Fünf sowjetische Familienfilme, die die Realität zeigten

Wladimir Menschow/Моsfilm, 1979
Konflikte, Komödien, Dramen, einnehmende Charaktere, vaterlose Kinder und die große Liebe - einige sowjetische Filme erklären die Beziehungen zwischen Männern, Frauen, Eltern und anderen Familienmitgliedern besser als tausend Worte es könnten.

Zu Sowjetzeiten sollten Familienfilme, wie auch andere Formen der visuellen Kunst, das Streben nach einer idealen Gesellschaft widerspiegeln. Aber, hier ist das Paradoxon: während die meisten sowjetischen Filme die Realität zeigten, gingen die Menschen tatsächlich ins Kino, um der harten Realität zu entfliehen.

Ein riesiges demografisches Ungleichgewicht, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg und den Repressionen der Stalin-Ära entwickelte, führte zum Tod zahlloser Männer und verzerrte die Beziehungen zwischen den Geschlechtern in der UdSSR. Das Problem bestand darin, dass ein bedeutender Teil einer ganzen Generation von Sowjetbürgern ohne Väter aufwuchs. Die Vaterlosigkeit der Nachkriegszeit löste die Herausbildung radikal anderer Beziehungen zwischen Männern und Frauen aus. Die Tragödie der Vaterlosigkeit und der Alleinerziehenden spiegelte sich in einer Reihe von sowjetischen Filmen der 1960er bis 1970er Jahre wider.

Der Aufbau von „gesunden Familienbeziehungen" war das A und O der Sozialpolitik der UdSSR.

In den 1980er Jahren zielte die Familienplanungspolitik der Regierung darauf ab, das Konzept der Ehe mit ihren Grundwerten, ihrer Ethik und ihren Vorteilen zu stärken. Die Herausforderung bestand unter anderem darin, berufstätigen Müttern zu helfen, die Elternschaft und Berufstätigkeit unter einen Hut zu bringen und gleichzeitig die Geburtenrate der UdSSR zu steigern.

1 „Karneval“ (1981) von Tatiana Liosnowa

Ein unbekümmertes sowjetisches Mädchen träumt von einer Karriere auf der Leinwand. Der 18-jährige aufstrebende Star, der von seiner alleinerziehenden Mutter großgezogen wurde, verlässt seine kleine Heimatstadt in der Provinz und zieht nach Moskau, wo sie entschlossen ist, ihr Glück als Filmschauspielerin zu versuchen. Nina Solomatina (brillant dargestellt von Irina Murawjewa) wird eine Reihe von Enttäuschungen und Misserfolgen erleben, bevor sie ihre Lektion lernt, dass das Leben kein Zuckerschlecken ist. Aber sie macht ihren Weg und wird sich am Ende mit ihrem wieder verheirateten Vater (Juri Jakowlew) versöhnen, die Liebe ihres Lebens finden und schließlich ihren beruflichen Raum verwirklichen.

2 „Familienbeziehungen“ (1982) von Nikita Michalkow

Es wurde eine der denkwürdigsten Rollen von Nonna Mordjukowa. Die temperamentvolle Schauspielerin spielte eine einfache Landfrau, die nach Moskau kommt, um ihre einzige Tochter und Enkelin zu besuchen. Alles, was sie will, ist, die Ehe ihrer Tochter zu retten. Aber der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Absichten gepflastert, und so verursacht die Einmischung der Frau nur noch mehr Reibung. Nikita Michalkows Film ist eine Hymne auf Familienwerte ohne die üblichen Klischees. Das sozialbewusste, herzzerreißende Drama zeigt, dass eine Aussöhnung mit der Familie der sicherste Weg zu Harmonie und Glück ist.

3 „Moskau glaubt den Tränen nicht“ (1979) von Wladimir Menschow

Drei Mädchen teilen sich ein Wohnheimzimmer und sind fest entschlossen, in der Hauptstadt groß rauszukommen. Katerina, die verantwortungsbewussteste von allen, wird gebeten, auf die Wohnung ihres Onkels in einem der Stalin-Hochhäuser aufzupassen, während dieser im Urlaub ist. Am nächsten Tag schmeißen die drei Freundinnen eine große Party und geben sich als Töchter des Professors aus. Katerina (gespielt von Vera Alentowa) lernt einen gutaussehenden und bescheidenen Kameramann kennen und wird bald schwanger. Als Rudik herausfindet, dass sie nicht die Tochter des Professors ist, sondern in einer Fabrik arbeitet, lässt er sie sitzen. „Wir sind schon zu viert in zwei Zimmern und jetzt willst du auch noch einziehen, du und dein Kind", beschwert sich die giftige Mutter des Mannes und wirft Katerina hinaus. Gegen alle Widerstände bringt sie eine Tochter zur Welt, wird Fabrikleiterin und lernt schließlich die Liebe ihres Lebens kennen. „Moskau glaubt den Tränen nicht“ erwies sich als ein sehr sympathischer Film und erhielt 1981 den Oscar für den besten ausländischen Film.

4 „Die Pokrowski-Tore“ (1982) von Michal Kosakow

Kunstvoll und voller witziger Dialoge ist diese spritzige Komödie nichts weniger als eine Enzyklopädie des sowjetischen Lebens! Der Film spielt in den 1950er Jahren in Moskau. Die Haupthandlung spielt sich in einer ganz gewöhnlichen sowjetischen Wohngemeinschaft ab, die jedoch kreative, exzentrische und außergewöhnliche Bewohner hat, von denen jeder einzelne eine besondere Erwähnung verdient. Im Mittelpunkt des Films steht der charmante junge Frauenheld Kostik (gespielt von Oleg Menschikow), der sich die Wohnung mit seiner Tante teilt und sich schon bald in ein verrücktes Abenteuer stürzt. Kosakows brillant gefilmte Komödie ist voller kluger Einblicke in familiäre Beziehungen, wobei ehemalige Ehemänner gezwungen sind, den Raum mit ehemaligen Ehefrauen, Nachbarn, Freunden und neuen Lebensgefährten zu teilen. Ein Muss!

5 „Häusliche Verhältnisse“ (1977) von Aleksei Korenew

Mit der Ankunft ihres ersten Kindes zählen die jungen Frischvermählten Lida (Marina Djuschewa) und Igor (Jewgeni Steblow) auf die Unterstützung von Igors Schwiegermutter. Aber Galina Arkadjewna (Galina Polskich), die mit ihnen eine Wohnung teilt, ist nicht bereit, die konventionelle Rolle der Großmutter zu übernehmen. Die Familienmitglieder beginnen nach Möglichkeiten zu suchen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen, um getrennt zu leben. Diese entzückende Komödie hat ihre Relevanz als klassische Erinnerung daran, dass die Liebe die Welt in Schwung bringt, nicht verloren.

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