Über Maxims Schicksal wurde auf allen nationalen Fernsehkanälen berichtet. Es geschah am 31. März 2011. Der 18 Monate alte Junge aus Blagoweschtschensk verlor an diesem Tag seine Beine und seine Familie, die ihn einfach im Stich ließ. Die Tragödie löste in Russland eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Maxim war seitdem immer im Blickfeld der Medien, was sehr ungewöhnlich ist. Meist werden die Opfer tragischer Ereignisse vergessen, wenn die nächste schreckliche Katastrophe passiert.
Doch über Maxim wurde weiter berichtet. Er war oft zu Gast in Talkshows. In diesem Jahr passierte etwas ganz besonderes. Der legendäre US-Skater Tony Hawk hat auf Instagram ein Video mit Maxim geteilt. „Neuer Lieblingsskater” schrieb er darunter. Es ist kaum zu glauben, aber es ist wahr: Maxim ist Skateboarder.
Der Tag, der alles veränderte
Am Morgen des 31. März 2011 stand Maxims Mutter Galina Abramowa schon früh auf, um einen Freund zu besuchen. Später gab sie zu, dass sie Maxim häufiger alleine gelassen habe, um mit dem Freund Samogon, selbstgebrannten Schnaps, zu trinken. Sie trank regelmäßig Alkohol.
In der Wohnung war es kalt und Galina Abramowa stellte einen Heizlüfter neben das Kinderbettchen, in dem Maxim schlief. Vier Stunden war sie fort. Als sie zurückkam, stand das Haus in Flammen.
Das Kleinkind hatte den Heizlüfter am Kabel ins Bett gezogen. Seine Matratze und das Bett hatten Feuer gefangen. Maxim lebte noch, hatte aber schwerste Verbrennung vierten Grades an beiden Beinen erlitten. Um sein Leben zu retten, mussten die Ärzte sie amputieren. Drei Monate blieb er im Krankenhaus. Seine Mutter hat ihn dort nicht ein einziges Mal besucht. Sie verlor das Sorgerecht und wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Maxims Großmutter wollte sich nicht um ihr Enkelkind kümmern.
Eine neue Familie
Maxims neue Familie äußert sich nicht gerne öffentlich. Nachdem Maxim das Krankenhaus verlassen konnte, wurde er adoptiert. Er benötigte weiterhin teure Behandlungen. „Maxim muss noch 18 Mal operiert werden. Eine OP kostet 30 000 Euro“, erzählt (rus) damals, 2012, seine Adoptivmutter Inna Lullove, die Inhaberin der St. Petersburger Coffeeshops im beliebten Double B Franchise.
Der Junge zog nach St. Petersburg. Jetzt hat er dort seine liebevolle Familie und sogar eine Schwester, Natascha. Außerdem hat Maxim zwei Schwimmtrainer, einen Zeichenlehrer, einen Skateboard-Trainer und sogar einen eigenen Fahrer.
„Das Skateboard hat Maxim enorm vorangebracht”, berichtet (rus) der Skateboardtrainer Pawel Muschkin auf der Webseite „Sobaka.ru“. Seit 2016 trainiert er den Jungen nicht nur, sondern dreht und bearbeitet als Medienberater auch die Videos des Zehnjährigen. „Ich habe den Bau des ersten Beton-Skateparks in St. Petersburg organisiert, in dem wir kostenlosen Unterricht für alle anbieten. Maxim hat in der Nähe gewohnt und eines Tages kam er mit seinen Eltern vorbei“, erinnert sich Pawel.
Skateboard fahren konnte Maxim schon damals, es war seine Art, sich fortzubewegen. Er mag keine Rollstühle, will sich nicht tragen lassen und benutzt auch seine Beinprothesen nur ungern. Doch von den vielen Tricks, die auf dem Skateboard möglich sind, hatte er noch nichts gehört.
Pawel zeigte ihm Filme über Skateboarder aus Brasilien und den USA, Jungs wie Maxim. Die beiden begannen mit dem Training, zunächst zweimal pro Woche. Später wurden die Trainingseinheiten immer anspruchsvoller. „Bald darauf habe ich angefangen, Videos von Maxim für Instagram zu drehen“, sagt Pawel.
Dass so auch Tony Hawk auf den jungen Russen aufmerksam werden würde, damit hat niemand gerechnet. Es ist das erste Video eines russischen Skateboarders, das der US-Star geteilt hat. Die Zahl von Maxims Followern schoss in die Höhe. Bereits nach einer Stunde waren es 15 000, inzwischen sind es sogar 40 000.
Der Erfolg kam zur rechten Zeit. Maxim steckte gerade in einer Krise. Einige Tricks wollten ihm einfach nicht gelingen. „Ich war überzeugt, dass er sie ausführen könnte, wenn er es wirklich versuchen würde, doch er war blockiert“, sagt sein Trainer. Hawks Posting hat ihn motiviert. Maxim begann, an sich zu glauben. „Er trainiert jetzt ernsthafter. Er weiß, dass sich viele Menschen für das, was er macht, interessieren.“
Plötzlich berühmt
Maxim besucht eine spezielle Schule, die seine Adoptivmutter gegründet hat. Einen Platz an einer Regelschule gab es für den Jungen nicht.
Im Jahr 2016 lernte Maxim bei „Channel One TV“ den berühmten Australier Nick Vujicic kennen, der ohne Arme und Beine geboren wurde. 2018 nahm der Junge an der Skateboard-Weltmeisterschaft in Moskau teil - vorerst noch außerhalb des Hauptwettbewerbs.
Jeden Tag studiert Maxim nun die Webseite des brasilianischen Skaters Felipe Nunes, der ebenfalls keine Beine hat. Er verfolgt seine Wettkämpfe und analysiert seine Tricks.
Maxims Traum ist die Teilnahme an der Olympiade. Im Interview mit „Channel One TV“ sagte (rus) er: „Es gibt vieles, worauf ich stolz sein kann. Aber ich habe noch keine Auszeichnungen gewonnen, keine Gold- oder Silbermedaillen. Ich habe noch nicht an einer Olympiade teilgenommen. Das ist mein Ziel!“