Leonid Gaidai – ein Regisseur, der die gesamte UdSSR zum Lachen brachte

Leonid Gaidai/Mosfilm, 1966
Wie kommt es, dass ein Mann so viele Kult-Komödien gedreht hat, die das halbe Land auswendig kennt?

„Das Leben der Menschen ist so hart. Lasst sie lachen“, sagte Leonid Gaidai. Seine Komödien – Operation Yund andere Abenteuer Schuriks, Entführung im Kaukasus,Der Brillanten-Arm, Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf und 12 Stühle wurden zu Spitzenreitern an den sowjetischen Kinokassen und zogen Millionen von Zuschauern an. Zitierfähige Sätze aus ihnen wurden zu geflügelten, unsterblichen Worten, die auch heute noch fest in der Literatur- und Umgangssprache verankert sind. Gaidais Filme waren nicht nur in der UdSSR populär – selbst im heutigen Russland wird noch über sie gelacht. Was ist ihr Geheimnis?

Charlie Chaplin, Krieg, Kino

Leonid Gaidai wurde 1923 im Fernen Osten geboren, sein Vater befand sich dort in der Verbannung und baute an der Amur-Eisenbahn mit. Die Familie zog später nach Irkutsk. Das Interesse des zukünftigen Regisseurs für das Genre der Komödie begann in seiner Kindheit.

Sein wahres Idol war Charlie Chaplin – Gaidai ging immer ins örtliche Kino, um alle dessen Filme zu sehen (und er versteckte sich manchmal zwischen den Reihen, um sie noch einmal anzuschauen). Später, in seinen eigenen Filmen, wird der Einfluss Chaplins erkennbar sein – zum Beispiel in einem frühen Werk, der Filmnovelle Die Entführung von Häuptling Rothaut, die auf der gleichnamigen Erzählung von O'Henry basiert. Es gibt nur sehr wenig Text, fast wie in Stummfilmen, und die komödiantische Wirkung beruht auf lustigen Situationen und Geräuschen.

Als junger Mann, unmittelbar nach dem Abschluss der Schule, wollte Gaidai als Freiwilliger an die Front gehen. Er wurde nicht sofort eingezogen, aber schließlich im Herbst 1941 einberufen. Er kämpfte bei der Aufklärung und zeichnete sich sogar im Kampf aus, indem er Granaten auf die deutsche Feuerstellung warf. 1943 verletzte er sich schwer am Bein, als in seiner unmittelbaren Nähe eine Mine detonierte, und war nach einer langen Behandlung nicht mehr diensttauglich. Er kehrte nach Irkutsk zurück und ging nach einem Studium in einem Theaterstudio nach Moskau, wo er sich an der Fakultät für Regie der Staatlichen Filmhochschule Moskau (WGIK) einschrieb. Von dort aus kam er fast sofort zu Mosfilm.

Ein Beruf, der die Menschen zum Lachen bringt

Gaidai wollte nur in einem einzigen Genre arbeiten – der Komödie. Nur einmal, zu Beginn seiner Karriere, drehte er auf Anweisung des Mosfilm-Regisseurs Iwan Pjrew mit Dreimal auferstanden einen ernsthaften Film über die Revolution. Aber die Arbeit wurde kritisiert, sie kostete ihn fast seine Karriere.

Gaidais erster großer Erfolg war der Kurzfilm Der Hund Barbóss und die ungewöhnliche Flucht durch den Wald (1961). Er wurde sogar für den Wettbewerb in Cannes nominiert. In der Komödie trat zum ersten Mal ein Trio von Rowdys auf – Balbéss (Schwachkopf), Truss (Feigling) und Bywály (Profi), gespielt von Georgij Wizin, Jurij Nikulin und Jewgenij Morgunow, in die sich das Publikum verliebte und die später noch mehr als einmal bei Gaidai auftraten.

Balbéss, Truss und Bywály. Aus dem Kurzfilm „Der Hund Barbóss und die ungewöhnliche Flucht durch den Wald“ (1961).

Die Komödie Operation Yund andere Abenteuer Schuriks (1965), die in den sowjetischen Kinos ein Kassenerfolg war, machte ihn in der ganzen Sowjetunion bekannt. Die Hauptfigur – der einfältige, aber ehrliche und prinzipientreue Student Schurik – wurde zu einem echten Volksliebling. Auf der Welle des beispiellosen Erfolges schlug auch die Fortsetzung, Entführung im Kaukasus oder Schuriks neue Abenteuer (1967), an den Kinokassen ein.

Aus der Episode „Verblendung“ des Films „Operation Y und andere Abenteuer Schuriks“.

Ein großer Teil des Humors in diesen Komödien beruht auf Gags – komödiantischen Mitteln, die auf offensichtlicher Absurdität beruhen. Der humorvolle Effekt wird durch die Gestik und Mimik der Schauspieler noch verstärkt.

