Großherzogin Anastasia: Eine neue US-Fantasy-Komödie erhitzt die Gemüter

Blake Harris/Conglomerate Media, 2020
Für die US-Produktion „Anastasia: Once upon a time“ hagelt es harsche Kritik im Internet. Die russische Geschichte werde verzerrt und die ermordete russische Zarentochter lächerlich gemacht, lauten einige der Vorwürfe.

Die Hashtags #HandsOffAnastasia und #HandsOffRussianHistory sind auf Twitter seit der neue US-Film „Anastasia: Once upon a time“ veröffentlicht wurde, voll im Trend. Er ist seit April bei Amazon, iTunes, Google Play, YouTube und via Kabel und Satellit On Demand erhältlich.  

In diesem Fantasy-Film für Teenager entkommt die 17-jährige Herzogin Anastasia Wladimir Lenin, dem Anführer der bolschewistischen Revolution, über eine magische Tür, die sie in die USA des Jahres 1988 bringt. Dort schließt sie Freundschaft mit der Amerikanerin Megan und ihrer Familie. 

Schon im März kursierte ein Trailer auf YouTube. Doch die Internetnutzer wurden erst durch einen Tweet des Autors und Verlegers Ryan Boyd darauf aufmerksam, der sich über den Film lustig machte. Seitdem bombardieren Internetnutzer die Macher des Films mit Vorwürfen über kulturelle Anmaßung und Missachtung der russischen Geschichte. 

Schnell erreichte die Empörung auch die russische Internetgemeinschaft. Viele halten es für unsensibel, einen Fantasy-Film für Teenager über eine historische Persönlichkeit zu drehen, deren Leben im Alter von 17 Jahren tragisch endete, als sie und ihre gesamte Familie ermordet wurden. 

Großherzogin Anastasia

Vor allem eine bestimmte Szene im Trailer erregt Anstoß. Darin sitzt die Herzogin mit der neuen Familie am Tisch und isst Spaghetti. Sie nimmt dazu die Finger. In einer weiteren Szene sieht man dann, wie Megans Familie ebenfalls mit den Fingern isst, wohl um Anastasia nicht zu beschämen. 

Diese Episode betrachten viele Internetnutzer als besonders ärgerlich. Sie verzerre die russische Kultur und das Bild der Großherzogin. Viele wiesen darauf hin, dass alle Menschen, die vor der bolschewistischen Revolution von 1917 in Russland lebten, bereits zivilisiert genug waren, um Gabeln beim Essen zu benutzen, insbesondere die Mitglieder der kaiserlichen Familie.

„Ich frage mich, wie armselig der Humor eines Menschen sein muss, der einen Film lustig findet, in dem die Mitglieder der kaiserlichen Familie, die nun nicht in der Steinzeit lebte, sondern erst vor etwas mehr als hundert Jahren, nicht in der Lage sind, Besteck zu benutzen.“  

„Übertriebener Akzent? Unfähig, mit einer Gabel zu essen? Leute, sie war die Großherzogin. Diese Darstellung ist mit Sicherheit die schlechteste Präsentation Russlands, die ich je gesehen habe. Sie haben erst die chinesische Kultur geschlachtet und jetzt unsere Geschichte. Was kommt als nächstes?" 

Viele Benutzer wiesen darauf hin, dass die Amerikaner selbst sehr sensibel im Hinblick auf ihre Geschichte reagieren und es nicht tolerieren würden, wenn sich jemand darüber lustig machen würde. Sie verstehen daher nicht, wieso sie ihre Augen vor dieser Herabwürdigung einer der größten Tragödien in der russischen Geschichte, der Hinrichtung der gesamten kaiserlichen Familie im Jahr 1918, verschließen.

„Ja, ich liebe diese Doppelmoral. Warum haben andere ethnische Gruppen und Menschen das Recht, ihre Kultur zu verteidigen, aber über die russische Geschichte darf man sich ungestraft lustig machen? Ist eine Komödie über ein brutal ermordetes junges Mädchen wirklich witzig?“ 

Großherzogin Anastasia

Auch die Macher der Webseite „Imperialhouse“, die die Erinnerung an die Romanow-Dynastie aufrechterhalten will, üben Kritik. 

„Es ist widerlich, wenn ein Heiliger auf komische und absichtlich spöttische Weise dargestellt wird. Eine solche Darstellung beleidigt die Erinnerung an die Heiligen und die Menschen, die sie verehren. Es ist traurig, dass jemand sich über gefolterte Kinder lustig macht“, sagt (rus) Alexander Sakatow von „Imperialhouse“.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Legende über eine angeblich wundersame Flucht der Großherzogin Anastasia vor dem Exekutionskommando der Bolschewiki Hollywood-Produzenten inspirierte. 1997 erhielt der Oscar-nominierte Animationsfilm „Anastasia“ jedoch überwiegend positive Kritiken von der Öffentlichkeit. 

>>> Wider alle Gerüchte: Großherzogin Anastasia wurde ebenso wie die Zarenfamilie ermordet

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