Wie die kostenlose Gesundheitsversorgung in Russland funktioniert

sergey Pyatkov/Sputnik
Gibt es in Russland eine hochwertige kostenlose medizinische Versorgung und wenn ja, wer kann sie nutzen?

In Russland wird allen Bevölkerungsgruppen kostenlos eine medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Deren Finanzierung erfolgt über die Sozialabgaben zum Staatshaushalt. Das System wurde zu Sowjetzeiten eingerichtet und ein Großteil der Polikliniken und Krankenhäuser ist öffentlich. Um die Leistungen in Anspruch nehmen zu können, benötigt man eine Pflichtkrankenversicherung, die man nach der Geburt in der nächstgelegenen Poliklinik abgeschlossen werden kann. Die medizinischen Einrichtungen für Kinder und Erwachse sind getrennt, aber alle sind durch diese Versicherung abgedeckt.

Heutzutage gibt es auch eine breites Angebot privater medizinischer Einrichtungen im Land, von einfachen Polikliniken und Zahnarztpraxen bis hin zu multidisziplinären medizinischen Zentren, die komplizierte Operationen durchführen können.

Allerdings gibt es kommerzielle medizinische Einrichtung nahezu in der ganzen Welt, so dass wir hier berichten, wie man in Russland zurechtkommt, wenn man nur die kostenlose Versorgung in Anspruch nimmt.

Polikliniken

Die unterste Ebene des russischen staatlichen Gesundheitssystems bilden die Polikliniken, in der Allgemeinärzte und Fachärzte wie Chirurgen, Augenärzte, Neurologen, Kardiologen usw. arbeiten. Man muss sich bei einer konkreten Poliklinik registrieren lassen. Zwar kann man die Poliklinik wechseln, aber nicht öfter als einmal im Jahr, außer die Arbeitstätigkeit erfordert häufige Umzüge. Hierher kommt man bei Fieber und Erkältung sowie Hexenschuss, regelmäßig Bluthochdruck und dergleichen. Auch werden hier Krankenscheine für den Arbeitgeber bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit ausgestellt. Hier kann man mit einer Überweisung des Allgemeinarztes zudem Proben für Laboruntersuchungen nehmen sowie Ultraschall-, EKG- oder Röntgenuntersuchungen durchführen lassen. 

Wenn die Fachärzte der Poliklinik eine Krankheit erkennen, die eine komplexere oder speziellere Behandlung erfordert, schicken sie den Patienten in eine staatliche Fachklinik oder ein Forschungszentrum, wo der Patient ambulant oder stationär behandelt wird. Zum Beispiel kann der Gastroenterologe vor Ort beim Patient ein fortschreitendes Gallensteinleiden diagnostiziert und schickt ihn in ein Krankenhaus zur Gallenblasen-Operation und der anschließenden Behandlung. All dies ist für den Patienten kostenlos.

In den Polikliniken werden auch Impfungen und medizinische Vorsorgeuntersuchungen (alle drei Jahre durch alle Fachärzte) durchgeführt.

Das größte Problem der Polikliniken sind die langen Wartezeiten bei den Fachärzten, die gerade einmal 15 Minuten, die für die Untersuchung eines Patienten zur Verfügung stehen und die Warteschlangen der Rentner. 

Notfallambulanz

In Notfällen kann in Russland ein Krankenwagen gerufen werden. Diese Dienstleistung ist auch für ausländische Bürger kostenlos. 

In den letzten Jahren wurde viel für die Verbesserung der Notfallversorgung getan und Krankenwagen kommen in den Städten in der Regel recht schnell. Beim Anruf in der Notfallzentrale wird die Ursache möglichst genau erfasst, um das entsprechende Notfallteam und das geeignete Einsatzfahrzeug schicken zu können. Bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall macht sich also eine Kardio-Mannschaft in einem speziell ausgestatteten Krankenwagen auf den Weg, damit die Ärzte bereits auf dem Weg ins Krankenhaus mit der Versorgung beginnen können. In weniger schweren Fällen, z.B. bei einem eingeklemmten Rückennerv, kommt der Krankenwagen statt mit einem Arzt mit einem Sanitäter, der hilft und den Patienten bei Bedarf ins Krankenhaus schicken kann.

Um das richtige Krankstation auszuwählen, wird die Notaufnahmestation kontaktiert, die das entsprechende Krankenhaus informiert. Und hier benötigt man etwas Glück.

Krankenhäuser

In Russland gibt es sehr gute staatliche Krankenhäuser mit erstklassigen Ärzten, Apparaten  und Betreuung. Aber es gibt auch durchschnittliche und sehr schlechte. Selbst wenn Sie in Moskau oder St. Petersburg wohnen, können sie in eine Einrichtung einer dieser drei Kategorien überwiesen bzw. eingeliefert werden. Entweder hat man Glück oder man versucht, die Wahl des Krankenwagens oder des Arztes in der Poliklinik zu „beeinflussen“. Es gibt auch die Möglichkeit, eine geplante Operation in fast jedem staatlichen Krankenhaus ohne Überweisung gegen Bargeld durchzuführen zu lassen. Aber das ist für die meisten Menschen zu teuer. 

Neben den allgemeinen Krankenhäusern gibt es spezialisierte wissenschaftliche Zentren, die sich mit komplizierten Fällen, Krankheiten und Operationen befassen. Diese gibt es in der Regel jedoch nur in Großstädten. Dorthin kann man kostenlos mit einer Überweisung der Poliklinik überwiesen werden, wenn angenommen wird, dass der Fall die Kompetenz gewöhnlicher Krankenhäuser übersteigt.

Es sollte erwähnt werden, dass man in Russland eine medizinische High-Tech-Versorgung auch kostenlose erhalten kann. Die Liste dieser medizinischen Dienstleistungen umfasst Gelenk- und bionische Prothesen, mikrochirurgische Eingriffe an Gefäßen und am Herzen, onkologische Behandlungen, plastische Chirurgie und IVF. Diese Leistungen werden zwar nicht von der Versicherung abgedeckt, aber der Staat teilt 140 regionalen Kliniken pro Jahr Kontingente für die Behandlung komplizierter Fälle zu. Wenn das Kontingent in einer Region ausgeschöpft ist, wird dem Patienten angeboten, sich in eine anderen Region behandeln zu lassen.  

Rettungsstellen

In praktisch allen Ortschaften gibt es Rettungsstellen, die rund um die Uhr geöffnet haben. Wenn man verletzt oder krank ist, aber nicht ins Krankenhaus muss, kann man sich dorthin begeben, z.B. bei einem gebrochenen oder ausgekugelten Arm, einer Prellung oder Schnittverletzung. Diese Einrichtungen sind mit Ärzten und den notwendigen diagnostischen Geräten für die Erste Hilfe ausgestattet.

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