Die Komödie Der Brillanten-Arm (1969) über den ehrlichen Familienvater Semjon Gorbunkow, dem Banditen versehentlich Diamanten in dessen Gipsarm verstecken, war einer der drei umsatzstärksten Filme in der Geschichte der UdSSR. Übrigens wird Schurik (wenn auch nicht mehr als Student, sondern als Wissenschaftler, der eine Zeitmaschine entwickelt hat) später in einem anderen Kultfilm auftreten – 

Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf (1973), der auf einem Theaterstück von Michail Bulgakow basiert.

Gaidai wandte sich häufig den Klassikern zu – er verfilmte O'Henry, Ilja Ilf und Jewgenij Petrow (Zwölf Stühle), Michail Sóschtschenko (Das kann doch nicht wahr sein!).

Iwan und Iwan der Schreckliche aus dem Film „Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf“

In seinem letzten Film Auf der Deribassowskaja ist schönes Wetter oder In Brighton Beach regnet es wieder (1993), der nach dem Zusammenbruch der UdSSR entstand, machte sich der Regisseur bereits über die sowjetische Führung und den KGB lustig.

Leonid Gaidai (links) und der Schauspieler Jurij Nikulin lesen ein Drehbuch.

Laut der Ehefrau des Regisseurs, der Schauspielerin Nina Grebeschkowa, war der junge Gaidai selbst seiner Figur Schurik ähnlich. Er und Nina studierten in der gleichen Seminargruppe, er war älter (er kam von der Front), war intelligent, schlank und groß. Aber er machte ihr bescheiden und unbeholfen den Hof, besuchte sie in Moskau und kaufte ihr Blumen. Gaidai und Grebeschkowa heirateten 1953 als Studenten – und lebten zusammen mit ihren Eltern in einem Zimmer, nur durch einen großen Kleiderschrank von neugierigen Blicken getrennt.

Im normalen Leben war der Regisseur äußerst bescheiden, ja asketisch – er brauchte keinen äußeren Komfort und widmete seine ganze Zeit der Arbeit (und verbrachte mehr Zeit am Set und in den Studios von Mosfilm als zu Hause). Seine Komödien wurden von Hunderten Millionen Zuschauern gesehen, er lebte jedoch in einer bescheidenen Wohnung und hatte noch nicht einmal Ersparnisse, um seine ausgebrannte Datscha wieder aufzubauen.

Nina Grebeschkowa in dem Film „Der Brillanten-Arm“.

Er war es auch, der seine Frau berühmt machte – die Psychiaterin in Entführung im Kaukasus oder Schuriks neue Abenteuer und die Frau des Hauptdarstellers in Der Brillanten-Arm waren ihre Hauptrollen.

Man sagt, dass Komiker und Clowns im wirklichen Leben unglückliche und manchmal düstere Menschen sind. Aber das trifft sicher nicht auf Gaidai zu. Zeitgenossen erinnerten sich, dass er im Leben unglaublich geistreich war, einen feinen Sinn für Humor besaß, oft scherzte, Witze erzählte und sich gerne amüsierte.

Leonid Gaidai (rechts) und der Schauspieler Wjatscheslaw Newinnyj am Set von „Streichhölzer“.

Er sah lustige Dinge, die den meisten Menschen nicht auffallen – und er präsentierte sie allen. Selbst seinen besten Komikern zeigte er manchmal, wie sie eine bestimmte Szene spielen sollten.

Das Erfolgsgeheimnis von Gaidais Komödien

Trotz des typisch sowjetischen Milieus der Filme sind sie für Zuschauer jeden Landes und jeden Alters verständlich und witzig. Die Schauspielerin Natalia Warlej erinnerte sich, wie eine dunkelhäutige Frau bei einer Vorführung in Afrika so begeistert war und so sehr lachte, dass sie sogar ihr Baby in die Höhe warf.

Leonid Gaidai am Set von „Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf“.

Das Geheimnis Gaidais liegt in der akribischen Arbeit am Drehbuch, der sorgfältigen Auswahl der Schauspieler und der Musik. Der Drehbuchautor der großen Komödien Operation Y, Entführung im Kaukasus und Der Brillanten-Arm, Jakow Kostjukowskij, erinnerte sich daran, dass er und Gaidai immer gemeinsam an dem Text arbeiteten und sie ihre eigene „Formel“ hatten. Sie fragten sich immer, ob ihre Arbeit zum Beispiel für eine Oma irgendwo in Joschkar-Ola [der Hauptstadt der Autonomen Republik Mari-El – Anm. der Red.] verständlich und interessant sein würde.

Der Schauspieler Jurij Nikulin erinnerte sich daran, dass Gaidai mit wachen Augen an allen Szenen gearbeitet hat – beim Drehen und der Postproduktion, ohne den Film zu schonen. Gleichzeitig war es ihm wichtig, dass die Crew und die Filmvorführer lachten. „Es muss also etwas daran sein“, pflegte Gaidai zu sagen. Das bedeutet, dass auch das Publikum lachen werden würde.

Gaidai bei den Dreharbeiten zu „Der Brillanten-Arm“.

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