Woraus trinken die Russen eigentlich ihren Wodka? – Fünf typische Trinkgefäße

Legion Media
Warum sollte man Wodka aus klassischen Schnapsgläsern trinken, wenn es so viele andere Möglichkeiten gibt, Russlands Lieblingsalkohol zu konsumieren?

1. Stopka oder Rjumka – Schnapsglas – 50 Milliliter  

Eine Stopka (auch Rjumka genannt) ist das kleinste Gefäß für alkoholische Getränke und wird normalerweise für Hochprozentiges genutzt. In vielen Bars und Restaurants werden amerikanische Schnapsgläser verwendet, die etwa 45 Milliliter fassen. Die russischen Stopkas fassen dagegen etwa 50 Milliliter. Vor der Einführung des metrischen Systems in Russland 1899 war die größte Maßeinheit der Wedro (dt.: Eimer, 12,3 Liter). Die kleinste Maßeinheit wurde Schkalik genannt und entsprach etwa 61 Millilitern.

Nur ein Rjumka Wodka auf dem Tisch,

hinter dem Fenster pfeift der Wind.

Die Schreie dieses jungen Mondes,

lassen einen leisen Schmerz in mir aufkommen.

- „Ein Rjumka Wodka auf dem Tisch“ (Musik und Text bei E. Grigorjew, gesungen von Grigorij Leps).

Dieses von Grigorij Leps gesungene Lied ist in Russland einer der beliebtesten Soundtracks fürs Wodkatrinken.

2. Stakan – Glas – 0,25 Liter

In der Sowjetunion trank man traditionell aus Gläsern, selbst auf der Straße oder im Wald. Aus der Flasche zu trinken wurde als unfein angesehen, weswegen viele Leute ihre Gläser mitnahmen.

Das Word stakan kommt aus dem Alttürkischen und kam im Mittelalter, vermutlich durch die Tataren, nach Russland. Das klassische sowjetische Glas wurde 1943 von der Bildhauerin Wera Muchina entworfen.

Wir tranken und prosteten uns unter dem Tisch zu. „Wir geben besser die Gläser zurück“, sagte ich. Bykower antwortete: “Wir brauchen sie aber eventuell später noch“ (Sergej Dowlatow, “Der Kompromiss”).

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3. Tschekuschka – 0,25 Liter

Eine 0,25-Liter-Flasche wurde in der Sowjetunion Tschekuschka genannt und von den Arbeitern des Landes gerne als Feierabenddrink getrunken. Diese Art Flasche konnte problemlos in einer Tasche oder einem Koffer vor dem Chef versteckt werden.

“Gehen sie in die Dörfer. Der alte Timocha ist der einzige, der noch weiß, wie man mit einem Pferd arbeitet. Wie man säht, haben sie ebenfalls längst vergessen. Sie können nicht mal mehr ein einfaches Brot backen. Jeder Bauer würde sein Land sofort für eine Tschekuschka eintauschen. Und erst recht für eine Pollitra“ (Sergej Dowlatow, „Puschkinhügel“).

4. Pollitra – 0,5 Liter

Der Name pollitra heißt so viel wie „ein halber Liter“ – und genau das ist auch der Inhalt einer solchen Flasche. Zu Sowjetzeiten war dies die größte Flasche Wodka, die in den Läden gekauft werden konnte. Vor der Revolution waren es noch etwa 1,2 Liter, genannt Schtof.  

Die heute bekannten Wodkaflaschen sind ebenfalls Pollitras.

Zu Sowjetzeiten war Wodka auch eine Art Währung. Während eines Notstandes, bekam man eigentlich alles für ein paar Flaschen Wodka.

„Semjon Petrowitsch erzählte mir, wie er zu seiner Elektrosäge gekommen ist, denn man kann sie nirgendwo kaufen. Er hatte einen Freund in einer Sägefabrik. Also gab er ihm zwei Pollitras und sechs geräucherte Würstchen. Im Gegenzug stellte sein Freund eine Säge für ihn her“ (Wladimir Sorokin, “Norma”).

5. Wein- bzw. Portweinflasche – 0,75 Liter

Die 0,75-Liter-Flasche wird nach wie vor hauptsächlich für Wein genutzt. Doch die sowjetische Weinkultur war bescheiden. Aufgrund der niedrigen Qualität der sowjetischen Weine wurde die 0,75-Liter-Flasche eher skeptisch gesehen. Man nannte sie “Ognetuschitel” (Feuerlöscher), weil sie genug Alkohol enthielt, um einen Kater mit neuem Alkohol abzuschwächen.

Dies galt besonders für Portwein. Sowjetischer Portwein hat dabei nur wenig mit dem portugiesischen Original zu tun. Stattdessen wurde er bevorzugt von Alkoholikern getrunken, die möglichst schnell und günstig betrunken werden wollten.

Wir waren ein Herz und eine Seele. Streitigkeiten gab es unter uns nicht. Wenn jemand Portwein trinken wollte, stand er auf und sagte: „Jungs, ich will Portwein trinken.“ Die Anderen antworteten: “Gut, trink Portwein! Wir trinken dann auch Portwein” (Wenedikt Jerofejew, “Moskau-Petuschki“).

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