Die 10 größten russischen Schriftsteller aller Zeiten (TEIL 2)

Kultur
ALEXANDRA GUSEWA
Die Werke dieser Autoren sind nicht nur Bestandteil des verbindlichen Literaturkanons an russischen Schulen, sie werden auch bis ins kleinste Detail gelesen und wieder gelesen und von mehreren Generationen von Kritikern und Verehrern gepriesen. Wer sind sie also?

Wir setzen unser Streiflicht über die wichtigsten russischen Romanciers und Dichter fort. Teil 1 können Sie hier nachlesen.

  1. Anton Tschechow (1860-1904)

„Die Kürze ist die Schwester des Talents“ ist Tschechows berühmtester Aphorismus. Und er war ein Meister der Kurzgeschichten, die manchmal sogar wirkungsvoller sind als manche großen Romane. Tschechow war der erste, der nicht das überhöhte Drama, sondern das Alltagsleben in den Blick nahm. Die Figuren in seinen Geschichten lösen sich oft in der Routine und den Umständen auf, ohne eigene Ambitionen zu haben (entdecken Sie hier zehn lesenswerte Kurzgeschichten von Tschechow).

Gleichzeitig war Tschechow ein brillanter Dramatiker und ist wahrscheinlich sogar am besten für seine Theaterstücke bekannt, die in der ganzen Welt aufgeführt werden. Er schrieb über das Aussterben des Adels als Klasse und drückte gleichzeitig das Gefühl aus, dass die Diener von gestern sich besser an das wirkliche Leben angepasst haben als die verwöhnten Aristokraten. Und irgendwie schien er die bolschewistische Revolution oder zumindest das Aufkommen der neuen Welt, die die alte ablösen sollte, vorauszuahnen (hier geht es zu den vier wichtigsten Bühnenstücke von Tschechow).

  1. Iwan Bunin (1870-1953)

Bunin war der erste russische Schriftsteller, dem der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde (1933). Sein Hauptkonkurrent um den Preis war damals der sowjetische Schriftsteller Maxim Gorki. Es war höchstwahrscheinlich eine politische Entscheidung des Nobelpreiskomitees, Bunin zu würdigen, der nach der bolschewistischen Revolution von 1917 aus Russland nach Frankreich ausgewandert war (den Wahnsinn dieser Zeit und das Chaos des Bürgerkriegs griff er in seinem autobiografischen Werk „Verfluchte Tage“ (Okajannyje dni) auf).

Die schwedische Akademie stellte fest, dass er „die Traditionen der russischen klassischen Prosa in Reinheit und mit Kunstfertigkeit fortsetzt und weiterentwickelt“. In diesem Sinne können wir Bunin als den letzten großen russischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts bezeichnen.

Er ging jedoch weiter als seine sehr realistischen Vorgänger. Bunin war weder tief psychologisch, noch entwickelte er Motive und eine detaillierte Handlung. Er benutzte Symbolismus, Halbtöne und Andeutungen und überließ ihre Entfaltung der Phantasie des Lesers. Seine Meisterwerke wie „Mitjas Liebe“ (Mitina ljubow) oder „Dunkle Alleen“ (Tjomnyje allei) sind sogar erotisch, ohne dass etwas Sexuelles im engeren Sinne beschrieben würde. Bunins klassische Novelle „Der Herr aus San Francisco“ (Gospodin is San Francisco) zeigt, wie selbst ein sehr wohlhabender und angesehener Mann dem Schicksal und den Umständen erliegt ... und wie nutzlos sein Geld nach seinem Tod ist.

  1. Wladimir Majakowski (1893-1930)

Das frühe 20. Jahrhundert war für die russische Poesie eine einzigartige Zeit, die eine ganze Generation talentierter Dichter hervorbrachte, die verschiedene Stile und Formen prägten (diese wurde das Silberne Zeitalter genannt). Und Wladimir Majakowski war selbst in diesem Umfeld herausragend. Er war ein revolutionärer Dichter, der mit den alten dichterischen „Gesetzen“, den alten klassischen Reimen und Rhythmen völlig brach. Er spielte meisterhaft mit den Sätzen und der Struktur und Form des Gedichts.

