Jenseits der Pandemie: Dieser Russe lebt weit entfernt vom Coronavirus in der Antarktis

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Denis Melnikow befindet sich an einem der abgelegensten Orte der Welt, in der Antarktis. Von der Corona-Pandemie bekommt er dort nichts mit.

Als Denis Melnikow aus St. Petersburg sich auf seine Expedition in die Antarktis vorbereitete, hatte er zwar schon die ersten Meldungen über ein neuartiges Virus, das sich rasant ausbreitet, gehört, doch schien das Problem noch weit entfernt und zu allgemein. Auch an Bord des russischen Schiffs, mit dem er von St. Petersburg nach Kapstadt gereist war und das vier Tage in Südafrika vor Anker lag, hatte er nichts Beunruhigendes feststellen können. 

Das änderte sich erst, als er am 17. März in der Antarktisstation Mirny ankam und erfuhr, dass die WHO fünf Tage zuvor den Ausbruch von Covid-19 als Pandemie eingestuft hatte. Da wurde ihm bewusst, dass er die kommenden zwölf Monate allein an einem der abgelegensten Orte der Erde verbringen würde, während der Rest der Welt, einschließlich seiner Familie in St. Petersburg, vom Virus bedroht würde. 

„Fragen Sie in der Personalabteilung“

Denis hat seine Antarktis-Reise von Beginn an auf Twitter dokumentiert, und zwar seit seiner Bewerbung beim russischen Arktis- und Antarktisforschungsinstitut in St. Petersburg. Er hat sich als Magnetologe beworben. Diese untersuchen Veränderungen im Erdmagnetfeld.

„Fragen Sie einfach in der Personalabteilung nach offenen Stellen. Selbst, wenn Sie kein Spezialist wie Mechaniker, Geologe oder Hydrologe sind, könnten Sie als Techniker auf der Station arbeiten. Ich kenne einen Hippie, der das gemacht hat“, schreibt Melnikow auf Twitter. Sein Account hat seit Beginn seiner Reise viele Follower hinzugewonnen.  

Die notwendigen Dokumente, Vorbereitungslehrgänge und ärztlichen Untersuchungen haben etwa 300 US-Dollar gekostet. Nach einigen Monaten bekam Melnikow eine Zusage und eine spezielle Ausrüstung für die Expedition.  

Auf der Station 

Nach acht Wochen und zwei Tagen auf See erreichten Melnikow und die Besatzung am 17. März 2020 die russische Antarktis-Station Mirny.

Zu dieser Zeit tauchten auf Melnikows Twitter Account immer mehr Nachrichten auf, in denen sich über das Geschehen im Rest der Welt lustig gemacht wurde.

„Es ist keine Zeit für Erklärungen, Denis. Die Hölle ist los. Zombies sind überall. Die Nachrichten, die Du bekommst, sind nicht von menschlichen Wesen“, hieß es dort. 

Andere schrieben: „Achtung, essen Sie keine Vögel, auch wenn der Hunger noch so groß ist. Die Vögel sind schuld.“ [Obwohl angenommen wird, dass das Coronavirus über Fledermäuse auf den Menschen übertragen wurde.]

Hysterie und massive Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, das alles ist für Melnikow weit weg. „Ich habe fast täglich über Satellitentelefon mit meiner Frau gesprochen und war dadurch in etwa im Bilde. Aber als ich endlich die Gelegenheit hatte, alle Nachrichten zu lesen, war ich doch überrascht über das Ausmaß [der Pandemie]“, sagte Melnikow in einem Interview (rus).

Der sicherste Ort der Erde

In der Antarktis hat sich das Leben seit der Coronavirus-Pandemie nicht wesentlich verändert, berichtet Melnikow: „Die Pandemie betrifft uns in keiner Weise. Wir haben keine Stationen anderer Länder in der Nähe. Während andere Stationen [mit benachbarten Stationen] Maßnahmen wie Besuchsverbote eingeführt haben, ist bei uns alles unverändert geblieben.“

Er vertreibt sich die Zeit, indem er Pinguine beobachtet, Eisberge fotografiert, liest, Filme schaut und, wenn das Wetter es erlaubt, joggt. 

Melnikow ist weit weg vom Rest der Welt. Seine Familie in St. Petersburg wird er erst in etwa einem Jahr wiedersehen. Sie müssen sich aktuell, wie alle anderen, mit der Covid-19-Pandemie auseinandersetzen. 

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