Moskauer Druckhof: Die Wiege der russischen Buchdruckerei am Kreml

Reise
ALJONA BOLDYREWA
Nikolskaja-Straße, 15. Nur 500 Meter vom Roten Platz entfernt ist der Moskauer Druckhof einer der außergewöhnlichsten Gebäude der russischen Hauptstadt.

Der Moskauer Druckhof gilt als Geburtsort der russischen Buchdruckerei und wurde unter Zar Iwan dem Schrecklichen im Jahre 1553 gegründet. Das erste datierbare gedruckte Buch in russischer Sprache war das Moskauer Apostolar, das aus der Apostelgeschichte und Briefen des Neuen Testaments bestand. Es wurde 1564 fertiggestellt und auf dem Staatlichen Druckhof von Iwan Fjodorow und Pjotr Mstislawez gedruckt.

Während der Zeit der Wirren zwischen dem Tod des letzten Zaren der Rurikiden, Fjodor I., und der Thronbesteigung der ersten Romanows Michael I. brannte der Druckhof 1611 fast gänzlich aus und wurde 1620 umgebaut.

Unter Zar Peter dem Großen entstand hier 1703 die erste russische Zeitung „Wedomosti“. Heute befindet sich in dem historischen Gebäude das Moskauer Staatliche Institut für Geschichte und Archiv.

Jahrhunderte im Keller

Professor und Archäologe Dmitrij Abramow führt uns hinunter ins Gewölbe des heutigen Instituts, um herauszufinden, was den Augen der Touristen sonst doch immer noch verborgen bleibt.

Der älteste Raum der Druckerei ist die Redaktionskammer, wo die Bücher fertiggestellt wurden. Laut Abramow arbeiteten gerade hier die klügsten Leute Russlands, Topographen und Künstler. Die Buchproduktion war damals sehr teuer. Auch darum wurden die Resultate oft als Kunstwerke angesehen. Heute wird der Raum als Unterrichtszimmer benutzt. Genauso wie der gegenüber.

Der nächste Raum diente früher als Buchlager und somit erste russische Nationalbibliothek. Neben den vor Ort gedruckten Bänden lagerten hier auch handschriftliche altgriechische Bücher und Chroniken vom Heiligen Berg Athos. Diese waren für Studenten der slawischen Griechisch-Latein-Akademie vorgesehen: Die erste Hochschule in Moskau wurde hier 1687 gebaut.

Aber wirklich spannend wird es im Untergrund. In dem ehemaligen ersten Stock befand sich einst ein Zimmer für die Arbeiter, die die Farben mischten und Buchstaben gossen. Hier, im schwachen Licht und dem staubig-modrigen Duft der Vergangenheit, erreicht man die Ruinen des allerersten Druckhofes etwa 15 Meter unter der Erde.

Und wagt man sich noch tiefer in die alte Zeit hinein, dann sieht man einen blockierten Durchgang, den selbst die Archäologen offensichtlich noch nicht erreicht hatten. Man klettert über eine Grube voller zerbrochener Ziegelsteine und Müll. Ist das Weg zur ältesten Stadtmauer Moskau, die heute von Gebäuden umbaut und nur teilweise zu sehen ist?

Druckhof des Synods

1721 wurde der Moskauer Druckhof dann dem Heiligen Synod übertragen, dem höchsten Organ der Russisch-Orthodoxen Kirche. Und umbenannt. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurden die Gebäude entlang der alten Nikolskaja-Straße abgerissen: Anstelle der Arbeitsräume und Zellen des alten Druckhauses entstanden Gebäude im russischen Stil. Die Fassade aber blieb im Barockstil.

1917 wurde das Druckhaus des Synods geschlossen, stattdessen zogen sowjetische Archivbehörden ein. Seit 1931 beheimatet das Gebäude das Historische Archivinstitut (heute Moskauer Universität für Geisteswissenschaften). Passiert man verschiedene historische Räume, dann gelangt man endlich in die Sporthalle: Während der Sowjetzeit und Perestroika wurden viele Räume von Institut für verschiedene Zwecke benutzt.