Wassilij Stalin: 5 Fakten über den Sohn des sowjetischen Staatsführers

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Er wollte nicht dem Klischee des „Sohnes des Staatsführers“ entsprechen. Er war Kampfpilot und Regimentskommandeur. Aber er wurde Repressionen ausgesetzt und sein Tod ist immer noch geheimnisumwittert.

Wassilij Stalin, der Sohn von Josef Stalin und Nadeschda Allilujewa, wurde im Alter von zwei bis sechs Jahren in einem Waisenhaus erzogen. Natürlich war es ein elitäres Kreml-Waisenhaus für die Kinder von Parteimitarbeitern, aber die Kindergärtnerinnen konnten die Eltern nicht ersetzen. Sowohl Josef Stalin als auch seine Frau beschäftigten sich kaum mit ihren Kindern.

Nadeschda Allilujewa mit ihrem Sohn Wassilij.

Und als 1932 Nadeschda Allilujewa Selbstmord beging, lenkte Stalin seine ganze Aufmerksamkeit auf seine Tochter Swetlana, Wassilij ignorierte er dagegen nahezu. Wassilij Stalin selbst erinnerte sich daran wie folgt: „Ohne Mutter und ohne die Möglichkeit, unter der ständigen Aufsicht meines Vaters erzogen zu werden, wuchs ich faktisch in einem Kreis von Männern (Wächtern) auf, die sich nicht durch Moral und Mäßigung auszeichneten, und wurde von ihnen erzogen. Das hat für den Rest meines Lebens meinen Charakter geprägt. Ich begann früh zu rauchen und zu trinken.“

Nach dem Krieg wurde er ein wichtiger Militärführer

Wassilij Stalin.

Für seinen Einsatz im Krieg in Deutschland erhielt Wassilij Stalin zwei Rotbannerorden, den Suworow-Orden II. Grades sowie den Alexander-Newskij-Orden und wurde 1946, im Alter von 25 Jahren, zum Generalmajor der Luftfahrt ernannt. Es lässt sich nicht leugnen, dass die militärische Karriere des Sohns des „Vaters der Nationen“ schneller verlief als die anderen Militärführer der Roten Armee. Im Jahr 1948 wurde er Kommandeur der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks und lebte das Leben eines Stars. Er wohnte im Mehrzimmerappartement Nr. 301 mit Säulen und Stuck im Hotel Sowjetskaja – an dessen Tür befindet sich heute eine Gedenktafel.

Als Chef der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks „erbte“ Wassilij Stalin die im Krieg zerstörten Flugplätze und kampfunfähigen Flugzeuge und damit die Aufgabe, die Luftverteidigung der Hauptstadt der UdSSR aus den Trümmern zu heben. Wie sich der Flugzeugtechniker Wiktor Scharkow erinnerte, bereitete unter der Führung von Wassilij Stalin „die endlose Ausbildung der Piloten dem technischen Personal, das in anderthalb oder zwei Schichten arbeitete, schlaflose Nächte. [...] Die Flüge waren durch keinerlei Dokumente geregelt. Ausfälle und Fehlfunktionen, Austausch von Aggregaten, Motoren, Routinearbeiten wurden Tag und Nacht durchgeführt.“

Wassilij Stalin kümmerte sich ernsthaft um das Leben der Frontpiloten und deren Familien, vermochte, den Bau eines eigenen Städtchens für Piloten in Tuschino „durchzuboxen“ und kümmerte sich um die Ausbildung und angemessene Gehälter der Offiziere. Flieger-Ass Sergej Kramarenko erinnert sich: „Fast unmittelbar nach seiner Ernennung sahen wir ihn auf unserem Flugplatz. Seinen Vorgänger hatten wir in den zwei Jahren zuvor dagegen nie zu Gesicht bekommen!“ Laut Kramarenko „wurde Wassilij Stalin von den Piloten geliebt. Trotz der Tatsache, dass er der Sohn des Staatsführers war, hat er im Vaterländischen Krieg ehrlich gekämpft, ist durch Stalingrad gegangen und hat Berlin erreicht, und das bedeutet für jeden Frontsoldaten viel.“

Er förderte Sportler

Wassilij Stalin und der große Eishockeystar Wsewolod Bobrow.

In seiner Position als Chef der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks wurde Wassilij als Mäzen des Sports bekannt – er rekrutierte Fußballer, Eishockey- und Basketballspieler für die “Dienststellen“-Mannschaften.

Wassilij Stalin bei einer Sportveranstaltung in Moskau.

„Unter den Fittichen des Sportclubs der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks und seines Schirmherrn arbeiteten die Legenden des sowjetischen Eishockeys Anatolij Tarassow und Wsjewolod Bobrow, die einen engen persönlichen Kontakt zu Wassilij hatten.“ Dieser war bestrebt, für „seine“ Athleten das Beste herauszuholen und bereitzustellen, was ihm später angelastet wurde: „Er sorgte für die Gründung von acht Vollzeit-Sportmannschaften der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks mit bis zu 300 Mitgliedern, für deren Unterhalt jährlich mehr als 5 Millionen Rubel ausgegeben wurden... Für diese Athleten wurden privilegierte Bedingungen geschaffen: Sie wurden bevorzugt mit Wohnungen versorgt, bekamen Offiziersränge verliehen, Flieger-Uniformen zugeteilt und erhielten erhebliche Mittel für Prämien und die Befriedigung ihrer Kapriolen“, heißt es in der Ermittlungsakte von Wassilij Stalin.

