Die sieben besten zeitgenössischen Filme aus und über Russland

Verlangen, Leid, schwierige Entscheidungen, zerbrochene Leben – das russische Kino hat ebenso wie die russische Literatur eine Leidenschaft für solche Themen. Hier sind die besten Kino-Dramen der letzten Jahre.

1. Arrhythmia von Boris Chlebnikow (2017)

Worum geht es? Ein Filmdrama über Menschen, die im modernen Russland in einem der anspruchsvollsten Berufe arbeiten.

Katja und Oleg sind miteinander verheiratet und beide Ärzte. Sie sind um die 30 Jahre alt. Oleg arbeitet im Rettungsdienst und trinkt, wenn er frei hat. Katja rettet den Menschen, die ihr Mann in die Ambulanz bringt, das Leben. Zu Hause klagt sie darüber, dass sie dieser Art zu leben überdrüssig ist und sich scheiden lassen möchte.

Der Film ist ein komplexes Porträt zweier Menschen, die sich lieben, jedoch nach Jahren der Erschöpfung und der Aufopferung für andere zusammenbrechen. „Arrhythmia” war unter Medizinern ein Erfolg: Bislang hat noch niemand ihren Beruf im Kino so realistisch dargestellt. Doch auch das breite Publikum begeisterte der Film. Im Kino wurde kollektiv geschluchzt.   

2. The Hope Factory [Die Hoffnungsfabrik] von Natalia Meschtschaninowa (2014) 

Worum geht es? Tauchen Sie ein in die Atmosphäre der nördlichsten Stadt der Welt, in der die Hoffnung so rar ist wie Sonnenlicht im Winter.

Norilsk ist eine Stadt innerhalb des Polarkreises, in der fast alle Einwohner im örtlichen Industriebetrieb arbeiten. Die jungen Leute ertränken ihre freie Zeit im Wodka am Ufer eines giftigen Industrieteichs. Etwas anderes gibt es hier nicht zu tun. Im Mittelpunkt der Handlung steht die medizinische Fachkraft Nadja und ihr existenzielles Dilemma: weglaufen oder bleiben. Ihr fehlt das Geld für ein Ticket und ihr Umfeld, ihre Eltern und Freunde vermitteln ihr, dass sie woanders nicht gebraucht werde.  

Meschtschaninowas Film wurde auf einem Internationalen Filmfestival in Rotterdam gezeigt. In Russland begann damit eine neue Ära im Kino: Die Schauspieler unterhalten sich auf der Leinwand wie die Menschen auf der Straße. Literarische Sprache wird hier nicht verwendet. Die Dialoge sind kompromisslos. 

3. Leben von Wassili Sigarew (2012)

Worum geht es? Die Reise der Toten in die Welt der Lebenden.

Für jede der zehn Hauptfiguren des Films scheint das Glück zum Greifen nahe, doch es bleibt letztlich unerreichbar. Durch tragische Unfälle werden sie alle mit dem Tod konfrontiert. Einigen gelingt es, diesen zu akzeptieren, andere verharren in ihrer Trauer. Die zentrale Frage des Films ist die, ob es für Angehörige ein Leben nach dem Tod eines geliebten Menschen gibt. Und falls ja, wie findet man den Willen für dieses Leben wieder? Sigarew beleuchtet alle mögliche Optionen. Seine Hauptdarstellerin Jana Trojanowa, die im Film um ihren Verlobten trauert, spielt mit einer Intensität, dass es einem beim Zusehen fast körperliche Schmerzen bereitet. Sigarews filmische Parabel wurde in Wiesbaden mit dem renommierten FIPRESCI-Preis der Internationalen Vereinigung der Filmkritiker ausgezeichnet. Einige haben den Film mit Extremsport verglichen. Dabei werde ebenso viel Adrenalin ausgeschüttet, wie beim Betrachten des Films.

4. Der Jäger von Bakur Bakuradse (2011)

Worum geht es? Die Magie eines „gemächlichen” Dramas

Ein Landwirt lebt weit draußen mit seiner Frau und einem behinderten Sohn. Ihr Leben ist bescheiden und eintönig bis der Bauer zwei Frauen aus der örtlichen Strafkolonie einstellt und sich in eine der beiden verliebt. Der Film beginnt romantisch, doch er ist weit entfernt von einem klassischen Liebesfilm oder einem klar umrissenem Drama. Die eigentliche Geschichte beginnt erst 40 Minuten vor Schluss des zweistündigen Films. Er hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Der Filmkritiker Jewgeni Gusjatinski bescheinigt (rus) Bakuradse der einzige Regisseur zu sein, dem es gelingt, russisches Leben ohne Klischees darzustellen.

5. Tale in the Darkness [Märchen über die Dunkelheit] von Nikolai Chomeriki (2009)

Worum geht es? Ein modernes Aschenputtel schlägt sich durch schwere Zeiten, bevor sie das Glück findet.

Angelina ist eine junge Polizeibeamtin. Jeden Tag sieht sie bei der Arbeit, wie Menschen gegenüber den Problemen anderer blind bleiben und nur mit sich beschäftigt sind. Im Privaten hat sie auch kein Glück - sie ist einsam und träumt von der großen Liebe. Aber in dieser Geschichte wird der Prinz, auf den Angelina all ihre Hoffnungen setzt, nicht kommen. Die moderne Version des Märchens hat eine andere Moral: Wir haben es selbst in der Hand, aus der tiefsten Dunkelheit unseres Lebens herauszufinden. Wir müssen nur hartnäckig genug nach dem Licht suchen.

6. The Factory [Fabrik] von Juri Bykow (2018)

Worum geht es? Ein starkes Sozialdrama

Eine Fabrik, die Betonplatten herstellt, steht vor einer Krise. Eine Krise der menschlichen Beziehungen. Ein ortsansässiger Oligarch schließt die Anlage, in der seit drei Monaten keine Löhne gezahlt wurden. Dreihundert Menschen sind arbeitslos. Nur sechs von ihnen sind entschlossen, sich gegen die Umstände zu wehren. So beginnt, wie der Regisseur selbst sagt, ein „starker, philosophischer Thriller über Bauern in Lederkleidung und mit Sturmgewehren”. Das Thema soziale Ungleichheit durchdringt den gesamten Film, der als Metapher für das heutige Russland erscheint.

7. Loveless von Andrei Swjaginzew (2017)

Worum geht es? Eine verloren gegangene Liebe   

Ein junges Paar lässt sich scheiden. Die Frau droht immer wieder damit, den kleinen Sohn ins Internat zu schicken. Die Mutter und der Vater sind so sehr mit Streitereien, Ressentiments und außerehelichen Affären beschäftigt, dass sie zunächst nicht bemerken, dass ihr Kind Aljoscha verschwunden ist. Dies ist der Beginn der Geschichte einer Familienapokalypse, bei der sich jeder daran gewöhnt hat, jemand anderen und niemals sich selbst für sein Unglück verantwortlich zu machen.

Wie auch Swjaginzews vorangegangene Filme war „Loveless” sehr erfolgreich: Der Film gewann den Jury-Preis beim Filmfestival in Cannes und den César für den besten ausländischen Film, er wurde für den Oscar und den Golden Globe nominiert. Kritiker halten ihn für den bisher besten Film des renommierten Regisseurs. Die Kamera ist leidenschaftslos, die Details sind millimetergenau kalibriert. Dazu gibt es eine herzzerreißende Geschichte und zahllose Untertöne.

>>> „Loveless“: Vier gute Gründe, Andrei Swjaginzews neuen Film zu sehen

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