Sowjetische Filme zeigten dem Zuschauer, was er bereits kannte – Alltag und Arbeitsleben, vertraute „Kulissen“ und Ansichten. Ausländische Filme hingegen waren wie ein frischer Wind – andere Schauspieler, exotische Landschaften, ein völlig anderes Leben.
Nicht alle ausländischen Filme durften aufgeführt werden, einige wurden nur gekürzt oder erst mehrere Jahre später gezeigt. Dennoch sah das sowjetische Publikum sie gerne. Dies waren die Filme, die an den Kinokassen die Nase vorn hatten:
Die vier Musketiere (Frankreich, 1974)
In der Sowjetunion wurde Alexandre Dumas‘ Roman Die drei Musketiere, der von den Abenteuern der tapferen königlichen Garde handelt, bewundert und in großen Auflagen veröffentlicht. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die französische Komödie in der UdSSR von 56,6 Millionen Menschen gesehen wurde. Der Film kam übrigens mit vier Jahren Verspätung auf die sowjetische Leinwand – im selben Jahr 1978 wurde in der UdSSR auch die Fernsehfassung des Romans gedreht und der Film wurde zu einem echten Kultphänomen.
Der Rächer (Indien, 1976)
In der UdSSR war Bollywood unglaublich populär und viele Filme erzielten beachtliche Einspielergebnisse. Filme aus dem befreundeten Indien waren ideologisch neutral und wurden in der Sowjetunion aktiv in den Kinos gezeigt.
Der Actionfilm Der Rächer (Originaltitel: Barood) fiel an den indischen Kinokassen durch, war aber in der UdSSR ein echter Hit. Der Film kam 1978 in der Sowjetunion in die Kinos und wurde von 60 Millionen Menschen gesehen. Der Schauspieler Rishi Kapoor, der die Hauptrolle spielte, war dem sowjetischen Publikum bereits aus dem Melodram Bobby (1973) bekannt. In den Achtzigerjahren wurde er eingeladen, in dem sowjetisch-indischen Film Der schwarze Prinz Ajuba mitzuspielen.
Disco Dancer (Indien, 1983)
Dieses indische Musical-Melodram über einen Straßensänger kam 1984 auf die sowjetischen Leinwände und erregte großes Aufsehen. Es wurde von 60,9 Millionen Menschen gesehen. Das Geheimnis des Erfolges waren die Tänze, Songs, exotischen Kulissen und Kostüme – sowie natürlich die Handlung, mit der man mitfiebern konnte. Einige der Tanzszenen wurden für den sowjetischen Filmverleih jedoch gekürzt.
Der Schauspieler Mithun Chakraborty, der den Discotänzer spielte, wurde in der Sowjetunion zum Volkshelden und besuchte das Land später mehrfach.
Das weiße Kleid (Ägypten, 1973)
Die Geschichte vom ägyptischen Aschenputtel zog das sowjetische Publikum in ihren Bann. Es handelt sich um ein Melodram über eine arme Verkäuferin und den Sohn eines Millionärs, die heimlich heiraten, weil sie wissen, dass ihr reicher Vater dieser Verbindung nicht zustimmen wird. 1976 kam der Film in der Sowjetunion in die Kinos und wurde von 61 Millionen Zuschauern gesehen.
Bobby (Indien, 1973)
Der Schauspieler Rishi Kapoor aus Der Rächer wurde vom sowjetischen Publikum für diesen Film vergöttert. Dieses Melodram ist die indische Version von Romeo und Julia. Die Eltern stammen aus unterschiedlichen Kasten – sie ist die Tochter wohlhabender Leute und er ist der Sohn eines Fischers, und außerdem gehören sie unterschiedlichen Religionen an. Die Liebesbeziehung und der Klassenunterschied waren in der UdSSR ganz nach dem Geschmack des Publikums. Der Film kam 1975 in der Sowjetunion in die Kinos und wurde von 62,6 Millionen Menschen gesehen.
