Russlands Bevölkerung schrumpft, die Regierung steuert dagegen

Alexej Malgawko/Sputnik
Wieso geht die Bevölkerungszahl in Russland zurück und wie viele Russen wird es im Jahr 2050 geben?

Nach den letzten demografischen Erhebungen wird die Einwohnerzahl in Russland bis zum Jahr 2050 voraussichtlich um zehn Prozent schrumpfen. Dies gilt als „optimistische“ Vorhersage, der tatsächliche Rückgang könnte weitaus dramatischer sein. Werden in Russland bald weniger Menschen leben als zum Beispiel in Großbritannien?   

Auf dem Gaidar-Forum wurde eine Studie präsentiert, die von einer Einwohnerzahl von 137 Millionen im Jahr 2050 ausgeht. Das Gaidar-Forum ist eine große Zusammenkunft von Experten und wurde nach dem Führer der ersten postsowjetischen Regierung benannt.

Tatsächlich ist Russlands Bevölkerung bereits zum zweiten Mal in Folge geschrumpft. In einem Zehnmonatszeitraum 2018 überstieg die Zahl der Sterbefälle erstmals die der Geburten um 180 000 (Vorjahr: 115 000). Das steht im Gegensatz zum Bevölkerungswachstum der vorhergehenden Jahre.

Nun hat sich also das Blatt gewendet. In ihrer jüngsten demografischen Erhebung behaupten die Autoren, dass Russland gar nicht anders könne als zu schrumpfen. „Die Zahl der Geburten geht aufgrund der bestehenden Altersstruktur zurück. Selbst wenn die Geburtenrate bei herausragenden zwei Kindern pro Frau liegen würde, würde die Zahl der Geburten zurückgehen, was daran liegt, dass das Potential zum Bevölkerungswachstum geringer wird“, erklärt Sergej Scherbow, Leiter der Projektgruppe.

Das Problem der Altersstruktur betrifft nämlich vor allem Frauen im gebärfähigen Alter (15-49 Jahre). Ihre Zahl erreichte im vergangenen Jahrzehnt ihr Maximum, doch vor einigen Jahren ging sie wieder zurück, wie der Demograf und Wirtschaftswissenschaftler Michail Denisenko in einer Schrift der Carnegie Stiftung (rus) zeigt.

Die Ursachen liegen in den 1990er Jahren. Angesichts der radikalen Wirtschaftsreformen der Gaidar-Regierung hatten die Russen es mit der Fortpflanzung nicht eilig. 1993 ging die Zahl der Neugeborenen verglichen mit den späten 80er Jahren deutlich zurück. 1990 kamen in Russland 1,9 Millionen Kinder zur Welt, 1997 waren es nur noch 1,2 Millionen, sagt (rus) Andrej Korotaew  von der Hochschule für Wirtschaft. Und da auch die Zahl der potentiellen Mütter rückläufig ist, wird der Trend nicht aufzuhalten sein.  

Wird der Staat gegensteuern?

Wenn man auch nicht die Zahl der gebärfähigen Frauen erhöhen kann, so kann man dennoch Anreize schaffen, dass sie mehr Kinder bekommen. Aktuell liegt die Geburtenrate bei 1,62 Kindern pro Frau, das ist vergleichbar mit anderen Industrieländern. Angestrebt wird eine Geburtenrate von 1,7. Das ist nicht so einfach. Der Staat könnte hier Anreize schaffen. Kürzlich wurde ein besonderes Projekt namens „Demografie“ vorgestellt, dessen Budget bei mehr als 35 Millionen Euro liegen soll. Es scheint eine Fortsetzung der staatlichen Programme der mittleren 2000 Jahre zu sein. 2007 zum Beispiel wurde eine Geburtenprämie eingeführt.

Diese hatte zu steigenden Geburtenraten geführt. Die Weiterführung solcher Maßnahmen gilt daher als wichtiges Mittel zur Verbesserung der demografischen Lage. Doch um die Geburtenrate auf 1,9 bis 2 zu steigern, was notwendig wäre, um die gegenwärtige Bevölkerungszahl von 146 Millionen langfristig zu halten, seien weitere Maßnahmen erforderlich. Dazu müssten Investitionen getätigt werden, die vergleichbar sind mit denen für das gesamte „Demografie“-Projekt, sagen die Wissenschaftler.

Ist Migration eine Lösung?

Neben einer Steigerung der Geburtenrate könnte eine Verbesserung der Lebenserwartung eine Lösung sein im Kampf gegen schrumpfende Bevölkerungszahlen. Diese ist in Russland in den letzten Jahren bemerkenswert gestiegen, wenn auch die Ausgangszahl niedrig war. Lag die Lebenserwartung 2003 noch bei 65, ist sie inzwischen auf 73 Jahre gestiegen. In fünf Jahren soll sie bei 78 Jahren liegen. Zumindest ist dies das Ziel (rus) von Wladimir Putin.  In der beim Gaidar-Forum vorgestellten Studie wird die zukünftige Lebenserwartung im Jahr 2050 auf 80 Jahre geschätzt.

Die Entwicklung der Bevölkerungszahl Russlands hängt neben der angestrebten Geburtenrate von 1,7 und einer steigenden Lebenserwartung aber auch weiter in hohem Maße von der Einwanderung ab. Sechs Millionen der im Jahr 2050 erwarteten 137 Millionen Einwohner werden Migranten sein.

>>> Warum ist die russische Bevölkerung relativ klein und rückläufig?

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