Das Zeichentrickfilm-StudioSojusdetmultfilm, später Sojusmultfilm, wurde 1936 gegründet, vermutlich auf Beschluss von Stalin selbst. Das erste Gebäude des Studios in Moskau war eine umgebaute Kirche. Anfangs ahmten die sowjetischen Animatoren unbewusst die legendären Disney-Filme technisch nach. Doch schon bald entwickelten sie ihre eigene künstlerische Sprache und viele technische Innovationen und schufen Animationsfilme, die von der Weltgemeinschaft anerkannt wurden und – was am wichtigsten ist – noch immer gerne von Erwachsenen und Kindern gesehen werden.
Das bucklige Pferdchen (1947)
Das magische Pferd kam in russischen Märchen oft vor und half Iwan dem Dummen, dem jüngsten und unglücklichsten dreier Brüder. Das Märchen des Autors Pjotr Jerschow basiert auf genau dieser Handlung. Iwan der Dumme trifft auf ein magisches Pferd, das fliegen kann. Es hilft Iwan bei seinen Abenteuern und rettet ihm sogar das Leben.
Selbst Disney liebte Iwan Iwanow-Wanos Zeichentrickfilm, der 1950 in Cannes einen Sonderpreis der Jury gewann. 1975 brachte der Regisseur eine aktualisierte Version des Zeichentrickfilms mit zusätzlichen Episoden heraus, die in der Fassung von 1947 noch nicht enthalten waren.
Die feuerrote Blume (1952)
Ein Kaufmann, der sich auf eine lange Reise begibt, fragt seine Töchter, was er mitbringen solle. Während die älteren Schwestern teure Geschenke auflisten, wünscht sich die jüngste Nastenka nur eine feuerrote Blume. Während eines Sturms gerät das Schiff des Kaufmanns auf eine seltsame Insel, auf der ein schreckliches Ungeheuer in einem Palast lebt…
Regisseur Lew Atamanow hat eine russische Version des Märchens Die Schöne und das Biest (nach Sergej Aksakows Die feuerrote Blume) gedreht. Dieser abendfüllende Film sollte den jungen Zuschauern nicht nur die volkstümliche Geschichte näher bringen, sondern auch das alte Russland zum Leben erwecken, indem er Jahrmärkte, Kremls aus weißen Steinen und russische Trachten zeigt.
Der Junge und Karlsson (1968).
Ein schwedischer Junge mit dem Spitznamen Malysch trifft auf einen ungewöhnlichen Mann mit einem Propeller, der viele Streiche spielt. Sie werden Freunde, aber der Junge bekommt wegen Karlssons Unfug „Ärger“. Der Freund lässt den Jungen jedoch nicht im Stich, auch wenn dessen Eltern nicht an seine Existenz glauben.
Der beliebte Zeichentrickfilm trug dazu bei, dass die schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren zu einer der beliebtesten Autorinnen der sowjetischen Kinder wurde. Der Regisseur Boris Stepanzew schenkte der Welt einen überaus charmanten Karlsson, der auf einem Motorrad fliegt und zusammen mit seinem Freund Malysch Marmelade isst.
Im Russischen wurde Karlsson übrigens von dem Schauspieler Wassilij Liwanow gesprochen, der durch seine Rolle als Sherlock Holmes in den 1980er Jahren bekannt wurde, für die er mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet wurde.
Pu der Bär (1969)
Die Geschichte von Pu dem Bären aus dem berühmten Märchen Winnie-the-Pooh von Alan Milne ist allen bekannt. Sie wurde von Boris Sachodér ins Russische übersetzt. Der sowjetische Zeichentrickfilm basiert auf ihr.
In Fjodor Chitruks Zeichentrickfilm gibt es keinen Tigger, keine Kanga und kein Roo und selbst Christopher Robin kommt in der Geschichte nicht vor, dafür aber gibt es einen einzigartiger Pu, der von dem Schauspieler Jewgenij Leonow gesprochen wird. Drei Folgen wurden über die Abenteuer von Winnie und seine rührende Freundschaft mit Ferkel gedreht: Pu der Bär (1969), Pu der Bär macht einen Besuch (1971) und Pu der Bär und der Tag der Sorgen (1972). Wie viele andere sowjetische Zeichentrickfilme wurde auch dieser eine Quelle beliebter Zitate und geflügelter Worte.
