Russen haben große Angst vor Terroranschlägen

 Von allen stark frequentierten öffentlichen Orten befürchten die Befragten am meisten Kaufhäuser.

Von allen stark frequentierten öffentlichen Orten befürchten die Befragten am meisten Kaufhäuser.

Lori / Legion-Media
Zwei Drittel der Russen fürchten laut einer aktuellen WZIOM-Umfrage, Opfer eines Terroranschlags zu werden. Über 30 Prozent der Befragten gaben zu, „große Angst“ zu haben. Damit ist die Furcht so immens wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Das Allrussische Zentrum zur Erforschung der öffentlichen Meinung (WZIOM) hat im November die Russen zu ihrem Sicherheitsempfinden befragt. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Russen fürchtet, Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden. Ohne Angst gehen nur noch zwölf Prozent durchs Leben – damit ist ihre Zahl seit dem Vormonat um weitere sechs Prozent gesunken. Die Zahl derer, die „große Angst“ haben, stieg auf den Rekordwert von 31 Prozent (Oktober: 19 Prozent). Damit haben nun mehr Menschen „große Angst“ als nach den Anschlägen auf die Moskauer Metro im Jahr 2010 (29 Prozent).

Dass die Furcht zugenommen hat, liegt nach Meinung des WZIOM-Generaldirektors Waleri Fjodorow an den jüngsten Ereignissen: der Bombenanschlag auf ein russisches Passagierflugzeug in Ägypten, bei dem es keine Überlebenden gab, die Terroranschläge von Paris, der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Luftwaffe. Zudem habe die intensive Medienberichterstattung zu der negativen Gefühlslage beigetragen.

Das Marktforschungsunternehmen Online Market Intelligence (OMI) hat herausgefunden, dass sich am meisten die Bewohner Moskaus, Sankt Petersburgs und der Krim fürchten. 34,5 Prozent der Befragten wollen nach den Terroranschlägen frequentierte öffentliche Orte zukünftig meiden. Viele Menschen haben vor, nicht mehr auf Konzerte, Sportveranstaltungen oder ins Kino zu gehen. Aber nur wenige verzichten aus Angst vor Terroranschlägen auf Flugreisen. Lediglich 3,8 Prozent haben eine geplante Reise mit dem Flugzeug abgesagt. Von allen stark frequentierten öffentlichen Orten befürchten die Befragten am meisten Kaufhäuser. Diese sind leicht zu meiden, indem auf Onlineshops ausgewichen wird.  

Eine temporäre Erscheinung

Jelena Schestopal vom Lehrstuhl für Soziologie und Psychologie der Staatlichen Universität Moskau sieht die Angst „ganz tief im kollektiven Unterbewusstsein verwurzelt“. Die Expertin betont die Verantwortung der Massenmedien. Diese müssten nun eine „psychotherapeutische Rolle übernehmen“ und in der Berichterstattung auf Panikmache verzichten. Wenn das nicht geschehe, könnte die Gesellschaft unberechenbar reagieren, fügt Schestopal hinzu. Die Menschen müssten „diszipliniert werden“, meint auch Alexander Plotkin vom Institut für Psychoanalyse Moskau. Andernfalls, so mahnt er, würden sie aggressiv.

Grundsätzlich ist die Angst vor Terroranschlägen aber nur eine temporäre, wie Jelena Winogradowa, Leiterin des psychologischen Zentrums Reschenije, erklärt. In der Regel sei die Angst in den ersten vierzehn Tagen nach einem entsprechenden Ereignis am größten und flaue danach allmählich wieder ab. Bei einigen Menschen könne die Furcht jedoch bis zu zwei Monate anhalten.  

Nach Materialien von „RBK“ und „Kommersant“.

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