Die Ausstellung von Werken des berühmten Künstlers Archip Kuindschi in der Moskauer Tretjakow-Galerie wurde zum Schauplatz eines Verbrechens. Am Sonntag, 27. Januar, nahm ein Besucher das Gemälde mit dem Titel „Ai-Petri. Krim” von der Wand und verschwand damit unbemerkt von Besuchern und Museumspersonal. Erst später wurde der Vorfall auf einer Videoaufnahme entdeckt und Alarm ausgelöst.
Daraufhin riegelte die Polizei die Zugänge ab und durchsuchte die Besucher, was zunächst jedoch kein Ergebnis brachte. Am Montagmorgen wurde berichtet, dass der Dieb, der in einem weißen Mercedes vom Tatort geflohen war, in einer Stadt in der Region Moskau gefasst worden sei. Vor den Kameras leugnete der Mann, irgendetwas gestohlen oder sonst in irgendeiner Weise das Gesetz gebrochen zu haben. Doch die Polizei meldete, dass der Verdächtige das Gemälde auf einer Baustelle versteckt habe. Es sei inzwischen gefunden worden und unbeschädigt.
Wie ist es möglich, einfach so ein Gemälde zu stehlen?
Die Tretjakow-Galerie ist eines der größten Kunstmuseen Russland und gilt als gut gesichert. Der Vorfall kam für die Verantwortlichen völlig überraschend. Doch der Dieb hatte es einfach. Er war wie ein Museumsmitarbeiter gekleidet und nahm das Bild wie selbstverständlich von der Wand und schnitt es hinter einer Säule aus dem Rahmen, dann ging er. So berichtete es der Telegram-Kanal „Museum snob”. Nach Polizeiangaben wartete im Wagen ein Komplize.
Augenzeugen gaben an, dass sie davon ausgegangen waren, dass es sich um einen Museumsmitarbeiter gehandelt habe, daher habe auch niemand reagiert. Die Polizei sei laut der Nachrichtenagentur TASS zufällig im Museum gewesen. Jemand hatte sie gerufen, weil ein Pelzmantel aus der Garderobe verschwunden war.
Was ist so besonders an dem Gemälde? Wer ist Kuindschi?
Archip Kuindschi (1842 -1910) ist ein Künstler griechischer Herkunft und einer der berühmtesten russischen Landschaftsmaler, der besonders für seinen Umgang mit Licht bekannt ist. „Er schuf das Licht geradezu gottgleich. Die Lichtverhältnisse zu gestalten beherrschte er wie kein anderer”, sagte Ilja Repin, ein anderer bekannter russischer Maler, über ihn.
Kuindschi hatte ein hartes, aber dennoch erfülltes Leben: Dreimal versuchte er an der Akademie der Künste aufgenommen zu werden und schloss sich dann der sozialkritischen Künstlergruppe Peredwischniki (Wanderer) an, die aus Vertretern des Realismus bestand. Für seine Lichtgestaltung wurde er gelobt und beschimpft. Zwischen 1881 und 1901 legte Kuindschi eine zwanzigjährige Schaffenspause ein. Er veröffentlichte kein einziges Werk. „Ai-Petri: Krim” stammt aus der Zeit von 1890 bis 1900. Es zeigt eine der malerischsten Gebirgsformationen der Krim, in vielen Blauschattierungen. Es ist bei weitem nicht das bekannteste oder teuerste Werk des Künstlers, hat aber dennoch seinen Wert: Nach Versicherungsschätzungen liegt der bei rund 175 000 Euro.
Was passiert jetzt?
Das Gemälde ist nun erst einmal ein Beweisstück, sagt die Polizei. Die Ausstellung geht unverändert weiter. Die Tretjakow-Galerie erklärte in einer Pressemitteilung, dass man die Sicherheitsvorkehrungen in allen Bereichen des Museums verschärft habe.
Das scheint höchste Zeit zu sein! Der jüngste Vorfall vom 27. Januar ist nicht der erste in der Tretjakow-Galerie. Am 25. Mai 2018 beschädigte ein Betrunkener Ilja Repins Gemälde „Iwan der Schreckliche mit Sohn, 16. November 1581” mit einer Eisenstange schwer (es wird noch immer restauriert). Hoffentlich werden nicht noch weitere Gemälde zerstört oder gestohlen.