Filmreihe Tscheburaschka (1960-80er Jahre)
Krokodil Gena geht zur Arbeit in den Zoo, wo er als... ein Krokodil arbeitet. Und am Abend sitzt er einsam zu Hause. Also beschließt er, sich Freunde zu suchen. In einer orangefarbenen Kiste befindet sich ein unbekanntes Wesen mit großen Ohren – Tscheburaschka. Die beiden freunden sich an und stellen sich gemeinsam den gehässigen Streichen der bösen alten Frau Schapokljak entgegen.
Die Geschichte von Tscheburaschka und Gena, die auf dem Buch Das Krokodil Gena und seine Freunde von Eduard Uspenskij basiert, wurde von Roman Kachanow animiert. Insgesamt wurden vier Filme gedreht: Gena das Krokodil (1969), Tscheburaschka (1971), Schapokljak (1974) und Tscheburaschka geht zur Schule (1983).
Die Figuren wurden populär und fanden zahlreiche Widerspiegelungen in der Popkultur.
Es ist kein Zufall, dass der Film Tscheburaschka (2022) mit einem Einspielergebnis von fast 7 Milliarden Rubel (ca. 76 Millionen Euro) der erfolgreichste Film in der russischen Kinogeschichte wurde. Auch in Japan war das Publikum sehr angetan von dem großohrigen Tier, so dass es sogar Remakes gab: einen Spielfilm und eine Fernsehserie.
Der Igel im Nebel (1975)
Es scheint eine einfache Geschichte zu sein, in der der Igel ein Bärenjunges besuchen will, sich aber im Nebel verirrt und in einer magischen Welt landet. Doch Juri Norstein setzte die literarische Vorlage von Sergej Koslow so großartig in einen Animationsfilm um, das dieser auf mehreren Filmfestivals Preise gewann.
Die Figuren sprechen sehr wenig, und ihre Dialoge sind eher lakonisch, wie für sehr kleine Kinder, aber der philosophische Subtext ist so stark, dass er als Zeichentrickfilm für Erwachsene gilt.
Um eine künstlerische Wirkung zu erzielen, verwendete Norstein in seinem Werk ein eigenes Verfahren: Aufnahmen auf gestaffelten Glasscheiben. Auf diese Weise wurde sowohl der gewünschte Nebel als auch ein 3D-Effekt erzielt.
Die drei aus Prostokwaschino (1978)
Onkel Fjodor ist ein kleiner, aber ungemein unabhängiger und kluger Junge. Eines Tages lernt er eine streunende Katze namens Matroskin kennen und bringt sie mit nach Hause, aber seine Eltern sind gegen das neue Familienmitglied. Also hinterlassen Onkel Fjodor und Matroskin, die Katze, eine Nachricht und gehen in das Dorf Prostokwaschino. Dort treffen sie den Hund Scharik, ziehen zusammen in ein leerstehendes Haus und beginnen, gemeinsam einen Haushalt zu führen.
Der Zeichentrickfilm basiert auf der Geschichte Onkel Fjodor, der Hund und die Katze von Eduard Uspenskij und wurde zu einer beliebten Quelle von Zitaten, während die Katze Matroskin, gesprochen von dem Schauspieler Oleg Tabakow zum Liebling des Publikums wurde.
Das Werk von Regisseur Wladimir Popow wurde so populär, dass zwei Fortsetzungen, Urlaub in Prostokwaschino (1980) und Winter in Prostokwaschino (1984), gedreht wurden. In den 2010er Jahren war eine ganze Serie über Onkel Fjodor geplant, aber aufgrund eines Rechtsstreits wurde nur eine Serie, Prostokwaschino (2018), veröffentlicht.