Jakuten: Wie lebt das größte heidnische Volk Russlands heute?

Andrej Sorokin
Die einheimische Bevölkerung Jakutiens ist gebildet und fortschrittlich. Viele Jakuten haben dabei ihren traditionellen heidnischen Glauben beibehalten und tragen sogar Trachten – wenn auch nur einmal im Jahr.

Die Jakuten (oder Sacha, wie sie sich selbst nennen) sind ein einzigartiges Volk in Russland, das in der größten und kältesten Region des Landes, Jakutien – oder amtlich: Republik Sacha – lebt. Sie machen etwa die Hälfte der Bevölkerung der Republik aus (466 Tausend von 990 Tausend), die übrigen Einwohner sind Russen (mehr als 350 Tausend) und andere indigene Völker des Nordens. Die Jakuten haben ihre Identität über Jahrhunderte bewahrt.

Jakutien ist eine Region, die für besonders hohe Löhne bekannt ist. Hier gibt es große Diamantenminen, bedeutende Forschungszentren und den ersten IT-Park des Fernen Ostens, in dem Spiele- und App-Entwickler arbeiten (obwohl es im Norden natürlich auch nomadische Rentierzüchter gibt). Die Menschen hier fahren japanische Autos mit Rechtslenkung, essen chinesische Ramen-Suppe, und die jungen Leute kleiden sich im K-Pop-Stil.

Aber die Jakuten schaffen auch eine moderne jakutische Kultur: Musik, Schmuck im Stil antiker Amulette, sie trainieren nationale Sportarten wie Tauziehen mit einem Stab oder das Schleppen eines 115 Kilogramm schweren Steins. Und außerdem sind die Jakuten nach wie vor heidnisch.

Woher kommt die jakutische Sprache?

Die Jakuten sind ein Turkvolk, und ihre Sprache ist einerseits mit dem Tatarischen und dem Baschkirischen verwandt („ein“ heißt im Tatarischen „ber“ und im Jakutischen „biir“), andererseits stammen viele Elemente aus den altsibirischen Sprachen. 

Die jakutische Sprache hat auch Wörter, die dem Russischen ähneln. Das Wort „Topf“ (russisch: „kastrjulja“) zum Beispiel heißt „kostүrүүҥke“ (kosturuunke).  

Die jakutische Sprache ist neben dem Russischen die Amtssprache der Republik Sacha. Sie wird in der alltäglichen Kommunikation, im Büro und in den Medien gleichwertig neben dem Russischen verwendet. Die beiden Sprachen werden auch an Schulen und Universitäten unterrichtet. Mehr als 450 Tausend Jakuten sprechen ihre Muttersprache, d. h. etwa 90 % der Gesamtbevölkerung. Allerdings sprechen 90 % der Jakuten auch Russisch, wobei zwei Drittel von ihnen beide Sprachen fließend beherrschen, wie die gesamtrussische Volkszählung 2010 ergab. 

Eine weitere interessante Besonderheit der jakutischen Sprache ist, dass sich die Dialekte der Einwohner Nord-, Süd- und Zentraljakutiens trotz der großen Entfernungen zwischen den Siedlungen nicht sehr unterscheiden. Zum Beispiel klingt der Ausdruck „nur so“ in Jakutsk, der Hauptstadt von Sacha, wie "meene", während er im Norden wie "meele" klingt. 

Das wichtigste literarische Epos der Jakuten „Oloncho“ besteht aus langen (bis zu 30.000 Zeichen umfassenden) Gedichten, die von Erzählern vorgetragen werden. 

Was tragen die Jakuten?

Die Jakuten haben eine traditionelle Sommer- und eine Wintertracht. Im Winter besteht sie aus bodenlangen Wildledermänteln mit Pelzbesatz und hohen, flauschigen Hüten. 

Die Männer tragen im Sommer mit Gürteln geschnürte Hemden oder schwarze Kaftane, während die Frauen in bunten langen Kleidern aus Satin oder Seide gekleidet sind. Hüte aus Rosshaar schützen vor der sengenden Sonne. 

Traditioneller Frauenschmuck wird aus Silber mit verschiedenen Mustern hergestellt. Er umfasst Kopf-, Rücken- und Zopfschmuck, Ohrringe, Halsketten, breite Armbänder und Ringe. Die Schwere des Geschmeides, wenn alles getragen wird, lässt sich leicht vorstellen. 

Sowohl Männer als auch Frauen tragen ein ungewöhnliches Accessoire - eine Holzrute mit langer Quaste aus Pferdehaar. Es gibt sie in verschiedenen Größen und Formen, ihr Griff kann sogar mit Silber verziert sein. Mit ihr lassen sich Mücken vertreiben, die eine echte Plage im Sommer darstellen.

