„Liebe Seniorinnen im Haus. Ich bin Goscha aus Wohnung Nr. 5. In unserer Stadt ist das Coronavirus ausgebrochen. Sie sind besonders gefährdet. Deshalb bitten wir Sie, nicht rauszugehen, sondern zu Hause zu bleiben. Wir, Ihre Nachbarn, werden uns um Sie kümmern. Was brauchen Sie? Wir bringen es Ihnen kostenlos. Passen Sie auf sich auf!“
Mitte März, als den Russen über 65 Jahre der Rat gegeben wurde, zu Hause zu bleiben tauchten solche Plakate vermehrt in den großen Wohnblöcken auf.
Da sich das Coronavirus jedoch weiter ausgebreitet hat, haben viele russische Regionalverwaltungen Ausgangsbeschränkungen für alle Bürger verhängt, gleich welchen Alters. Dann dürfen sich auch die Nachbarn nicht mehr gegenseitig helfen, könnten sie doch sich und andere gefährden, denen sie eigentlich nur helfen wollen.
Nun schlägt die Stunde der Freiwilligen. Sie sind gut vorbereitet und informiert und gut geschützt.
Wer sind diese Freiwilligen?
In Russland gibt es bereits eine Vielzahl von Freiwilligenorganisationen, und zwar in nahezu allen Regionen, Städten und Bezirken.
Eine landesweite Bewegung namens „Wir stehen zusammen“ startete in der Woche ab dem 30. März. Sie wurde von einem russischen Verband von Ehrenamtlern organisiert, der bereits viel Erfahrung mit Freiwilligenarbeit hat.
Auf der Webseite „мывместе2020.рф“ findet sich ein unkompliziertes Registrierungsformular für Helfer sowie ein Formular für diejenigen, die Unterstützung brauchen.
Alle potenziellen neuen Freiwilligen müssen ein Online-Interview absolvieren. Zudem dürfen sie sich in den letzten 14 Tagen nicht im Ausland aufgehalten haben. Alle Freiwilligen sind streng weisungsgebunden und müssen sich an die Vorschriften halten.
Niemand darf auf eigene Faust handeln. Sie haben auch Schutzausrüstung: Kittel, Masken und Handschuhe.
Wie helfen die Freiwilligen?
Ein großer Teil der Arbeit besteht darin, alle Hilfsanfragen zu bearbeiten, die täglich mehr werden. Koordinatoren nehmen Anrufe entgegen und teilen die Freiwilligen ein.
Allein in Moskau leben rund 1,8 Millionen Menschen über 65 Jahre, von denen 20 Prozent ganz alleine leben und ohne Unterstützung durch Verwandte sind. Freiwillige in Moskau helfen Rentnern in Gegenden, die sie selbst ohne die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erreichen können. Jeder kann Hilfe beantragen. Die Freiwilligen kaufen alles ein, was benötigt und gewünscht wird: Lebensmittel, Medikamente und andere wichtige Dinge.
Sie bringen auch den Müll weg oder gehen mit dem Hund spazieren und kaufen Tiernahrung ein. Unter den Freiwilligen finden sich auch professionelle Hundetrainer, die auch mit schwierigen Tieren umzugehen wissen.
Viele Menschen, die sich auch zuvor wohltätig engagiert haben, haben ihren Kreis erweitert. Zum Beispiel hilft Albina aus Tatarstan jetzt nicht nur Kindern, sondern auch Rentnern. „Das ist meine zivile Pflicht - zu helfen“, sagt sie.
Dolmetscher und Menschen, die über ein Fahrzeug verfügen, bieten zum Beispiel Unterricht oder Transportdienste an.
Eine weitere Aufgabe der Freiwilligen besteht darin, isolierte Menschen zu informieren. Sie stellen sicher, dass sie über die neuesten Daten und aktuellen behördliche Anordnungen und Verhaltensvorschriften während der Pandemie unterrichtet sind.
Unterstützung für medizinisches Personal
Die Situation mit dem Coronavirus erfordert auch Unterstützung der Ärzte, die rund um die Uhr im Einsatz sind, so dass manchmal sogar die Zeit zum Essen fehlt.
Der „Yandex.Taxi“-Dienst hat rund tausend Autos für den Transport medizinischer Gerätschaften bereitgestellt. Gleichzeitig sind Lieferdienste bereit, die Ärzte direkt an ihrem Arbeitsplatz mit kostenlosen Mahlzeiten zu versorgen.
Als die Moskowiterin Ludmila Golubkowa herausfand, dass es den Krankenhausangestellten an Schutzkleidung fehlte, initiierte sie ein Crowdfunding und sammelte 130.000 Rubel (etwa 1.500 Euro), um Schutzanzüge, Handschuhe, Masken und Brillen zu kaufen, die sie an verschiedene Kliniken der russischen Hauptstadt verschenkte. (Hier können Sie mit einer Geldspende helfen.)
Sie hat auch Psychologen organisiert, um diesen Ärzten zu helfen, die ständig Gefahr laufen, sich zu überarbeiten.
In den Regionen wurden mehrere Organisationen zur Unterstützung von Medizinern eingerichtet. Freiwillige kümmern sich um Anrufe von Bürgern und geben Auskunft, was zu tun ist, damit die Ärzte sich voll und ganz ihrem Einsatz im Kampf gegen das Coronavirus widmen können.
Kürzlich ermöglichte der Chefarzt der Moskauer Corona-Spezialklinik, der kürzlich selbst positiv getestet wurde, für alle Fachkräfte den Zugang zu einer professionellen Chat-Gruppe, in der medizinische Mitarbeiter über ihre beruflichen Probleme diskutieren. Hunderte ausländische Ärzte haben sich angeschlossen - und eine Gruppe freiwilliger Übersetzer, die den Menschen aus verschiedenen Ländern dabei helfen, ihre Erfahrungen zu teilen.