Spartacus (USA, 1960)
Spartacus, der Gladiator, der den Sklavenaufstand anführte, war ein beliebter Held des sowjetischen Volkes, und der Roman von Raffaello Giovagnoli wurde in der UdSSR in großer Auflage veröffentlicht. Darüber hinaus wurde der Name Spartacus von der Volkssportgemeinschaft des Landes und der Moskauer Fußballmannschaft getragen.
Der amerikanische Historienfilm über Spartacus kam mit siebenjähriger Verspätung 1967 auf die sowjetische Leinwand und wurde von 63 Millionen Menschen gesehen. Es war ein seltener Fall, dass ein Hollywood-Film überhaupt in den sowjetischen Verleih gelangte, aber der Klassenkampf der unterdrückten Sklaven passte sehr gut in das ideologische Schema des Kommunismus.
McKenna's Gold (USA, 1969)
In der UdSSR waren amerikanische Western nicht sonderlich beliebt und während des Kalten Krieges wurde ein eigenes Genre entwickelt der rote „Ostern“. In mancher Hinsicht ähnelten diese Filme dem Western, nur dass der Schauplatz nicht die Wüste des Wilden Westens, sondern die Steppe Zentralasien war.
Dieser Film war einer der wenigen richtigen Western, die es auf die sowjetischen Leinwände schaffte und wurde 1974 von 63 Millionen Menschen gesehen.
Awara – Der Vagabund von Bombay (Indien, 1951)
Der Film erzählt die bewegende Geschichte von Raj, der in einem Slum geboren wurde und gezwungen war, ein Dieb zu werden. Ihn quält sein schlechtes Gewissen (zudem hat er einen reichen Vater). Am Ende wird Raj zur Zwangsarbeit verurteilt, aber seine Geliebte verspricht, auf ihn zu warten. Alles in allem gefiel dieses Ende der sowjetischen Bevölkerung.
Der Film erschien 1954 in der UdSSR und wurde von 63,7 Millionen Menschen gesehen. Der Regisseur und Hauptdarsteller Raj Kapoor wurde daraufhin in der Sowjetunion „Genosse Vagabund“ genannt.
Die glorreichen Sieben (USA, 1960)
Wie bereits erwähnt, gelangten amerikanische Western nur selten an die sowjetischen Kinokassen. Die glorreichen Sieben war jedoch ein glücklicher Zufall. Der Film erregte die Aufmerksamkeit des damaligen Staatschefs Nikita Chruschtschow. Er kritisierte die vielen Schlägereien, ließ den Streifen jedoch für den Verleih zu. Vielleicht spielte der in Wladiwostok geborene (und später emigrierte) Schauspieler Yul Brynner dabei im wörtlichen und übertragenen Sinne eine entscheidende Rolle. Er wurde von Chruschtschow als „herausragender Mann“ bezeichnet. Außerdem setzte sich seine Figur Chris Adams für die armen unterprivilegierten Bauern ein. Der Film wurde in den sowjetischen Kinos von 67 Millionen Zuschauern gesehen.
Yesenia (Mexiko, 1971)
Das mexikanische Melodrama Yesenia wurde 1975 mit 91,4 Millionen Zuschauern zu einem echten Rekordbrecher! Der Film handelt von einer jungen Frau, die in einer Roma-Familie aufwuchs, aber eigentlich einer Adelsfamilie entstammte. Die Kritiker haben unterschiedliche Vermutungen darüber, warum der Film beim sowjetischen Publikum so gut ankam. Es gibt ein unglaublich verworrenes Familienszenario (mit sozialen Ungleichheiten) und natürlich eine wunderschöne Liebesgeschichte. Yesenia war die Wurzel für die zukünftige Liebe des sowjetischen und russischen Publikums zu mexikanischen und brasilianischen Serien, die Jahrzehnte bestand.