„Eine junge, energische Mitarbeiterin, die ihr Wissen und ihre Erfahrung ständig verbessert. Hartnäckig und ausdauernd beim Erreichen ihrer Ziele. Geradlinig und mutig. Sie interessiert sich lebhaft für Marineangelegenheiten...“, so äußerte sich Konteradmiral Fotij Krylow über die erste weibliche Berufstaucherin der Sowjetunion, Nina Wassiljewna Sokolowa.
Sokolowa absolvierte ihren ersten professionellen Tauchgang 1938 während des Baus des Hafens in Sotschi. Als Wasserbauingenieurin wurde sie dorthin geschickt, um eine Gruppe von Tauchern anzuführen.
Der Beruf des Tauchers war zu dieser Zeit eine reine Männerdomäne. Sokolowa sollte die ganze Zeit über an Land bleiben. Aber sie verlangte, dass man ihr einen „Dreibolzer“ (eine Tauchausrüstung, bei der der Helm mit drei Bolzen befestigt wird) zur Verfügung stellte, damit sie die Arbeit unter Wasser persönlich überwachen konnte. Die Aufgabe war nicht einfach: Der Anzug war über 80 kg schwer, während die 26-Jährige selbst nur etwa 50 kg wog.
Am Ende hatte Sokolowa den Tauchgang nicht nur mit Bravour absolviert, sondern sich auch von ganzem Herzen in das Tauchen verliebt.
Die hartnäckige und entschlossene Nina Sokolowa schaffte es, zu einem Ausbildungslehrgang für Berufstaucher zugelassen zu werden. Dafür musste sie ganz nach oben wenden – die Erlaubnis wurde vom Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, Michail Kalinin, persönlich erteilt.
Für die junge Frau wurde ein spezieller Taucheranzug entworfen, der für sie allerdings noch recht schwer war. Als sie 1939 den Bau einer Werft in der Stadt Polar an der Küste der Barentssee leitete, tauchte sie bereits regelmäßig ins kalte Wasser ein.
Während dieser Arbeiten verlor Sokolowa beinahe ihr Leben. „Sie musste vom Heck des Schiffs ins Boot springen. Es war kalt, sie fiel begleitet mit einem Halbmantel und Filzstiefeln ins Wasser. Sie wurde schnell herausgezogen, aber sie hätte auch erfrieren können. Wie auch immer, es war ihre Taufe. Sie gaben ihr Alkohol zu trinken“, erinnert sichihre Tochter Marina.
Der Große Vaterländische Krieg von 1941-1945. Die Belagerung von Leningrad. Auf der Wassereisroute des Ladogasees - „Straße des Lebens“.
Alexander Brodskij/SputnikAls die Wehrmacht im Sommer 1941 in die UdSSR einmarschierte, diente Nina Sokolowa als Ingenieurin für Hydrotechnik in der U-Boot-Ingenieurabteilung des Rettungsdienstes der Baltischen Flotte in Leningrad. Am 8. September war die Stadt vom Feind umzingelt.
Nur eine Wasserstraße über den Ladogasee verband Leningrad mit dem „großen Land“, das von deutschen und finnischen Truppen blockiert war. Über diese Straße des Lebens wurden Lebensmittel und Munition in die Stadt gebracht und die Bevölkerung aus der Stadt evakuiert.
Die Arbeit der Taucher war unter diesen Bedingungen lebenswichtig. Sie waren es, die ein Telefonkabel auf dem Grund des Sees verlegten und auch erfolgreich Getreide von gesunkenen Lastkähnen hoben.
Der Große Vaterländische Krieg von 1941-1945. Belagerung von Leningrad. Lieferung von Lebensmitteln auf dem Ladogasee per Lastkahn in die belagerte Stadt.
Boris Kudojarow/SputnikIm Frühjahr 1942 schlug Sokolowa vor, eine Pipeline auf dem Grund des Ladogasees zu verlegen, um Leningrad mit Treibstoff zu versorgen. Die leidgeprüfte Stadt hatte nur noch Treibstoff für dreieinhalb Monate.
Niemand auf der Welt hatte Erfahrung mit dem Bau solcher Unterwasserpipelines. Doch der Kreml billigte Sokolowas Idee.
Sokolowa war an der Erkundung des Meeresbodens und an der Suche nach der besten Route für die Verlegung der Rohre beteiligt. Die Verlegung fand buchstäblich vor der Nase des Feindes statt, unter ständigem Beschuss und Bombardement. Außerdem behinderte das Wetter die Arbeiten – gleich am ersten Tag brach über Ladoga ein Sturm los, die Wellen rissen einen kilometerlangen Rohrstrang ab und trugen ihn fort.
Am 16. Juni 1942, nach 43 Tagen Arbeit, wurde die Pipeline in Betrieb genommen. Sie hatte eine Länge von 29 Kilometern, wovon 21 Kilometer in einer Tiefe von 35 Metern unter Wasser lagen.
Die Kapazität der Treibstoff-Pipeline betrug etwa 350 Tonnen pro Tag. Insgesamt versorgte sie Leningrad mit über 40.000 Tonnen Benzin.
Im Sommer und Herbst 1942 beteiligte sich Sokolowa an der Verlegung eines Hochspannungskabels zur Stromversorgung der belagerten Stadt, das als Kabel des Lebens bekannt wurde. Während der Arbeit erlitt sie eine Gehirnerschütterung und wurde am Bein und an der Schulter verwundet.
Nach dem Ende des Krieges war Oberstleutnant der Marine Nina Sokolowa mit der Wiederherstellung der beschädigten Brücken und Hafeninfrastruktur in Leningrad und Tallinn beschäftigt. Später widmete sie sich der Lehrtätigkeit.
Zu ihren Auszeichnungen gehören zwei Orden des Roten Sterns, Orden des Vaterländischen Krieges I. und II. Grades sowie Medaillen Für die Verteidigung von Leningrad und Für Verdienste im Kampf. Insgesamt verbrachte sie in ihrem Leben 644 Stunden oder fast 27 Tage unter Wasser.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!