Majakowski war ein führendes Mitglied der futuristischen Bewegung. Er lobte die Revolution der Bolschewiki und machte sich den rebellischen Geist der neuen Zeit zu eigen. Er trug auch mit Slogans für Plakate und Werbung zur Propaganda bei.

Majakowski war ein sowjetischer Superstar, reiste auf Tourneen um die ganze Welt (und sogar in die USA, wo später seine Tochter geboren wurde, ohne dass er von ihr wusste). Und sein Privatleben war ein Spiegelbild seiner aufgeschlossenen Lyrik, denn er lebte mit seiner Muse Lilja Brik und ihrem ... Ehemann Osip Brik (der auch Majakowskis Verleger war) zusammen. 1930 beging Majakowski unter noch nicht ganz geklärten Umständen Selbstmord.

  1. Michail Bulgakow (1891-1940)

Michail Bulgakow ist ein Schriftsteller mit einem ungewöhnlich großen und vielseitigen Talent, und es ist manchmal schwer zu glauben, dass alle seine sehr unterschiedlichen Werke von ein und demselben Menschen (von Beruf Arzt) geschrieben wurden.

Er entwickelte sein schriftstellerisches Talent und seine Fähigkeiten, als er als junger Arzt während des Ersten Weltkriegs in einem abgelegenen Provinzdorf arbeitete, wie er in „Aufzeichnungen eines jungen Arztes“ (Sapiski junogo wratscha) beschreibt. Später war er Augenzeuge der turbulentesten Zeit - des Bürgerkriegs in Russland - und reflektierte diesen chaotischen Alptraum und das Sterben der alten Welt in seinem Roman „Weiße Garde“ (Belaja gwardija). Danach schrieb er halbfantastische Geschichten mit einer Mischung aus Wissenschaft, Medizin und Satire auf die sowjetische Realität, z. B. in „Hundeherz“ (Sobatschje serdze).

Und schließlich ist als sein Lebenswerk „Der Meister und Margarita“ zu nennen, ein Roman des magischen Realismus, in dem einerseits gezeigt wird, wie der Teufel das sowjetische Moskau besucht, und andererseits, wie Jesus die letzten Tage seines Lebens verbringt... Es wird angenommen, dass die weibliche Figur, die sich in eine Hexe verwandelt und einen Vertrag mit dem Teufel abschließt, ein reales Vorbild hatte; es war Bulgakows Frau selbst, die heimlich für den sowjetischen Geheimdienst gearbeitet haben soll.

  1. Boris Pasternak (1890-1960)

Boris Pasternak war zu seinen Lebzeiten vor allem als Dichter und Übersetzer von Gedichten bekannt. Doch dann schrieb er „Doktor Schiwago“, einen Roman, der seinem Schicksal eine neue Wendung verlieh und ein Meilenstein in der Weltliteratur wurde. In der UdSSR fiel er der Zensur zum Opfer, erstmals wurde er in Italien veröffentlicht (wobei die CIA daran beteiligt war und ihn als Propagandainstrument gegen den sowjetischen Staat einsetzte). Pasternak erhielt für diesen Roman den Literaturnobelpreis, erlitt aber dafür in der UdSSR solche Schikanen, dass er bald darauf starb... „Pasternak nicht lesen, sondern verurteilen“ eine Redewendung aus jener Zeit, in der der Irrsinn der damaligen Verhältnisse verdichtet zum Ausdruck kam.

Vordergründig beschrieb er in diesem Werk den Bürgerkrieg, aber im Grunde war es ein Roman über den Menschen, über Liebe und Tod, den Sinn des Lebens und das Universum selbst. Und absolut unangepasst in der Sowjetzeit, denn der Roman rückt die Bolschewiki nicht in ein gutes Licht, sondern zeigt, wie barbarisch sie agierten und wie sie das Leben vieler Menschen ruinierten.

Der Roman wurde in der UdSSR erstmals 1988 offiziell veröffentlicht und steht heute auf allen Leselisten von Schulen und Universitäten. Er gilt als einer der bedeutendsten Romane des 20. Jahrhunderts.

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