Schön, aber schwer: Was braucht es, um Russisch zu lernen?

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BENJAMIN DAVIS
Ein Amerikaner, der seit drei Jahren in Russland lebt, kämpft immer noch mit der russischen Sprache. Er hat Russen gefragt, warum diese Sprache so schwierig ist.

Der Versuch, Russisch zu sprechen, fühlt sich an, als würde man sich in einem Raum voller Menschen aufhalten, die man zwar alle schon einmal gesehen hat, an deren Namen man sich jedoch nicht erinnert.

Ich lebe in der ständigen Angst, ich müsste in eine sprachgesteuerte Zeitmaschine einsteigen und dort auf Russisch 1953 eingeben, um die Welt zu retten. Ich bin sicher, dass ich nicht im Jahr 1953 sondern 21, 223 oder 347 Jahre später in der Zukunft oder Vergangenheit landen würde. Mit anderen Worten: Russisch ist schwer. Viele halten es für eine der am schwersten zu lernenden Sprachen der Welt.  

Kyrillisch

Was das kyrillische Alphabet so frustrierend macht, ist, dass viele der Buchstaben uns zunächst vertraut sind. Ein „M" ist ein „M", ein „A" ist ein „A", ein „T" ein „T" usw. Das hört sich gut an, bis Sie zum „P” kommen, was eigentlich ein  „R" ist und zum „B”, was eigentlich ein „W" ist. Dann werfen Sie Ihr Lehrbuch aus dem Fenster.

Das Erlernen des Kyrillischen hat etwas von einer anderen Welt. Ehemals Vertraute sind nun plötzlich Feinde. Sie versuchen zu überleben. Sie wissen nicht mehr, wem Sie noch trauen können. Nehmen wir einmal an, Sie haben es geschafft und sind nicht wahnsinnig geworden. Sie kennen den Unterschied von „Ь“ und „Ъ” und haben sogar gelernt „ы” auszusprechen, ohne dass es peinlich klingt.

Doch dann… dann sind da noch die Geschlechter. 

>>> Vier Gründe, warum Russen das kyrillische Alphabet verwenden

Das grammatische Geschlecht 

Eine Russischlehrerin hat für mich ihre Klasse ausländischer Studenten gefragt, was für sie beim Russischlernen am schwersten ist. Die Antwort lautete: das grammatische Geschlecht.

“Im Russischen gibt es drei Geschlechter. Die ersten beiden kennt man auch in den romanischen Sprachen, es ist nicht weiter schwierig. Doch das Neutrum ändert alles und stiftet Verwirrung. Viele meiner Schüler verstehen nicht, wozu es das gibt. Sie müssen sich zudem nicht nur um das Genus der Substantive kümmern, sondern auch um das von Adjektiven und Verben. Zudem ändert sich die Endung je nachdem, ob ein Mann oder eine Frau spricht oder ob zu einem Mann oder einer Frau gesprochen wird oder wenn über einen Gegenstand gesprochen wird, der einem Mann oder einer Frau gehört”, versucht sie zu erklären. 

Das alles wird aber noch viel komplizierter, wenn die Fälle dazu kommen. 

Ein Fall für die Grammatik 

In Russland gibt es nicht nur vier Fälle wie im Deutschen, sondern gleich sieben. Die Endung eines Substantivs muss basierend auf Genus und Gebrauch im Satz angepasst werden, ebenso das Adjektiv. 

Wenn Sie diese ersten Hürden gemeistert haben, sind Sie auf dem besten Wege, die russische Sprache zu beherrschen.

Wenn Sie tiefer und tiefer in das Labyrinth eintauchen, werden Sie irgendwann feststellen, dass das, was früher frustrierend war, auch Spaß machen kann. Russisch ist sehr schwer und zugleich sehr schön. Sie können vieles auf eine ganz andere Weise ausdrücken können. Und wenn sie gerne fluchen, dann werden Sie Russisch wirklich lieben. 

Was Russen dazu sagen: 

Ulia, Russischlehrerin:

„Es gibt im Russischen buchstäblich keine Regel ohne Ausnahme. Wenn ich meinen Studenten eine neue Regel erkläre, fragen sie immer, wo das ‘Aber’ bleibt.” 

Alexander über das Fluchen: 

Ah ja, das Fluchen. Darüber kann man viel lesen. Um es zusammenzufassen: Mit einigen Schimpfwörtern lässt sich im Russischen und anderen osteuropäischen Sprachen alles Mögliche ausdrücken. Das kann etwas Gutes, Schlechtes, Erstaunliches sein, es können damit Prozesse, Qualitäten, Zustände der Materie und des Geistes oder allgemeine Handlungen gemeint sein. So wie die Engländer für alles und jedes nur „f*ck” verwenden und die Franzosen „putaine”, haben wir viele verschiedene Worte, um uns auszudrücken.”  

Nadja:

„Sie müssen sich mit kyrillischer Schrift, geschlechtsspezifischen Substantiven (auch in Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch üblich), geschlechtsspezifischen Adjektiven und Verben (in der Vergangenheitsform), sieben Fällen eines Substantivs, vielen Präfixen und Suffixen zur Vermittlung von Bedeutungsnuancen beschäftigen und zudem mit - was auch viele Muttersprachler nicht verstehen – Zeichensetzung. Die Kommasetzung kann die Bedeutung völlig verändern.

Abhängig davon wo Sie zum Beispiel in dem Satz „Казнить нельзя помиловать“ ein Komma setzen, kann dieser bedeuten: „Hinrichten, kein Erbarmen” oder aber auch  „Nicht hinrichten, hab’ Erbarmen”. Durch ein Komma kann sich die Bedeutung ins Gegenteil wandeln.“

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