Wie es zum „Russischen Woodstock“ in der Sowjetunion kam

Alexander Tschumitschew, Wladimir Jatsina/TASS
Nicht nur die Bewohner der Sowjetunion hielten es für unmöglich, ein internationales Rock-Festival in der UdSSR abzuhalten. Selbst die teilnehmenden Musiker, für die die Reise in ein kommunistisches Land wie ein Flug zum Mond war, glaubten nicht daran.

Ozzy Osbourne war schockiert über die Tatsache, dass das sowjetische Volk in der Schlange anstand..... nach Weißkohl. Er flog „trocken“ nach Moskau, trank dann aber so viel, dass er nach seiner Rückkehr im Vollrausch versuchte, seine Frau zu töten.

All dies geschah, bevor die ersten McDonald's in der Sowjetunion auftauchten, aber gewöhnliche Jeans nicht mehr als „Schmuggelware“ galten.

Es war 1989, die Epoche der Perestroika, als das kommunistische System revolutionäre Reformen erfuhr. Zusammen mit Bon Jovi und Ozzy Osbourne flogen Bands wie Scorpions, Mötley Crüe, Cinderella und Skid Row nach Moskau.

Am 12. und 13. August 1989 fand das erste internationale Rockfestival in der UdSSR im Luschniki-Stadion statt. Seine offizielle Bezeichnung lautete Moskauer Musik-Friedensfestival, aber bald schon wurde die Veranstaltung nur noch „Russisches Woodstock“ genannt. Noch ein Jahr zuvor hätte sich niemand so etwas vorstellen können.

Stas Namin

Die Vorbereitungen für die Veranstaltung begannen, nachdem Michail Gorbatschow, der neue sowjetische Führer, auf einem Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei den Grundsatz formulierte: „Alles, was nicht gesetzlich verboten ist, ist erlaubt.“ Stas Namin , der Organisator des Festivals, beschloss, den Staatsführer beim Wort zu nehmen.

„Die juristische Abwicklung war absolut chaotisch... Niemand wusste, was er tun sollte. Und ich habe diesen Satz einfach als Killerphrase verwendet“, erinnerte sich (rus) Namin. Eigentlich glaubte bis zum Beginn des Festivals niemand, dass es tatsächlich stattfinden würde. Jeden Moment rechneten alle damit, dass die „Schlapphüte“ des KGB sagten: „Das reicht!“

Die Rockbands reisten in die Sowjetunion, als würden sie ein Konzert auf dem Mond geben. Drei Wochen vor dem Festival brachten sie 64 Trucks mit der Ausrüstung und allem, was sie brauchen, ins Land. „Wir haben Eis aus Schweden mitgebracht. Wir hatten unser eigenes Essen, Löffel, Gabeln, Gläser dabei – niemand hatte erwartet, dass wir in Russland etwas davon vorfinden würden“, erinnert sich der Manager und Produzent Doc McGhees in Juri Duds Dokumentarfilm (rus).

Niemand wusste damals wirklich, was ihn erwartet. Bon Jovi zum Beispiel dachte, er würde sehen, wie „böse Jungs“ hier an jeder Ecke Steroide verkaufen, denn im Westen glaubte man, in Russland bekämen alle Kinder Milch und Steroide, um Olympiasieger zu werden. Die sowjetischen Behörden wiederum wussten nicht, was sie von den Rockfans und Anhängern Ozzy Osbornes erwarten sollten. Über 150.000 Menschen kamen in den zwei Tagen zum Konzert.

Infolgedessen waren neben dem Sicherheitskräften des Luschniki-Stadions auch Polizei und das Militär vor Ort, um die Ordnung sicherzustellen. „Ich kam mir vor, als würde ich in einem Armeestützpunkt auftreten“, erinnerte sich der Frontmann von Mötley Crüe.

Offiziell stand das Festival unter der für die UdSSR damals völlig neuen Losung Gegen Alkoholismus und Drogenabhängigkeit. Es war eigentlich eine Wohltätigkeitsveranstaltung zur Unterstützung von Süchtigen. Doc McGhee gab sich alle Mühe, den Musikern auf dem Weg in die UdSSR Alkohol und andere Drogen abzunehmen.

Aber diese Idee war von Vorherein zum Scheitern verurteilt. Sebastian Bach, Frontmann von Skid Row, sagte: „Wir konnten nicht glauben, wie billig der Wodka bei euch war. Er kostete ein paar Dollar pro Flasche. Also aßen wir nicht, sondern tranken.“

Die Sicherheitskräfte wussten auch nicht, wie sie sich verhalten sollten – jede Menge Besucher überwanden die Absperrung, liefen hinter die Kulissen und bedienten sich an den Vorräten der Bands. Damals war die Idee einer Flucht aus der UdSSR noch populär, und ein Mitglied der russischen Band Naiv wäre auf Anregung des Mötley-Crüe-Technikers fast in einer Transportkiste in die USA geflogen.

Das erste internationale Rockfestival in einem kommunistischen Staat wurde von rund einer Milliarde Menschen in 59 Ländern verfolgt. Es war die erste Satelliten-Liveübertragung von MTV.

„Aber wir waren wirklich beeindruckt von den Leuten“, gestand Doc McGhee. „Sie waren bereit für Veränderungen.“ Damals wurde – zur Überraschung aller – niemand ins Gefängnis gesteckt. Es war das erste Mal, dass die Besucher bei einem Konzert direkt auf dem Stadionfeld liegen durften. Nach ihrem Besuch in der UdSSR nahm die Band Scorpions ihren berühmten Song Wind of Change auf.

>>> Rockmusik und die Perestroika

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