Im modernen Russland ist eine Datscha normalerweise ein Häuschen oder ein Haus auf dem Land, umgeben von einem hohen Zaun, mit fließendem Wasser und manchmal einer Heizung. Das Konzept der Datscha erschien bereits im 18. Jahrhundert in Russland. Für Adlige bedeutete dies ein Landgut mit einem prächtigen Herrenhaus, in dem sie nicht dauerhaft lebten, sondern nur ab und zu, etwa im Sommer. Eine sowjetische Datscha war etwas ganz anderes.
Datscha-Bewohner kultivieren Erdbeeren.
David Scholomowitsch/SputnikZuallererst war es ein Ort, an dem Stadtbewohner Gemüse und Obst anbauen konnten. Datschas wurden kostenlos an Mitarbeiter verschiedener Verwaltungen, Funktionäre, Militärs, Lehrer, Mitglieder der Berufsverbände von Architekten, Schriftsteller, Künstler sowie an viele einfache Bürger in der UdSSR vergeben. Meist waren es kleinere Bauten auf einem Grundstück, nicht größer als 600 Quadratmeter.
In der UdSSR gab es ganze Datscha-Siedlungen (sogenannte Kleingartenverbände), in denen in mehreren Straßen eine große Anzahl von Häusern nahe beieinander standen, die durch niedrige Zäune getrennt waren. Manchmal teilten sich zwei Familien ein Haus mit jeweils separatem Eingang.
Eine Datscha-Siedlung außerhalb von Moskau.
Tichanow/SputnikObwohl klein, war es immerhin ein Stück Land, das eine sowjetische Person als ihr eigenes bezeichnen konnte.
Die Datscha eines Eisenbahnfahrers der Baikal-Amur-Eisenbahn außerhalb von Irkutsk.
Jakow Ljubtschenko archive/russiainphoto.ruDiejenigen, die keine Datscha bekamen, konnten ein Grundstück in einem Kleingartenverband bekommen, wo sie Gemüse und Obst anbauten. Meist wurden zum Beispiel Kartoffeln, Kohl oder Erdbeeren angepflanzt.
Balletttänzerin Maja Plissezkaja vor ihrer Datscha.
Wasili Malischew/SputnikDie winzigen sowjetischen Wohnungen hatten kaum Stauraum, so dass viele Menschen ihre Datschen benutzten, um alte Kleidung, Bücher, Möbel und andere Gegenstände aufzubewahren.
Eine Ingenieurin aus dem Elektrostal-Schwermaschinenwerk in ihrer Datscha.
Lew Ustinow/SputnikTraditionelle sowjetische Datschas hatten normalerweise keine Heizung. So begann die Datscha-Saison meist erst um die Mai-Feiertage. Nach mehreren Monaten, in denen die Datscha verlassen stand, war Großreinemachen und Grundstückspflege angesagt.
Der sowjetische Kosmonaut Wladislaw Wolkow auf der Datscha mit seiner Frau und seinem Schwiegervater.
Aleksander Mokletsow/SputnikDa die meisten Datschen nur Sommerhäuser waren, die hauptsächlich am Wochenende besucht wurden, gab es nur selten fließendes Wasser oder Abwasser. Es gab Waschgelegenheiten im Freien, die aus einem Behälter bestanden, aus dem Wasser abgelassen werden konnte. Das Wasser floss auf den Boden oder in ein Becken. Toiletten waren ebenfalls draußen, manchmal in einer kleinen Holzhütte, in der ein großes Loch im Boden war. Einige Datschas hatten richtige Freiluft-Duschen, für die das Wasser in Tanks auf dem Dach gesammelt und von der Sonne erwärmt wurde.
Freiluft-Waschplatz .
Walentin Chuchlajew archive/russiainphoto.ruIm Winter standen die Datschas leer. Diejenigen, die einen Herd hatten, konnten auch in den Neujahrsferien aufgesucht werden, aber das Haus musste zuerst gut beheizt werden.
Schneeräumung an der Datscha.
Pawel Sucharew archive/russiainphoto.ruGartenarbeit auf der Datscha .
Wsewolod Tarasewitsch/MAMM/MDFEin Sowjetbürger hatte wenige Möglichkeiten, sich zu erholen. Mit Glück gab es einen Urlaubsgutschein, mit dem man vierzehn Tage an der See oder in einem anderen Kurort verbringen konnte. Diejenigen, die eine Datscha hatten, verbrachten ihre Ferien normalerweise dort.
Der prominente Kinderchirurg Nemsadze arbeitet auf seiner Datscha im Garten.
Wladimir Wjatkin archive/russiainphoto.ruDer Haken war, dass man auf der Datscha keine Zeit zum Entspannen hatte, weil es immer sehr viel zu tun gab. Die Pflege des Gartens nahm viel Zeit in Anspruch - zuerst pflanzen, dann jäten, gießen und pflegen, Pflanzen gegen Schädlinge behandeln und die Ernte einbringen.
Der Zirkuskünstler Oleg Popow auf der Datscha mit seinen Eltern.
Juri Somow/SputnikAuf der Datscha wurde nur entspannt, wenn Gäste kamen.
Ein kleines Mädchen in einer Datscha außerhalb von Moskau.
russiainphoto.ruWährend der dreimonatigen Sommerferien konnten Schulkinder für mehrere Wochen in ein Pionierlager fahren. Oder die Kinder wurden oft aufs Land geschickt, um Zeit auf den Datschas ihrer Großeltern zu verbringen.
Vater und Sohn auf einer Datscha.
W.Tschistjakow/SputnikIn großen Datscha-Siedlungen gab es immer viele Kinder, die ihre ganze Zeit im Freien verbrachten, herumliefen, zusammen spielten oder in ihren geheimen Häusern verschwanden.
Kinder im Datscha-Style: Gummistiefel sind ein Muss.
Wladimir Karlow archive/russiainphoto.ruWährend des Aufenthalts trugen die Kinder alte Kleidung, die nicht mehr gut genug für den Alltag in der Stadt war und deshalb schmutzig oder zerrissen werden durfte.
Stalin mit seiner Tochter Swetlana und Lawrenti Beria auf einer Datscha in Sotschi.
SputnikStalin verbrachte sehr gern Zeit auf seinen Datschas. Er hatte etwa ein Dutzend: mehrere in der Region Moskau sowie in Sotschi, Abchasien und auf der Krim. Er arbeitete nicht nur in seinen Landhäusern, sondern empfing dort auch Minister und Beamte.
Marschall Georgi Schukow an seiner Datscha.
Jewgeni Chaldei/MAMM/MDFDie Führer des Landes nach Stalin sowie hochrangige Beamte, Mitglieder der sowjetischen Nomenklatura und Generäle hatten ebenfalls Datschas. Diese standen jedoch nicht auf kleinen Grundstücken, wie die des einfachen Volkes, sondern waren von großen Flächen Land umgeben.
Leonid Breschnew auf seiner Datscha.
Wladimir Musaeljan/MAMM/MDF/TASSAlle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
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