Eine der ersten Komödien Alexander Ostrowskis (1823-2886) mit dem Titel Es bleibt ja in der Familie (1849) beschreibt die finanziellen Machenschaften eines Moskauer Kaufmanns. Er erklärt sich selbst für bankrott, um seinen Kredit nicht zurückzahlen zu müssen, und wird seinerseits von seinem eigenen Prikstschik (Manager) betrogen.
"Alexander Ostrowski" von Wassilij Perow.
Die Staatliche Tretjakow-GalerieDas Stück wurde in einer Literaturzeitschrift veröffentlicht und nicht nur von gewöhnlichen Lesern, sondern auch von bedeutenden russischen Kritikern und Schriftstellern sehr positiv aufgenommen. Sie bewunderten sowohl die Sprache als auch die umfangreichen Charaktere und die Dramaturgie des Stücks. Leo Tolstoi sagte sogar, die Komödie sei ein Wunder; Ostrowski selbst „ist in vollem Ernst ein brillanter dramatischer Schriftsteller“.
Ostrowski hat sein gesamtes Werk nicht auf der großen Tragödie und nicht auf klassischen Rollen aufgebaut. Er schrieb nicht über die feine Gesellschaft und die hohe Materie, sondern zeigte das gewöhnliche Leben, die Lebensweise und die Probleme der Kaufmannsschicht und des einfachen Volkes.
Eine Szene aus Alexander Ostrovskys Komödie "It's a Family Affair". Links: Perov Sadovsky als Podkhalyuzin, Konstantin Rybakov als Bolshov. Das Maly-Theater der UdSSR. 1861.
SputnikEr kannte diesen Stoff gut. Sein Vater wollte, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt, aber er wurde im ersten Jahr seines Studiums von der Moskauer Universität verwiesen. Dennoch kam er um eine juristische Laufbahn nicht herum – sein Vater vermittelte ihn an an Gericht, wo Ostrowski die Handelsstreitigkeiten verschiedener Personen – Bürger, Kaufleute, Industrielle und Händler – verfolgte. Was er sah, inspirierte ihn dazu, Stücke zu schreiben, die nicht nur unterhaltsam, sondern auch unglaublich archetypisch und aus dem Leben gegriffen waren.
Zar Nikolaus I. mochte Ostrowskis erstes Stück nicht und verbot dessen Aufführung im Theater. Aber schon 1853 wurde eines von Ostrowskis nächsten Stücken, Setz dich nicht in fremde Schlitten, am Maly-Theater in Moskau zur Aufführung gebracht.
Eine Szene aus dem Stück "Das glühende Herz" von Alexander Ostrovsky im Staatlichen Akademischen Maly-Theater.
Wladimir Fedorenko/SputnikIn der Folgezeit schrieb er mehr als 50 Dramen und Komödien und über einen Zeitraum von 30 Jahren wurden seine Stücke am Maly-Theater in Moskau und am Alexandrinskij-Theater in St. Petersburg uraufgeführt.
Zu Ostrowskis Werken gehören Meisterwerke wie Das Gewitter, Mädchen ohne Mitgift, Armut ist kein Laster und Wölfe und Schafe. Und die meisten seiner Stücke werden auch heute noch in Theatern in ganz Russland und viele von ihnen auch im Ausland aufgeführt. Dutzende seiner Werke wurden auch verfilmt. Zu den bekanntesten gehören die sowjetischen Filme Schenítba Balsáminowa (dt.: Wer heiratet wen?, 1964), Schestókij románs (dt.: Eine bittere Romanze, 1984) sowie die Märchenfilme Snegúrotschka (dt.: Schneeflöckchen, 1968) und Pósle dóschdika w tschetwérg (dt.: Am Sankt-Nimmerleinstag, 1985).
Alle seine Werke zeichnen sich durch ihre Eigenständigkeit, eine originelle Dramaturgie und rein russische Handlungen und Charaktere aus.
Vor Ostrowski wurden in den russischen Schauspieltheatern hauptsächlich klassische Tragödien sowie Stücke von Shakespeare und Moliere inszeniert. Alexander Gribojedows berühmte Komödie Górje ot umá (dt.: Verstand schafft Leiden) und mehrere brillante Komödien von Nikolai Gogol waren bereits in russischer Sprache erschienen; einige Stücke von Puschkin wurde inszeniert, aber es gab nur sehr wenig russischen Stoff für die Theater.
Ostrowski hatte eine wahrhaft reformatorische Bedeutung für das russische Theater. Er schuf nicht nur eine große Anzahl von origineller Stücke, sondern veränderte auch die Herangehensweise an das Theater, indem er eine größere Vielfalt an Plots und Charakteren einführte und vorschlug, den schauspielerischen Fähigkeiten und der Kohärenz der gesamten Truppe mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
„Ein gutes Stück wird dem Publikum gefallen und ein Erfolg sein, wenn es aber schlecht gespielt wird, wird es nicht lange im Repertoire bleiben“, schrieb Ostrowski.
Das wohl berühmteste Stück Ostrowskis in Russland ist Das Gewitter (1859). Es ist eines der ersten Werke, das das Problem der Unterdrückung der Frau aufgreift. Die Protagonistin, Katerina, lebt in der extrem patriarchalischen Familie ihres Mannes, der ihr gegenüber kalt ist, und sie ist gezwungen, sich ihrer despotischen Schwiegermutter zu unterwerfen. Schließlich verliebt sie sich in einen anderen Mann und betrügt ihren Gatten, doch da sie diesen moralischen Verfall nicht verkraften kann, stürzt sie sich in die Wolga und stirbt.
Das Gewitter löste eine heftige Reaktion in der Gesellschaft und bei den Kritikern aus. Der Publizist Nikolai Dobroljubow schrieb einen berühmten Artikel über das Stück, Ein Lichtstrahl im dunklen Reich, dessen Titel zu einem geflügeltem Wort wurde. Der Publizist sieht Katerina als Opfer der alten, rückständigen Kaufmannswelt und bewundert ihren Mut, sich dieser Welt zu stellen. Selbst ihr Selbstmord wird von ihm als heldenhaft und als einzig möglicher Ausweg aus diesem „dunklen Reich“ angesehen.
Das Stück wurde am Maly-Theater aufgeführt und war ein großer Erfolg; es gilt noch immer als ein Standardwerk des russischen Schauspiels und die Figuren des Stücks sind in aller Munde.
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