Was ist das Besondere am russischen Kranz und wie sieht er aus?

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Hochzeiten, Beerdigungen und Krönungen – keines dieser Ereignisse in Russland kam ohne einen Kranz aus. Natürlich sahen sie alle unterschiedlich aus.

Der russische Kranz ist ein ganz besonderes Phänomen. Es handelt sich um einen Blumenkranz, ein Symbol für Sommer, Reinheit und Schönheit. Aber nicht nur.

Der Kopfschmuck

Wladimir Makowskij. Mädchen im Sonnenschein, 1901.

Russische Mädchen flochten Kränze aus Wildblumen, Kräutern und sogar dünnen Birken- oder Eichenzweigen. Die slawischen heidnischen Kränze hatten einen rituellen Charakter und galten als Schutz vor bösen Geistern.

Kupála-Kranz

Konstantin Makowskij. Porträt eines Mädchens, 1889.

Die Kupála-Kränze werden mit dem heidnischen Glauben in Verbindung gebracht – sie wurden am Iwan-Kupála-Tag geflochten, einem Volksfest, das der Sommersonnenwende gewidmet ist.

Semjon Koschin. Wahrsagen mit Kränzen, 2009.

Mädchen tanzten in solchen Kränzen und führten verschiedene Rituale zum Wahrsagen durch. Um herauszufinden, ob sie im kommenden Jahr heiraten würden oder nicht, warfen die Mädchen ihren Kranz in den Fluss: Wurde er fortgetragen, passierte wahrscheinlich nichts, aber wenn die Strömung ihn wieder ans Ufer schwemmte, konnte man sich auf die Hochzeit vorbereiten.
„Glückskränze“ konnten als Talisman aufbewahrt werden, aber es gab noch eine andere Tradition – sie wurden in der Nacht zum Johannistag in einem Feuer verbrannt, um alles Schlechte zu vertreiben.

Hochzeitskränze und Hochzeiten

Wassilij Surikow. Porträt von N. F. Matwejewa, 1909.

Eine der veralteten Formen des Wortes венок (wenók, dt.: Kranz) ist венец (wenjéz). Das ist der Name einer Kopfbedeckung, einer Art von Kokoschnik. Häufiger sah er aus wie ein festes Band um die Stirn, verziert mit Flussperlen, Glasperlen oder Stickereien.

Ein Blumenkranz (wie auch ein Wenjéz) war ein unverzichtbares Attribut des Hochzeitskleides und der entsprechenden Zeremonie. Im alten Russland schmückten die Mädchen ihre Kränze aus Immergrün, Minze und Schneeball. Sie symbolisierten die Unschuld der Braut. Nach der Heirat wurde ein solcher Kranz abgenommen – eine verheiratete Frau hatte kein Recht, ihn zu tragen, sondern bedeckte ihr Haupt mit einem Schal und verbarg ihr Haar.

Wassilij Pukirjew. Die ungleiche Ehe. 1862.

Es gab einen Aberglauben über einen magischen „Kranz der Ehelosigkeit“ – angeblich wurde ein Zauber oder ein böser Blick auf diejenigen gelegt, die Probleme mit dem anderen Geschlecht hatten (und insbesondere auf junge Frauen, die nicht heirateten).

Nikolai Bogdanow-Belskij. Hochzeit, 1904.

Das eigentliche Ritual der kirchlichen Trauung wird in der russischen Tradition als венчание (wenschánije, dt.: Trauung, wörtlich: Krönung) bezeichnet. Dabei werden Kronen auf die Köpfe des Paares gesetzt.

Laurits Tuxen. Krönung von Nikolaus II. in der Mariä-Himmelfahrt-Kathedrale des Moskauer Kremls am 14. Mai 1896, 1898.

Die Krönung der Zaren wurde in der russischen Tradition auch Wenschánije genannt – sie fand traditionell alle in der Mariä-Himmelfahrt-Kathedrale des Moskauer Kremls statt. Als Wenjéz wurde auch die Zarenkrone selbst bezeichnet.

Trauerkranz

Ein weiterer Kranz ist der Trauerkranz. Er wird ebenfalls aus Blumen gefertigt und mit einem Trauerflor gebunden. Solche Kränze werden bei der Beerdigung auf die Gräber gelegt. Diese slawisch-heidnische Tradition setzte sich bis in die Zarenzeit und dann bis in die Sowjetunion bis zur Neuzeit fort.

Solche Kränze werden feierlich an Denkmälern und Gedenkstätten für gefallene Soldaten, an der ewigen Flamme und am Grab des unbekannten Soldaten niedergelegt.

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