10 Werke von Ilja Kabakow, die Sie kennen sollten (FOTOS)

Russia Beyond (Esch-Kenkel/ullstein bild via Getty Images; Die Staatliche Tretjakow-Galerie)
Der weltweit erfolgreichste Künstler aus der ehemaligen UdSSR war einer der Begründer des Moskauer Konzeptualismus. In seinen Totalinstallationen lebten und starben die von ihm geschaffenen Figuren, flogen ins All, stritten sich und lösten sich auf dem Weg in die Zukunft auf.

Der Junge, 1961

Kabakows Begegnung mit der Kunst fand während des Zweiten Weltkriegs statt: Nachdem er nach Samarkand evakuiert worden war, begann er in den Klassen des Leningrader Instituts für Malerei, das auch nach Usbekistan geschickt worden war, Bildhauerei und Architektur zu lernen. Im Jahr 1944 ging er nach Sergijew Possád, nach dem Krieg dann an die Moskauer Kunstschule, wo er ab seinem 12. Lebensjahr im Internat blieb, bis er sich an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur „W. I. Surikow“ einschrieb. Auf der Suche nach seiner eigenen Sprache dekonstruierte Kabakow klassische Bilder. So entstand Der Junge, eine Interpretation des vitruvianischen Menschen und eine bissige Metapher für offizielle Darstellungen. Es ist kein Zufall, dass Kabakow bei der Beschreibung dieses Gemäldes sagte: Das Bild hat das Aussehen eines Modells...

Selbstbildnis, 1962

Während seines Studiums an der Hochschule nahm er Unterricht bei Robert Falk – den Unterricht in dessen Atelier bezeichnete Kabakow als „Kontakt mit der Großen Malerei“. Seine frühen Werke sind vom künstlerischen Stil seines Mentors beeinflusst, darunter ein Selbstporträt von sich mit einer Skimütze. Dieses Bild war das letzte, das der Künstler in klassischer Manier malte.

Die Dusche, 1974

Nach seinem Abschluss an der Fakultät für Grafik begann Kabakow, Bücher und Zeitschriften zu illustrieren. Der Künstler illustrierte die damals beliebten Kinderzeitschriften Mursilka und Wesjolyje Kartinki. Der Künstler bebilderte zahlreiche Märchen und didaktische Literatur. Seine Karriere als Illustrator dauerte dreißig Jahre, in denen er Bilder für 150 Bücher schuf. Er gab jedoch zu, dass er Illustrationen für Kinder nicht gerne anfertigte, aber er wusste, wie man sie imitiert.

Gleichzeitig malte er auch für sich selbst und schuf Werke, die sich grundlegend von seinen offiziellen Bildern unterschieden. Die Serie Dusche ist eines dieser Experimente. Sie war eine der ersten, in der Kabakows einzigartige künstlerische Vision zum Ausdruck kam. Er begann Mitte der 1960er Jahre mit der Arbeit daran: 1965 wurde Die Dusche auf der Ausstellung Alternative attuali II in Italien gezeigt, neben Werken von René Magritte und David Hockney. In der UdSSR war man dagegen, da man Die Dusche als eine Revolte ansah – die Serie zeigte angeblich die Armut des sowjetischen Volkes. Und im Westen hat man den Namen des sowjetischen Künstlers entdeckt.

Der Käfer, 1982

In den späten 1960er Jahren richtete Kabakow zusammen mit dem Künstler Ülo Sooster ein Atelier auf dem Dachboden eines Hauses am Sretenskij-Boulevard in Moskau ein. Schon bald bekamen die Bewohner des alten Moskauer Viertels – Kabakow, Bulatow, Wiktor Piwowarow, Eduard Steinberg, Wladimir Jankilewskij – den Spitznamen Sretenskij-Boulevard-Schule. Zu dieser Zeit begann Kabakow, in seinen Werken immer häufiger Texte zu verwenden. So entstand das figurative Gemälde Der Käfer mit einem Gedicht aus einem Kinderbuch, das der Künstler zur Illustration verwendete. Das auf einem Blatt sitzende Insekt – „für meine Sammlung am besten geeignet“ – ist in Öl auf Sperrholz gemalt. Das Gemälde wurde bei der Phillips de Pury Toga 2008 für einen Rekordpreis von 5,84 Millionen US-Dollar verkauft.

Der Mann, der von seinem Zimmer aus ins All flog, 1985

Die 1980er Jahre waren für Kabakow eine Zeit der großen Experimente. Europäische Museen wollten Einzelausstellungen mit seinen Bildern organisieren. Der Künstler konnte jedoch nicht die nötige Anzahl seiner Werke ins Ausland schicken, also entschied er sich für einen riskanten Schritt: Er erstellte einen Leitfaden für die Herstellung von Kopien seiner Werke. Und die Ausstellungen wurden wie geplant eröffnet. Zur gleichen Zeit begann er in seinem Atelier am Sretenskij-Boulevard mit der Arbeit an Installationen, die wie die Kulisse des Lebens eines Menschen aussahen. Die Betrachter konnten hineinschauen und den Alltag einer nicht existierenden Person erkunden, ja sogar durch sie hindurchgehen. Der Künstler selbst begann, seine Installationen total zu nennen und schuf damit ein neues Genre der zeitgenössischen Kunst. Eines der ersten Werke dieser Art ist Der Mann, der von seinem Zimmer aus ins All flog. In der Mitte eines kleinen Raums, der mit Plakaten und Entwürfen einer Flugmaschine bedeckt ist, steht ein Katapult – der durchlöcherten Decke über ihm nach zu urteilen, ist es dem Bewohner des Zimmers gelungen, seinen Traum zu verwirklichen.

