Lebendige Pflanzen auf dem Demidow-Anwesen
Prokofij Demidow, Sohn eines wohlhabenden Industriellen und Bergbaumagnaten aus dem Ural, war im Russland des 18. Jahrhunderts ein bekannter Exzentriker und Pflanzenexperte. Auf seinem Anwesen im heutigen Neskuschni-Garten züchtete er zahlreiche exotische Gewürze und Pflanzen. In der Mitte des Anwesens errichtete er klassische Statuen aus Blumen.
Die ungewöhnlichen Kunstwerke faszinierten die Moskauer Gärtnerinnen so sehr, dass sie versuchten, diese zu stehlen. Um diesem Ansinnen ein Ende zu setzen, ließ sich Demidow eine ungewöhnliche Lösung einfallen: Er engagierte nackte Männer, die er mithilfe von Mehl als Statuen verkleidete. Diese ersetzten dann die echten und erschraken die Diebinnen. Man sagt, dass seit dem nie wieder Pflanzen aus dem Park gestohlen wurden.
Slawjanski-Basar: Der Geburtsort des modernen russischen Theaters
Das Restaurant „Slawjanski-Basar“ lag nur fünfhundert Meter vom Kreml entfernt auf der Nikolskaya-Straße. Im Sommer 1897 trafen sich hier die beiden Theaterlegenden Konstantin Stanislawski und Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko zum Frühstück. Nachdem man das Restaurant verließ, redete man in Stanislawskis Datscha weiter. Insgesamt dauerte das Gespräch fast 18 Stunden.
In den Diskussionen ging es vor allem um die Prinzipien, nach denen sich ein neues Theater (ein Jahr später eröffneten die beiden das MKhAT) richten sollte. Es sollte für das Volk sein und sich von bisher bekannten Formen einer Bühne unterscheiden.
„Nicht einmal beim Völkerbund wird so detailgetreu diskutiert, wie wir damals die Merkmale unseres Projekts diskutierten“, erinnerte sich Stanislawski später. Der Ort dieser wichtigen Zusammenkunft überlebte leider nicht, das Slawjanski-Basar-Restaurant wurde in den frühen 1990er Jahren geschlossen.
Eine Liebesbeziehung am Zarenhof
Der erste Zar aus dem Hause Romanow (Michail) bestieg den Thron im Jahre 1613, blieb aber zunächst unverheiratet. Erst 1624 fand er eine Ehefrau, die aber wenige Monate später ums Leben kam. Um eine neue Angetraute für das Staatsoberhaupt zu finden, organisierte man eine Brautschau. Dutzende Schönheiten aus dem ganzen Land wurden zum Kreml gekarrt, doch Mikhail gefiel es nicht, wie viel Make-Up die Damen trugen.
In der Nacht ging der Zar heimlich durch die Reihen der Schönheiten, um sie auch ungeschminkt sehen zu können. Eine der Damen, ihr Name war Eudoxia Streschnewa, beeindruckte ihn ganz besonders. Sie war allerdings keine Bewerberin, sondern bloß eine mitgereiste Freundin, die außerdem „nur“ dem armen Landadel angehörte, was der Familie des Zaren überhaupt nicht gefiel. Trotzdem heiratete Michail seine Eudoxia und sie blieben fast 20 Jahre lang zusammen.
Wein und Liebe auf der Petrowka-Straße
Der Weinladen des Camille Deprez auf der Petrowka-Straße in der Moskauer Innenstadt war im 19. Jahrhundert sehr bekannt. Sogar der berühmte Revolutionär Alexander Herzen erwähnte den Laden in seinem Buch „Meine Erinnerungen und Gedanken“. „Wein kauften wir natürlich auf der Petrowka-Straße bei Deprez“, schrieb Herzen. Auch der Schriftsteller Anton Tschechow war ein Freund des Ladens, in einem seiner Werke hob er den Benediktinerlikör von Deprez hervor und natürlich verzichtete auch der Zarenhof nicht auf die Weine aus dem berühmten Laden.
Dabei begann das Geschäft eigentlich als Liebesgeschichte. Der napoleonische Soldat Camille Deprez wurde in Borodino verwundet und verliebte sich in eine russische Krankenschwester. Sobald sie ihn gesund gepflegt hatte, heirateten sie und Deprez eröffnete im Haus ihrer Eltern seinen ersten Weinladen.
Liebe im Haus des Teehändlers
Der Teehändler David Visotski und seine Tochter Ida spielten eine wichtige Rolle im Leben des bekannten Poeten Boris Pasternak. Gemeinsam mit seinem Vater, einem Maler, kam der junge Pasternak häufig in das Haus der Visotskis auf der Ogorodnja Sloboda-Straße, wo sein Vater Ida Malunterricht gab.
Pasternak interessierte sich hingegen mehr für Ida selbst als für die Malstunden seines Vaters und machte ihr drei Jahre später im hessischen Marburg einen Heiratsantrag. Ida lehnte ab, was Pasternak zutiefst verletzte. Dadurch, dass er versuchte, sein gebrochenes Herz mit Poesie zu überwinden, wurde Pasternak fortan noch produktiver.