Der Nigerianer Mark Babatunde hätte vermutlich nie geglaubt, dass er mal in einer russischen Kleinstadt mit weniger als zehn Tausend Einwohnern leben würde. Er fürchtete Einheimische, die rohes Fleisch essen, und Temperaturen von bis zu minus 50 Grad. Trotzdem ließ er sich hier nieder, fand eine Anstellung als Lehrer und betreibt einen Youtube-Kanal über sein Leben in Jakutien.
Mark traf seine zukünftige Ehefrau 2004, während seines Studiums in China. Sie kam aus der Republik Sacha im Fernen Osten Russlands. Die Region ist berühmt für die niedrigsten Temperaturen der nördlichen Hemisphäre.
2014, nach zehn Jahren Ehe und mit zwei Kindern zog Mark zum Rest seiner Familie nach Jakutien. Seine Frau wollte, dass die Kinder in ihrer Muttersprache Russisch unterrichtet werden. Die Geburtsregion seiner Frau war für Mark natürlich fremd. Er wusste nicht, was ihn erwartete.
„Ich war neugierig, nervös und ein bisschen ängstlich. Ich befürchtete, dass man mich nicht akzeptieren würde“, erzählt er. Doch es kam ganz anders. Obwohl er als dunkelhäutiger Mann ein absoluter Exot in diesem Teil Russlands ist, wurde er herzlich aufgenommen. Gleich als er in der Stadt ankam, nahmen ihn Einheimische zum Angeln mit. „Es war anders als ich es erwartet habe. Es war sehr schön”, erinnert er sich.
Eine Einladung in einen lokalen Englisch-Club kam ebenfalls schnell.
“Sie luden mich zu einem Seminar ein, weil Englisch in Nigeria Amtssprache ist.“ Durch puren Zufall lernte Mark so den Direktor einer nahegelegenen Schule kennen. Sie unterhielten sich und der Schuldirektor lud Mark ein, sich die Bildungseinrichtung einmal anzugucken.
Wenig später fragte die Schule ihn, ob er Interesse hätte, hier als Chinesischlehrer zu arbeiten. Mark nahm das Angebot an.
„Ich hätte nie erwartet, dass mich jemand hier bitten würde, Chinesisch zu unterrichten.“
Die Beziehung zwischen dem Nigerianer und den Schülern ist gut. „Die meisten meiner Schüler waren noch nie außerhalb der Region. Sie interessieren sich sehr für China, Nigeria und andere Länder“, erzählt Mark, der sein Bestes gibt, um den jakutischen Kindern andere Länder und Kulturen näherzubringen.
„Meine Schüler sind sehr intelligent, kultiviert und haben gute Manieren. Die Beziehung ist fast so wie wenn es meine eigenen Kinder wären.“
Einige Dinge in Russland überraschten Babatunde aber doch. „Die Art wie die Häuser gebaut sind (aufgrund der Kälte werden Häuser in Sibirien oft auf Stelzen gebaut) und das Essen. Hier isst man rohes Fleisch. Ich weiß nicht, ob ich mich je daran gewöhnen werde“, berichtet Mark lachend.
Die extrem niedrigen Temperaturen beeindruckten Mark dagegen deutlich weniger. „Ich konnte mich schon in China an Kälte gewöhnen“, sagt er. „Minus 50 Grad sind natürlich trotzdem kein Witz. Man muss die Temperaturen ernstnehmen, lernen das Wetter zu verstehen und sich dann entsprechend kleiden.“
Marks Faszination für seine neue Heimat brachte ihn dazu, einen Youtube-Kanal einzurichten, wo er sich als den „nördlichsten Afrikaner der Welt“ bezeichnet. Das mag tatsächlich stimmen. Das einzige Video, das er bisher hochgeladen hat, zeigt, wie er in einem dicken Wintermantel durch eine verschneite Landschaft wandert. Trotz aller Aufmerksamkeit, die er dafür von den russischen Medien bekam, war der Grund für das Video eher persönlich.
"Wenn man versucht, den Leuten von Jakutien zu erzählen, werden sie es nicht verstehen. Wenn man sagt, dass es minus 50 Grad Celsius kalt ist, dann werden sie es nicht verstehen, solange sie es nicht mit eigenen Augen sehen“, behauptet Babatunde.
“Ich wollte einfach irgendetwas Kleines machen. Ich weiß nicht, wie lange ich hierbleibe und möchte die Erinnerungen festhalten.“
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