Er plante, eine sowjetische Formel 1 zu schaffen.

„Sokol-650“.

Nach dem Krieg wurden in Sachsen 18 Rennwagen Auto Union Typ 650 gefunden, die 1940 gefertigt worden waren, um am Großen Preis von Europa teilzunehmen. Der Fund hatte Auswirkungen auf Wassilij Stalin. Der Sohn des Staatsführers beschloss, sowjetische Rennboliden zu bauen und mithilfe eigener Ingenieure die Wagen von Auto Union zu kopierten. Spezialisten des deutschen Automobilherstellers in Zwickau wurden mit sowjetischen Ingenieuren in einer Gruppe mit dem Codenamen WTBA (Wissenschaftlich-technisches Büro für Automobilbau) zusammengeführt und entwickelten den sowjetischen Boliden Sokol-650.

Im April 1952 wurden zwei Sokol-650 nach Moskau geschickt, wo Wassilij Stalin sie sofort bei der Rennsportmeisterschaft der Stadt vorführen wollte. Doch der Legende nach füllten die Techniker der Luftstreitkräfte, die die Autos warteten, statt hochoktanigem Benzin Flugbenzin in die Tanks, was die Motoren, die Kraftstoffleitung und die Zündung ruinierte. Die Premiere der Silberpfeile von Wassilij Stalin war ein Fiasko. Die Boliden wurden nach Deutschland zurückgeschickt, wo sie später, im Jahr 1957, als Requisiten für Filmaufnahmen verwendet wurden.

Er wurde Repressionen ausgesetzt

Wassiliо Stalin mit seiner Frau Jekaterina Timoschenko während der Trauerfeier für Joseph Stalinю

Nach Stalins Tod stellte der sowjetische Verteidigungsminister Nikolai Bulganin, den Wassilij Stalin in der Vergangenheit wiederholt beschimpft und verunglimpft hatte, dem Sohn des Staatsführers ein Ultimatum – er solle Moskau verlassen und Kommandant eines anderen Militärbezirks werden. Wassilij entrüstete sich – diese Position sei nicht sein Niveau. Daraufhin wurde er zunächst in die Reserve entlassen, ohne das Recht, eine Militäruniform zu tragen, und einen Monat später verhaftet und nach Wladimirskij Zentral (ein Gefängnis für besonders gefährliche Kriminelle in der Stadt Wladimir) verbracht.

Er wurde der Korruption und verleumderischer Äußerungen über die Staatsführung beschuldigt. Die Funktionäre beschlossen, dem Sohn des ehemaligen Staatsführers zu verdeutlichen, wer nun das Sagen hatte, und verurteilten ihn zu acht Jahren Haft.

Er starb unter ungeklärten Umständen

Der Kenotaph von Wassilij Stalin auf einem Friedhof in Kasan.

Im Gefängnis von Wladimir wurde Stalin unter dem Namen Wassilij Pawlowitsch Wassiljew festgehalten und arbeitete als Mechaniker und Dreher in der Gefängniswerkstatt. Ihm wurden keine Sonderkonditionen gewährt. Im Gefängnis verschlechterte sich seine Gesundheit. „Er war sechs Jahre und acht Monate inhaftiert. Während dieses Zeitraums wurde er von der Strafvollzugsanstalt positiv charakterisiert. Gegenwärtig hat er eine Reihe von schweren Krankheiten (Erkrankung des Herzens, des Magens und der Gefäße der Beine sowie andere Beschwerden)“, hieß es in seiner Beurteilung aus dem Jahre 1960.

Auf Wunsch von Nikita Chruschtschow wurde Wassilij im Januar 1960 freigelassen, bekam eine Wohnung in Moskau und eine Ehrenrente zugewiesen. Aber kurz darauf geriet Stalin in einen Autounfall mit einem diplomatischen Fahrzeug und besuchte bald darauf aus irgendeinem Grund die Botschaft von China – einem Staat, zu dem sich unter Chruschtschow schwierige Beziehungen entwickelt hatten. Wassilij Stalin wurde prompt erneut verurteilt und zurück ins Gefängnis geschickt.

Am 28. April 1961 wurde er nach der Verbüßung seiner Haftstrafe entlassen, durfte aber nicht mehr nach Moskau einreisen. Von den vorgeschlagenen Wohnorten wählte Stalin Kasan. In dieser Stadt lebte Wassilij (der erst Anfang 1962 einen Reisepass mit dem Nachnamen Dschugaschwili erhielt) weniger als ein Jahr – er starb am 19. März 1962.

Die Einzelheiten seines Todes sind unbekannt. Die Ärzte gaben als Ursache Alkoholmissbrauch an. Angeblich hatte er mit Gästen aus Georgien ein ganzes Fass Wein getrunken. Viele Jahre später, im Jahr 1998, behauptete Wassilijs dritte Ehefrau, dass es keine Autopsie gegeben habe und stellte die Version vom Tod durch Trunkenheit in Frage. Wassilij Stalin wurde ohne Ehrungen auf einem Friedhof in Kasan beigesetzt. Erst im Jahr 2002 wurden seine sterblichen Überreste nach Moskau überführt.

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