Im Gegensatz zu vielen anderen indigenen Völkern haben viele Jakuten eine Nationaltracht, die sie allerdings nur selten tragen. Am häufigsten werden sie anlässlich ihres wichtigsten Festes, Ysyakh, getragen, dem Fest der Sommersonnenwende. 

An was glauben die Jakuten?

Teilnehmer an der Entzündungszeremonie der Flamme der Internationalen Sportspiele

Die Mehrzahl des jakutischen Volkes verstehen sich als moderne Heiden. Die Jakuten haben ihren traditionellen Glauben bewahrt, obwohl sie im 17. Jahrhundert getauft wurden, als Jakutien Teil Russlands wurde. Ihre Religion wird Aar Aiyy genannt und ist neben der Orthodoxie im Register der Konfessionen der Republik eingetragen. 

Diesem Glauben zufolge besteht die Welt aus drei Teilen: der Oberwelt der Ahnen, der Ajyy-Gottheit und Geister, der Unterwelt, in der die bösen Geister leben, und der von den Menschen bewohnten Mittelwelt. Das Symbol dieser Dreifaltigkeit ist der „Weltenbaum“.

Die Jakuten glauben, dass die Aiyy-Geister keine blutigen Opfer akzeptieren, deshalb schenken sie ihnen etwas Schmackhaftes, backen ihnen zu Ehren Krapfen und trinken Kumiss. 

Algyschyt (von dem Wort „algys“, das „Zeremonie“ bedeutet) steht für die Riten zur Reinigung von bösen Geistern und auch für den Zauberer der guten Kräfte. 

Nicht jeder Beschwörer jedoch kann ein Schamane werden. Die Jakuten glauben, dass dafür eine besondere Begabung erforderlich und der Prozess der Bekehrung mit unmenschlichen Schmerzen verbunden ist. Es gibt nur wenige Schamanen in Jakutien, und sie zeigen sich nur selten in der Öffentlichkeit. 

Den traditionellen Glauben achten sogar die orthodoxen Jakuten, deren Anteil bei über 40 % liegt.  

Welche Namen haben die Jakuten?

Jakutsk. Ein YGPZ-Mitarbeiter beobachtet im Bedienerraum die Messwerte der Gaspipeline, der HFC und des Gasspeichers in der Jakutsker Gasverarbeitungsanlage des Öl- und Gasunternehmens Sakhatransneftegaz.

Jakuten haben alle möglichen Namen. Es sind die üblichen russischen Namen wie Jewgenij, Michail, Natalja, Anna. Es gibt traditionelle jakutische Namen - Sardaana, Aisen, Arylhai. 

Beliebt sind auch „Doppelnamen“ die aus einem russischen und einem jakutischen Teil zusammengesetzt sind. Nikolaj-Sergue, Alexej-Homustaan, Jelisaweta-Tuyaaryma. 

Und bei den Jakuten sind lateinische Namen beliebt: zum Beispiel Rosalia oder Diana. Es kommt auch vor, dass in den Pässen der Jakuten ein russischer oder lateinischer Name steht, sie sich aber untereinander „jakutisiert“ ansprechen. Diana zum Beispiel wird zu Dayaana, Maria zu Maariyya und Fjodor zu Sүөdr. 

Was essen die Jakuten?

Ein Verkäufer verkauft Fisch auf dem Bauernmarkt bei 30 Grad Frost.

Jakutische Nationalgerichte sind Fleisch, Fisch und Milch. Mit anderen Worten, Lebensmittel, die das Überleben in dieser rauen Gegend sichern. Fleisch wird in erster Linie als Fohlenfleisch (nicht Pferdefleisch) verzehrt. Die Einheimischen selbst erklären das damit, dass früher viele Fohlen den Winter nicht überlebten. Fleisch und Nebenprodukte werden auch zu Wurst verarbeitet. 

Fisch, frisch oder gefroren, wird in der Regel sautiert oder gebraten. Es gibt in Jakutien viele Flüsse und Seen, in denen Fischarten wie Felchen, Omul oder Muksun leben. 

Bei den Getränken liegen Kuh- und Stutenmilch an vorderster Stelle. 

Was Sie in der jakutischen Küche allerdings nicht finden werden, sind Obst und Gemüse. Diese Nahrungsmittel werden hier so gut wie gar nicht erzeugt. Das wichtigste Dessert ist Schlagsahne mit gefrorenen Beeren oder Marmelade.

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