Mäzen und Menschenfreund: Wer war Pawel Tretjakow, der Gründer der berühmten Moskauer Kunstgalerie?

Legion media; Tretyakov Gallery
Erfolgreicher Kaufmann, Sammler, Kunstkenner und Ehrenbürger der Stadt. Pawel Tretjakows Privatgalerie wurde das bedeutendste Kunstmuseum Moskaus.

Den Beruf Kaufmann in die Wiege gelegt bekommen 

Pawel Tretjakow stammte aus einer alten Kaufmannsfamilie. Der zukünftige Gründer der wichtigsten Moskauer Bildergalerie wurde 1832 geboren. Sein Vater, Michail Sacharowitsch, war ein erfolgreicher Kaufmann, der mit Leinenwaren handelte.

Pawel Tretjakow im Jahr 1892

Der Vater bezog die Kinder in das Familienunternehmen ein und im Alter von 15 Jahren arbeitete Pawel bereits als Buchhalter für seinen Vater. Als Tretjakow gerade 18 Jahre alt war, starb sein Vater und er und sein jüngerer Bruder Sergei erbten sein Geschäft und das Familienvermögen. 

Die Brüder erweiterten das Unternehmen ihres Vaters und wandelten sich von bürgerlichen Kaufleuten zu Industriellen - sie errichteten Baumwollspinnereien. Die Tretjakows kauften ein Haus in Samoskworetschje, einem Gebiet Moskaus südlich des Flusses vom Kreml. Pawel entwickelte ein Interesse am Sammeln von Kunst und bald kamen die ersten Gemälde ins Haus.

Pawel Tretjakow und seine Frau Wera Mamontowa

Der Kunstliebhaber 

Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten wohlhabende und gebildete Kaufleute eine neue Schicht. Sie spielten eine aktive Rolle in den höheren Kreisen der Gesellschaft. Sie traten als Kunstmäzene auf und spendeten für wohltätige Zwecke.

Die Tretjakows waren sehr feinsinnige Menschen. Sie reisten viel, waren Kunstkenner, besuchten hochkarätige Veranstaltungen und waren in den Kreisen von Musikern, Schriftstellern und Künstlern wohlbekannt. Tretjakows Töchter heirateten Künstler, keine  Kaufleute. Der Ehemann seiner ältesten Tochter war Musiker. Die andere Tochter heiratete den berühmten Künstler Léon Bakst.

Porträt des Sammlers und Gründers der Galerie Pawel Tretjakow von Iwan Kramskoi

Das Sammeln von Kunst war bereits in Mode gekommen und Pawel kaufte mehrere Werke niederländischer Maler. Als Gegengewicht zur Dominanz westlicher Künstler beschloss Tretjakow, sich der russischen Kunst zuzuwenden und russische Künstler zu unterstützen.

Im Gegensatz zu anderen Kaufleuten, die Kunstwerke für ihre persönlichen Sammlungen kauften und die Meisterwerke in ihren Häusern aufhängten, plante Tretjakow von Anfang an, dass seine Sammlung für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte:

„Ich möchte eine Nationalgalerie zurücklassen, also eine Galerie, die aus Gemälden russischer Künstler besteht.“

Der leidenschaftliche Sammler 

Im Tretjakow-Haus gab es die ersten Gemälde ab 1856. Das Jahr gilt als Gründungsjahr der Galerie. 

Tretjakow-Haus

Tretjakow begann, Bilder in großer Zahl zu kaufen - zum Beispiel viele Werke von Wassili Perow, darunter sein Meisterwerk „Troika“ und „Fürstin Tarakanowa“ von Konstantin Flawizki. Unter den Bildern mit russischem Thema befanden sich viele Werke der Künstlergruppe Peredwischniki: Iwan Schischkin, Nikolai Ge, Archip Kuindschi, Ilja Repin und eine Vielzahl anderer. Tretjakow leerte ganze Räume, um einzelne Werke unterzubringen - zum Beispiel um Platz für Repins „Religiöse Prozession in der Provinz Kursk“ zu schaffen.

Religiöse Prozession in der Provinz Kursk von Ilja Repin

Tretjakow zahlte Wassili Wereschtschagin eine enorme Summe für 13 Bilder und eine Vielzahl von Skizzen und Zeichnungen aus seiner „Turkestan-Serie“, die der Künstler bei einer Reise nach Zentralasien angefertigt hatte. 

Die Türen von Timur (Tamerlan) aus der „Turkestan-Serie“ von Wassili Wereschtschagin

Es gab Geschichten darüber, wie Tretjakow mit dem russischen Kaiser Alexander III. um Bilder wetteiferte. So kam etwa der Kaiser zu einer Ausstellung und äußerte den Wunsch, ein bestimmtes Gemälde kaufen zu wollen. Oft stellte sich heraus, dass Tretjakow ihm bereits zuvor gekommen war. Dem Kaiser sollten die Werke dann vorab präsentiert werden, doch Tretjakow hat den Zaren auch in dieser Hinsicht ausmanövriert - und bereits vor den Ausstellungen Gemälde gekauft. 

Der Galerie-Besitzer 

Die ersten Besucher kamen 1867 in das Tretjakow-Haus. Die Gemälde wurden in mehreren eigens dafür hergerichteten Räumen aufgehängt. Die Sammlung umfasste damals bereits mehr als tausend Bilder. Es waren so viele, dass Pawel beschloss, ein separates Gebäude für die Galerie zu errichten. Bis zu vier Anbauten mit mehreren Stockwerken entstanden im Laufe von 20 Jahren. 

Ein neues Design für die Fassade der Galerie

Das Tretjakow-Haus ist bis heute das Hauptgebäude der Tretjakow-Galerie. Nach dem Tod des Sammlers entwarf der Künstler Wiktor Wasnezow einen Plan für eine Neugestaltung der Fassaden in einem einheitlichen „russischen Stil“. 

In einem Akt von unglaublicher Großzügigkeit schenkte Pawel Tretjakow 1892 der Stadt Moskau die Galerie und ihre gesamte unschätzbare Bildersammlung. Für diese Geste wurde ihm der Titel eines Ehrenbürgers der Stadt verliehen.

Das Gebäude der Tretjakow-Galerie, 1913

Der Philanthrop 

Pawel sah sich nicht als ausschließlicher Förderer der Künste. Er wollte einfach alles tun, um der Gesellschaft nützlich zu sein. Neben dem Sammeln von Kunst und der Unterstützung russischer Künstler setzte er sich für das Wohl der Gemeinschaft ein.

Der Innenhof der Galerie

„Seit meiner frühesten Kindheit war meine Idee, das Geld, das ich mit der Gesellschaft verdient habe, durch nützliche Investitionen an die Gesellschaft (die Menschen) zurückzugeben“, schrieb Tretjakow. Er unterstütze Wissenschaftler und wissenschaftliche Organisationen und gab auch Geld, um Expeditionen zu unterstützen. Zum Beispiel steckte er viel Geld in Nikolay Miklucho-Maklais Expedition nach Neuguinea.

In der Galerie

Die Geburt eines behinderten Sohnes war eine Quelle wirklicher Trauer in der Familie Tretjakow. Er tat, was er konnte, um die Medizin zu unterstützen. Er wurde Treuhänder einer Gesellschaft für taubstumme Kinder und eröffnete eine Klinik für Schwerkranke mit einer psychiatrischen Abteilung.

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