich.
Anton Beresowskij, ein Pole, schoss auf den Zaren, während dieser in einer offenen Kutsche fuhr, aber seine Waffe explodierte in seiner Hand und verletzte nur den Schützen selbst.
Das Motiv war Rache an Alexander für die Niederschlagung des polnischen Aufstandes von 1863. Beresowskij wurde von einem französischen Gericht zu lebenslängliche Zwangsarbeit verurteilt.
Der Angriff von Alexander Solowjew auf den Kaiser. Illustration aus der italienischen Zeitung „L'Illustrazione Italiana“ vom 4. Mai 1879.
Getty ImagesAm Morgen ging der Kaiser in der Nähe des Winterpalastes spazieren. Auf dem gesamten Weg waren sieben Wachen postiert, die in großen Abständen an den Häusern standen. Trotz zweier Attentate auf ihn hielt der Kaiser die Leibwächter für ein Zeichen von Feigheit. Auf der Uferstraße der Mojka eröffnete Alexander Solowjow, ein 32-jähriger pensionierter Beamter, Adliger und Mitglied der revolutionären Gruppe Semlja i Wolja (dt.: Land und Wille), das Feuer auf den Zaren.
Der erster Schuss aus zwölf Schritten Entfernung ging daneben, der Zar begann die Straße hinunterzulaufen. Solowjow folgte ihm hinterher und feuerte zwei Mal im Laufen. Die Kugel durchschlägt den Mantel des Zaren. Auch der nächste Schuss geht daneben. Ein Gendarm namens Koch holt Solowjow ein und schlägt mit dem Säbelhieb auf dessen Rücken ein. Solowjow rennt weg und schießt nochmals auf den Zaren. Er wird von Menschen umringt und schießt in die Menge. Als er gefasst wird, zerbeißt er eine Zyankalikapsel, wird von den Ärzten des Palast aber sofort wiederbelebt.
Solowjow gab zu, auf „eigene Faust“ gehandelt zu haben. Drei Tage später wurde er vor rund 70.000 Menschen gehängt.
Zugexplosion auf dem Bahnhof Kalitniki, Moskau.
Legion MediaDer Zug mit der Zarenfamilie war auf dem Weg von der Krim. Dahinter fuhr ein zweiter Zug mit dem Gefolge sowie Lebensmitteln und Sachen. Zwischen Charkow und Moskau wechselten die Züge ihre Reihenfolge, aber die Terroristen der Narodnaja Wolja (dt.: Volkswille)wussten nichts davon und sprengten statt des Waggons mit der Zarenfamilie den Obstwagen des Zuges mit dem Gefolge in die Luft. Menschen wurden dabei nicht verletzt.
Explosion im Winterpalast am 5. (17.) Februar 1880, von Frédéric de Haenen (1853-1928).
Getty ImagesIm September 1879, noch vor der Explosion des Zuges, hatte Stepan Chalturin mit gefälschten Dokumenten eine Stelle als Zimmermann im Winterpalast angenommen. Bis Februar hatte er 32 Kilo Dynamit in seinen Schrank geschmuggelt. Das Speisezimmer, in dem der Zar mit dem Prinzen von Hessen zu Mittag essen sollte, befand sich im Stockwerk über dem Schrank.
Der Prinz verspätete sich eine halbe Stunde, was Chalturin jedoch nicht wusste. Die Explosion erwischte den Zaren viele Räume vom Speisesaal entfernt, tötete jedoch elf Soldaten und verletzte 56.
Stepan Chalturin entkam unerkannt. Er wurde 1882 in Odessa gehängt, weil er an der Ermordung eines Staatsanwalts beteiligt war.
Explosion der Bombe von Grinewizkij (zweite Explosion) am Ufer des Katharinen-Kanals.
Public domainDieses Attentat auf ihn wurde vom Exekutivkomitee der Narodnaja Wolja unter der Leitung von Andrej Scheljabow vorbereitet. Zwei Tage vor dem Termin wurde dieser gefangen genommen, und das Attentat wurde von Sofia Perowskaja, der Tochter des ehemaligen Gouverneurs von St. Petersburg, geleitet.
Am Nachmittag des 13. März’ war der Zar auf dem Weg zum Michailowski-Palast. Auf dem Weg der Kutsche am Ufer des Katharinen-Kanals stand zufällig einer der Bombenleger, Nikolai Russakow, im Weg. Er warf eine Bombe unter die Beine der Pferde – die Kutsche explodierte, aber der Zar blieb unverletzt. Russakow versuchte zu fliehen, wurde aber niedergeschlagen und gefangen genommen.
Nach dem Tod des Zaren glaubten viele, dass Russakow den Zaren getötet hätte, da der wahre Mörder nicht ermittelt wurde. Aus Angst vor seiner Hinrichtung verriet der 19-Jährige seine Komplizen, darunter Sofia Perowskaja sowie die anderen Mitglieder der Narodnaja Wolja. Dennoch wurde er am 3. April 1881 zusammen mit seinen Komplizen gehängt. Auf dem Schafott weigerten sich Perowskaja, Scheljabow und die anderen, sich von Russakow zu verabschieden, und bezeichneten ihn als Verräter.
Zar mit zerschmetterten Beinen nach Explosion in Grinewizkij.
Public domainDer Zar stieg aus der gesprengten Kutsche, näherte sich dem festgenommenen Russakow und ging auf die verwundeten Kosaken des Konvois zu. Der Kutscher und die Wachen überredeten den Zaren, so schnell wie möglich weiterzufahren, aber Alexander „fühlte, dass ... die Würde verlangte, die Verwundeten zu sehen ... und ein paar Worte mit ihnen zu sprechen“.
Zu diesem Zeitpunkt warf Ignatij Grinewizkij, ein 24-jähriger Pole und Mitglied des Volkswillens, eine weitere Bombe unter die Füße des Zaren, die sofort explodierte.
Die Beine des Zaren wurden zertrümmert und er wurde in den Winterpalast gebracht, wo er eine halbe Stunde später an Blutverlust starb. Grinewizkij wurde ebenfalls lebensgefährlich verletzt und starb noch am selben Abend im Krankenhaus. Auf die Frage nach seinem richtigen Nachnamen antwortete Ignatij vor seinem Tod „Ich weiß es nicht“. Er wurde nicht als Mörder des Kaisers identifiziert. Im Text des Urteils im Fall der Perwomartowzy (dt.: die des 1. März) erscheint er als „der Mann, der am 1. März starb und unter dem falschen Namen Jelnikow lebte“. Seine wahre Rolle bei dem Mord wurde erst viele Jahre später aufgedeckt.
Alexander II. auf seinem Sterbebett.
Getty ImagesAls er nach der Explosion aufwachte, flüsterte der Kaiser: „Bringt mich in den Palast... um dort zu sterben“. Mit diesem Befehl besiegelte er seinen Tod. Wie sich der Historiker Igor Simin erinnert, befand sich auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals das Hofkrankenhaus, wo damals eine Bluttransfusionsmaschine zur Verfügung stand und qualifizierte Chirurgen wachten. Dr. Dworjaschin, einer der Palastärzte, wies an, diesen Apparat zum Krankenhaus, genauer gesagt zum Ort der Explosion, zu bringen, sobald der Zar in den Palast gebracht worden war. Da er jedoch transportiert wurde, ohne dass eine Aderpresse an seinen zerschmetterten Beinen angelegt worden war, war der Blutverlust bereits zu groß. Trotz halbstündiger Wiederbelebungsmaßnahmen starb der Zar.
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