Wie feierten die russischen Zaren ihren Geburtstag?

Russia Beyond (Public Domain; Royal Collection of the United Kingdom; KucherAV/Getty Images)
Der Namenstag der Zaren ist seit dem 17. Jahrhundert ein Feiertag. Wie wurde er begangen?

Alexej Michailowitsch legte den Geburtstag des Zaren als einen Feiertag fest. Unter ihm wurden in der wichtigsten Gesetzsammlung des Staates, der Sobornoje Uloschenije von 1649, die Tage aufgeführt, an denen es verboten war, in den Gerichten und Behörden Amtsgeschäfte zu führen. Ein eigener Feiertag wurde dem Geburtstag des Zaren Alexej Michailowitsch von ganz Russland und seiner edlen Zarin und Großfürstin Maria Iljinitschna und ihrer edlen Söhne gewidmet.

Damals feierte man jedoch nicht den Geburtstag, sondern den Namenstag – den Tag des Gedenkens an den Heiligen, zu dessen Ehren der Zar oder seine Familienmitglieder benannt wurden. Die geistige Geburt wurde als wichtiger angesehen als die körperliche.

Die Feier zum Namenstag von Michail Fjodorowitsch in der Kammer der Facetten, dem wichtigsten Festsaal des Moskauer Kremls.

Alles begann mit Michail Fjodorowitsch, der am 12. Juli geboren wurde, und das war sein Tag des Engels. Michail Fjodorowitsch wurde am Vorabend seines Namenstages, dem 11. Juli 1613, gekrönt, und seit dieser Zeit wird in der Familie Romanow die Tradition gepflegt, den Namenstag des Zaren als Feiertag zu begehen.

Wie feierten die Zaren ihren Namenstag?

Ein Fest in der Kammer der Facetten 1883.

Wie jeder Christ nahm der Zar an seinem Namenstag morgens an der Liturgie teil und empfing das Abendmahl. Anschließend veranstaltete er ein Fest. Zuerst wurde zur Namenstags-Feier nur der innere Kreis der edelsten Bojaren an den „kleinen Tisch“ eingeladen. Ein großes Abendessen wurde in Anwesenheit aller höheren Beamten des Staates veranstaltet.

Traditionell „verteilte“ das Geburtstagskind immer Namenstags-Kuchen. Der Zar verteilte sie in der Regel nach dem Namenstags-Gottesdienst an die engsten Würdenträger. Wenn der Zarewitsch oder die Zarewna noch jung war, wurden die Kuchen in ihrem Namen verteilt. Geschenke zum Namenstag des Zaren waren obligatorisch. An diesem Tag trugen die Eingeladenen goldenes Geschirr, Stickereien und Schmuck in den Kreml, und der nicht eingeladene Adel und hohe Kaufleute schickten Geschenke „zu Händen des Zaren“ in den Kreml. Das Fehlen eines Geschenks wirkte sich sehr negativ auf die offizielle und geschäftliche Karriere aus.

Der Namenstag der Zarinnen wurde bescheidener gefeiert – die Zarin wurde in ihrer Goldenen Kammer im den Frauen vorbehaltenen Teil des Palastes von den obersten Bojaren und dem Patriarchen beglückwünscht, und auch in der Kirche wurde ein feierlicher Gottesdienst abgehalten. Der Namenstag der Zarewitschs und Zarewnas wurde nach demselben Muster gefeiert, allerdings in einem noch kleineren Rahmen.

Wann begannen die Zaren, ihren Namenstag zu feiern?

Ein Abend mit Peter dem Großen, 1858, Stanislaw Chlebowskij.

In Europa war es üblich, den tatsächlichen Geburtstag zu feiern. Am 30. Mai 1676 wurde zum ersten Mal ein Geburtstag in Russland gefeiert – der von Zar Fjodor Alexejewitsch, dem ältesten Sohn von Alexej Michailowitsch, einem jungen Mann mit europäischen Überzeugungen.

Peter der Große feierte seinen Geburtstag bereits regelmäßig, und jedes Mal veranstaltete er ein großes Fest oder sogar zwei. An seinem 38. Geburtstag, der im Haus von Menschikow in St. Petersburg begangen wurde, befahl der Zar allen Gästen, in den Schlossgraben zu springen und auf seine Gesundheit zu trinken. Viele, darunter auch Fürst Menschikow, erkälteten sich darauf hin und wurden krank. Im Jahr 1718 wurde der 46. Geburtstag des Zaren im Sommergarten gefeiert, und viele Gäste schliefen direkt in dem Park ein.

Seinen letzten Geburtstag erlebte der Zar am 30. Mai 1724 im Golowinskij-Garten in Lefortowo in Moskau. Er ging zum Gottesdienst in die Kirche, nahm auf dem Weg nach draußen Grüße entgegen und lud anschließend alle zu einem festlichen Abendessen im Garten ein. Von sechs bis elf Uhr speisten die Gäste und der Zar unter freiem Himmel, und die Feier endete mit einem Feuerwerk über dem Golowinskij-Teich. Um Mitternacht kehrten die Gäste in ihre Häuser zurück.

Ein Galadinner im Winterpalast, Mihály Zichy, 1873.

In der St. Petersburger Zeit wurden die Geburtstage und Namenstage der Zaren und ihrer Familienmitglieder stets mit Bällen gefeiert. Gleichzeitig war der Namenstag von Mitgliedern der Zarenfamilie weiterhin ein Feiertag – in allen Kirchen des Reiches wurde an diesem Tag für ihre Gesundheit gebetet.

Geburtstage hingegen blieben eher ein Familienfest. Nikolaus I. feierte seinen Geburtstag auf betont bescheidene Weise. Seine Tochter Olga Nikolajewna schrieb: „Er erlaubte uns nicht, ihm etwas Anderes zu schenken als Taschentücher, und von Zeit zu Zeit verwöhnten wir ihn mit einigen Waffen, die er immer dem Arsenal schenkte. Von uns, den Kindern, liebte er es, selbstgemalte Bilder zu erhalten.“

Aber der Geburtstag der Kaiserin Alexandra Fjodorowna wurde mit einem Ball und einem Festzug in Peterhof gefeiert – so prunkvoll, dass sie ein großes Publikum anzogen, und am 22. Juli waren alle Gästewohnungen in Peterhof belegt. „Man sagt, dass sechstausend Kutschen, dreißigtausend Fußgänger und zahllose Boote am Tag der Ehrung der Kaiserin Petersburg verlassen, und alle diese Horden schlagen bei ihrer Ankunft in Peterhof ihr Lager um diesen herum auf“, schrieb der Marquis Astolphe de Custine.

Ein Ball im Winterpalast, Mihály Zichy, 1873.

Der Namenstag von Nikolaus wurde als Staatsfeiertag begangen, mit „einem feierlichen Gottesdienst, einem Ball und einem abendlichen Festessen im Weißen Saal des Winterpalastes, zu dem gewöhnlich etwa tausend Personen kamen“, schrieb der Historiker Leonid Wyschkotschkow.

Die Feierlichkeiten zum Namenstag des Kaisers und der Kaiserin wurden oft von einem feierlichen Aufzug der Regimenter auf dem Palastplatz begleitet. Erschwerend kam hinzu, dass die Namenstage häufig „doppelt“ gefeiert wurden, da Namensvetter denselben Tag des Heiligen hatten. So begingen Alexander II. und dessen Sohn, der Großfürst Alexander Alexandrowitsch, der spätere Kaiser Alexander III., den „Alexandertag“ besonders festlich und mit der doppelten Anzahl von Gästen.

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