FSB vs. IS: Wie Russland gegen den Terror kämpft

Die Studentin Warwara Karaulowa steht seit Frühling 2015 unter Terrorverdacht. Sie habe versucht, sich dem IS anzuschließen, und wurde festgenommen.

Die Studentin Warwara Karaulowa steht seit Frühling 2015 unter Terrorverdacht. Sie habe versucht, sich dem IS anzuschließen, und wurde festgenommen.

Sergei Fadeichev / TASS
Russische Geheimdienste vermeldeten im Februar zwei erfolgreiche Einsätze gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Russland. Experten erklären, wie groß der islamistische Untergrund in Russland ist und wie die Geheimdienste gegen ihn ankämpfen.

Vergangene Woche nahm der russische Inlandsgeheimdienst, der Föderale Sicherheitsdienst FSB, 14 Mitglieder einer international agierenden Gruppe fest. Ihnen wird vorgeworfen, Unterstützer der Terrororganisation „Islamischer Staat“, die nach Syrien ausreisen wollten, mit gefälschten Pässen versorgt zu haben. Nur zehn Tage zuvor wurden in der Uralstadt Jekaterinburg sieben Personen, Staatsbürger der Russischen Föderation als auch von GUS-Ländern, wegen des Verdachts auf Vorbereitung von Terroranschlägen in russischen Großstädten verhaftet. Bei ihnen seien Waffen und Sprengstoffe gefunden worden, teilte der FSB mit.

Vierteljahrhundert im Kriegszustand

Für Fachleute sind die durchgeführten Operationen ein Beleg für die gute Arbeit der russischen Geheimdienste. Iwan Konowalow, Leiter des Zentrums für strategische Konjunktur, sieht den Grund für den erfolgreichen Widerstand gegen den IS in der jahrelangen Erfahrung der Behörden. „De facto befanden sich die Geheimdienste nach dem Zerfall der Sowjetunion ständig im Kriegszustand – es waren permanent Militär- und Sonderaufgaben zu erfüllen“, erklärt der Experte mit Blick auf den andauernden Kampf gegen Extremisten aus den nordkaukasischen Republiken.

Laut Alexander Michajlow, der in den Neunzigerjahren die Pressestelle des FSB leitete, gibt es in Russland ein aktives Netz an IS-Unterstützern. Das Ausmaß lässt sich allerdings nur schwer einschätzen. Die offizielle Statistik, also die des Inlandsgeheimdienstes selbst, aus dem Dezember vergangenen Jahres besagt, dass 2 900 Russen verdächtigt wurden, Kontakte zum IS zu unterhalten. Etwa 200 der Kontakte seien jedoch bereits während der Kämpfe ums Leben gekommen, 214 seien nach Russland zurückgekehrt. Gegen 1 000 wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Teilnahme an Kämpfen im Ausland eingeleitet.

Experten betonen, dass die Aufklärungsarbeit durch die Geheimdienste immer noch die effizienteste Methode im Kampf gegen den IS ist. Neben klassischer Agententätigkeit versuchen russische Geheimdienste die Finanzströme der IS-Gruppierungen in Russland zu blockieren. Derzeit werden nach Angaben des Föderalen Sicherheitsdienstes mehr als 1 600 Privatpersonen und Unternehmen auf eine Beteiligung an der IS-Finanzierung überprüft. 

Februar-Einsätze zeigen Auffälligkeiten

Bei den durchgeführten Einsätzen im Februar fallen vor allem zwei Dinge auf, wie Experten bemerken. Die gefälschten Dokumente könnten Alexander Michajow zufolge ein Hinweis dafür sein, dass staatliche Behörden in die Machenschaften des IS involviert sind. Gegen die korrupten Beamten müssten Ermittlungen eingeleitet werden, fordert der ehemalige Sprecher. Einen wichtigen Erfolg habe der Einsatz jedoch gebracht, betont Michajow: Es seien Listen mit den Namen der Personen gefunden worden, die gefälschte Papiere entweder schon erhalten hätten oder noch bekommen würden.

Die Operation in Jekaterinburg macht noch etwas anderes deutlich, wie Iwan Konowalow anmerkt: Die Extremisten hätten genau die Stadt ausgewählt, die sich an der Grenze zwischen dem europäischen und asiatischen Teil des Landes befindet. Die Stadt war zuvor nie im Zusammenhang mit dem IS genannt worden – und genau das könnte ein Signal sein: Die Terroristen wollten deutlich machen, dass sie überall agieren könnten. Auf diese Weise versuchten die Extremisten, so glaubt Konowalow zumindest, einen wunden Punkt der Geheimdienste zu finden. 

„Ein starker und boshafter Feind“

Seit Russland dem offenen Krieg gegen den IS in Syrien beigetreten sei, stehe das Land im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Terroristen, betont Sergej Golowanow, Präsident des Veteranenverbands des Anti-Terror-Kommandos Alpha. Wie das Anti-Terror-Komitee der Russischen Föderation mitteilte, hat der IS mittlerweile eigens ein Sonderkommando eingerichtet, das Terroranschläge in Russland und Europa plant und koordiniert.  

Mitglieder dieses Sonderkommandos stammten meistens aus der nordkaukasischen Region. Der Leiter des Kommandos heiße Achmed Tschetaew, Spitzname „Einarmig“. Konowalow erklärt, dass die Gründung solcher Einheiten zu den Methoden jeder Armee und jedes Geheimdienstes gehöre. Der IS brauche Menschen mit Sprachkenntnissen und Wissen vor Ort, das heißt konkret in Russland. Es sei gefährlich, die Terrororganisation zu unterschätzen, warnt der Experte: „Wir kämpfen gegen einen sehr starken und boshaften Feind.“

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