Zehn Personagen, 1988

Zusammen mit Wiktor Piwowarow schuf Kabakow einen eigenen Trend – Alben. In den 1970er und 1975er Jahren arbeitete der Künstler an dem Zyklus Zehn Personagen, dessen Figuren – Wschkafusidjaschij [dt.: im Schrank sitzender] Primakow, Stscheschedryj [dt.: freigiebiger] Barmin, Woknogljadjastschij [dt.: aus dem Fenster schauender] Archipow und andere Bewohner einer riesigen Wohngemeinschaft – sich in ihrem Privatleben zu verstecken und der Welt um sie herum zu entkommen suchen. Indem er seine Figuren in den Alltag einer Wohngemeinschaft stellt, schafft der Künstler ein kollektives Bild der sowjetischen Gesellschaft: „Man kann nicht in ihr leben, aber man kann auch nicht anders leben.“ 1988 ließ die Ronald Feldman's Gallery in New York die Wände der Wohngemeinschaft wachsen: Zehn Personagen wurde zu einer Totalinstallation. Beim Blick in die Zimmer sahen die Besucher, wie der Müllmann, der unbegabte Künstler und der Mann, der die Meinungen anderer sammelt, lebten. Aber sie selbst waren nicht zu sehen; alle Bewohner der Zimmer waren, wie in den Alben, verschwunden.

Labyrinth. Das Album meiner Mutter, 1990

Eines der emotional stärksten Werke Kabakows ist Das Album meiner Mutter. Aus den Erinnerungen seiner Mutter Berta Soloduchina, die er mit der Schreibmaschine aufgeschrieben hatte, sowie Fotografien von Saporoschje und Moskau schuf der Künstler 76 Blätter des Albums, die eine Totalinstallation bilden. Es schildert ein Leben voller Entbehrungen, Ängste und Prüfungen. Der Gang durch die Installation wird vom Gesang des Künstlers begleitet, der russische Romanzen vorträgt. Doch wenn die Besucher die Quelle des Klangs finden, können sie ihre Enttäuschung kaum verbergen: Sie ist in einem Müllhaufen versteckt.

Roter Waggon, 1991

1989 emigrierte Kabakow nach Berlin, wo er Emilia Lekach kennenlernte; gemeinsam zog das Paar in die Vereinigten Staaten. Seitdem verfassten sie alle ihre Werke gemeinsam und signierten sie mit Ilja und Emilia Kabakow. Wenige Monate vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion präsentierte der Künstler in Düsseldorf seine Installation Roter Waggon, ein Statement zur Sowjetära. Die Besucher betraten eine konstruktivistische Treppe und fanden sich in einem Raum wieder, in dem sie zur Musik der 1930er und 1940er Jahre das Panorama eines idealen Landes mit Luftschiffen, Gebäuden und anderen Konstruktionen sehen konnten. Am Ausgang (man musste eine kaputte Treppe hinuntergehen) wurde man von Müll empfangen, der vom Bau des Waggons übrig geblieben war. Die Reise durch die Installation war eine Art „Spaziergang“ durch die Geschichte der UdSSR von ihren Anfängen bis zu ihrem Untergang. Einige Jahre später erhielt Ilja Kabakow für den Roten Waggon den Goldenen Löwen auf der Biennale von Venedig. Im Jahr 2011 schenkte der Künstler diese Installation dem Eremitage-Museum.

Toilette, 1992

Die 1990er Jahre waren eine Blütezeit für den Künstler: Kabakows Werke wurden in den wichtigsten Kunstforen und Museen gezeigt, darunter auf der Biennale von Venedig, im Centre Pompidou und im MoMA in New York. Er nahm auch an der berühmten Ausstellung Documenta in Kassel teil. Speziell für diese Ausstellung schuf der Künstler die Installation Toilette. Inmitten der idyllischen Stadt Kassel erschien ein typischer Betonbau mit den Buchstaben M und F – doch im Inneren befand sich eine Behausung mit einem Sofa und einem Teppich an der Wand, einem Sideboard und einem gedeckten Tisch. Aber sie erzählte nicht die Geschichte, wie die Sowjetmenschen gezwungen waren, in Toiletten zu hausen, sondern die Tatsache, dass ein Land, in dem das Gemeinschaftsleben mit den Höhenflügen der Seele kombiniert werden konnte, und seine Bewohner nicht mehr existiert.

Schiff der Toleranz, 2005 - heute

Eines der am längsten laufenden Projekte, das bereits um die halbe Welt gereist ist. Sein Ziel ist es, gegenseitigen Respekt zu lehren und das Niveau der Toleranz in der Welt zu erhöhen. An der Gestaltung der Installation sind stets Kinder beteiligt, mit denen mehrere Monate lang Diskussionsrunden über die Akzeptanz anderer Kulturen veranstaltet werden. Gleichzeitig fertigen sie Zeichnungen zum Thema an, die zu den Segeln des Schiffs werden. Das erste Projekt fand 2005 in der Oase Siwa in Ägypten statt, der Heimat des Berberstammes. Danach reiste das Schiff nach Italien, in die Schweiz, in die Vereinigten Arabischen Emirate, in die USA, nach Kuba und Russland.

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