Die „Sieben Schwestern“: Das Hotel „Leningradskaja“ – das meistgehasste von Stalins Hochhäusern

Legion Media
Das Gebäude gehört heute zum kulturellen Erbe der russischen Hauptstadt – aber das war nicht immer so. Schon während des Baus war das Projekt einer Flut von Kritik ausgesetzt.

Adresse: Kalantschjowskaja-Straße 21/40

Baujahre: 1949-1953

Was befindet sich dort?: Hotel Leningradskaja

Wie wurde es errichtet?

Der Grundstein für das Hotel wurde am selben Tag wie für die anderen Stalin-Hochhäuser gelegt – am 7. September 1947, mitten in den Feierlichkeiten zum 800-jährigen Bestehen Moskaus. Die aktive Bauphase begann aber erst zwei Jahre später.

Die Autoren und Architekten des Projekts, Leonid Poljakow und Alexander Borezkij, verbrachten einige Zeit damit, das Problem des schwachen Moskauer Bodens, auf dem sie bauten, zu lösen. Unter dem Gelände flossen buchstäblich zwei Flüsse – die Rybinka und die Tschetschera. Um das Problem zu lösen, entschied man sich für die Verwendung von Gusseisensäulen. Es bestand jedoch immer noch die Gefahr, dass das Gebäude aufgrund seines hohen Gewichts im Boden versinken könnte. Deshalb war dieses Hochhaus das niedrigste von allen – nur 139 Meter (einschließlich der Turmspitze).

Leonid Poljakow und Alexander Borezkij

Seinen Namen erhielt das Hotel aufgrund seiner Nähe zum Leningrader Bahnhof. Es öffnete seine Türen im Jahr 1953.

Wofür ist es bemerkenswert?

Stalin war ein Bewunderer der gotischen und klassischen Architektur und wollte daher, dass sowjetische Architekten gotische Eleganz und Pracht des Barocks mit dem sowjetischen Monumentalismus verbinden.

Diese Mischung der Architekturstile wurde später als Stalinistischer Empire-Stil oder Stalinistischer Neoklassizismus bezeichnet. Sämtliche Merkmale wurden bei der Gestaltung aller Gebäude der Sieben Schwestern in Moskau verwendet.

Das Hotel Leningradskaja unterschied sich jedoch ein wenig von seinen „Geschwistern“. Seine Innenräume erinnern an mittelalterliche russische Architektur. So ähnelt das Vestibül einer Altarnische, der Haupteingang einem traditionellen Terem-Vorbau und die rot-weiß-goldene Farbgebung der Wände ist ebenfalls ein Verweis auf die altrussische Architektur.

Eines der interessanten Details sind die Kronleuchter – sie wurden im Stil von Kathedralen-Lüster mit einer Vielzahl von Kerzen angefertigt. Solche großen Leuchter konnte man früher in den russisch-othodoxen Kirchen und Kathedralen sehen. Einer davon, an der rechten Haupttreppe, erreicht eine Höhe von 15,5 Metern und nimmt fast den gesamten Raum zwischen dem 2. und 7. Geschossen ein. Zum Zeitpunkt der Installation war dieser Bronze-Kronleuchter der höchste der Welt und wurde sogar mit einem Guinness-Weltrekord ausgezeichnet.

Ursprünglich gab es in dem Hotel 349 Zimmer. Nach dem Umbau im Jahr 2008 wurde die Zahl auf 273 reduziert. Das Gebäude verfügte über eine zentrale Klimatisierung. Das war damals eine Neuheit und ein Luxus für jedes Gebäude der damaligen Zeit. Außerdem gab es einen Luftschutzbunker, der, wie bei allen anderen Sieben Schwestern, nie benutzt wurde. Er wurde schließlich in einen Schönheitssalon und ein SPA-Zentrum mit einem großen Swimmingpool umgewandelt.

Zurzeit ist die Hilton-Kette Eigentümer des Leningradskajas. Nachdem russische Behörden die Anteile des Hotels 2008 aufgekauft hatten, wurden umfangreiche Arbeiten durchgeführt, um dem Hotel seinen früheren Glanz zurückzugeben.

Zurzeit ist die Hilton-Kette Eigentümer von Leningradskaja. Nachdem sie die Anteile des
Hotels 2008 den russischen Behörden abgekauft hatte, wurden umfangreiche Arbeiten
durchgeführt, um dem Hotel seinen früheren Glanz zurückzugeben.

Warum war das Hochhaus bei den sowjetischen Behörden so unbeliebt?

Nikita Chruschtschow, der nach dem Tod Stalins an die Macht kam, mochte keine von Stalins Sieben Schwestern, da er sie als Symbol für Verschwendung und Prunk hielt. Er unterstützte die Flachbauweise: In Russland gibt es viel Land, so braucht man es nicht zu sparen und Hochhäuser zu errichten, man kann einfach und billig bauen. Die berühmten Chruschtschowki – billige Plattenbauten – wurden in den 1960er Jahren zum Symbol des Funktionalismus.

Das Gebäude erwies sich als zu teuer, und Chruschtschow beschloss, die Schuld daran nicht Stalin, sondern den Architekten zu geben.

Um zu verhindern, dass das Gebäude durch die unterirdischen Flüsse zum Einsturz gebracht wird, wurde das Gebäudefundament mit besonderer Sorgfalt verstärkt.

Das führte dazu, dass der Stahlverbrauch pro 1 Kubikmeter des Gebäudes 39 kg erreichte – ein Drittel mehr als bei den anderen stalinistischen Hochhäusern. Chruschtschow war über diesen „Überverbrauch“ des knappen Metalls so verärgert, dass er den beiden Architekten den Stalinpreis entzog.

In den 1960er Jahren stand das Hotel lange Zeit in der Kritik. Erst 1978 wurde das Leningradskaja als Kulturerbe anerkannt.

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