Es gibt nicht viele Russen, die das Land so gut kennen wie der Grieche Babis Bizas. Der 66-jährige reist seit 40 Jahren durch Russland und hat schon alle Regionen, einschließlich der russischen Arktis und Dutzender Inseln des russischen Fernen Ostens, besucht. Bizas ist Autor des „All Russia Guide“ und ein wahrer Globetrotter. Er hat alle 193 souveränen Staaten der Welt besucht, viele von ihnen mehrfach. Jetzt, da Russland Schritt für Schritt den Flugverkehr ins Ausland wieder aufnimmt, können Babis Bizas und seine Frau Penelope es kaum erwarten, wieder nach Russland zu reisen. Sie wollen eine Weile bei den Nomaden von Taimyr verbringen.
„Ein sowjetisches Visum zu bekommen war einfach“
Babis begann mit seinen Reisen Mitte der 1970er Jahre und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Die meiste Zeit seines Lebens arbeitete er bei einem Reiseunternehmen in Athen. Russland besuchte er erstmals im Jahr 1982. Damals konnte ein ausländischer Tourist nur in die UdSSR kommen, indem er seine Reise bei der staatlichen sowjetischen Reiseagentur Intourist buchte
„Es war eine sehr typische und in Griechenland sehr beliebte Reiseroute für diese Zeit: Moskau, Leningrad und Kiew“, erinnert sich Babis.
Später begann er, Sowjetasien zu erkunden, insbesondere Samarkand, Buchara, Taschkent (in Usbekistan), Bischkek (damals Frunse, die Hauptstadt Kirgisistans), Aschgabat (die Hauptstadt Turkmenistans) und Almaty (die Hauptstadt Kasachstans). „Bei anderen Reisen habe ich die baltischen Staaten, Moldawien und die Ukraine besucht", sagt Babis. „Und so habe ich alle Sowjetrepubliken bereist.“
Ein sowjetisches Visum bekam man über Intourist ganz einfach. Es dauerte nur ein bis zwei Tage", erzählt Bizas. „Mittlerweile ist es mehr Papierkram geworden und kostet Zeit.“ Bürger der EU und der USA benötigen weiterhin ein Visum, während für viele andere Länder Visumfreiheit herrscht. Im vergangenen Jahr führte Russland das elektronische Visum für 52 Staaten ein, setzte das Projekt jedoch wegen der Coronavirus-Pandemie aus.
Diese Städte muss man gesehen haben!
Babis kam vier bis fünfmal im Jahr nach Russland und beobachtete signifikante Veränderungen in den Regionen. „Ich sehe viel Entwicklung in den Städten, insbesondere jenseits des Urals“, sagt er. „Nehmen wir zum Beispiel Wladiwostok - es gibt nicht viele historische Gebäude, aber diese Brücken und Inseln geben Ihnen das Gefühl, in den USA zu sein!“
Wenn Sie die traditionelle Architektur jenseits von Moskau, St. Petersburg und dem Goldenen Ring sehen möchten, empfiehlt Babis, mit Tomsk zu beginnen: „In dieser sibirischen Stadt gibt es die am besten erhaltenen historischen Holzhäuser.“ Im russischen Norden empfiehlt er die alten Städte am Ladoga-See.
In der Wildnis
Babis findet, dass die interessantesten Orte in Russland weit entfernt von den städtischen Gebieten liegen. „Meine Nummer eins sind Franz Josef Land und die Wrangel Inseln, es gibt dort so viele Eisbären!" Der reisende Grieche erinnert sich, dass er bei seiner Ankunft in Wrangel am Morgen aufwachte und mindestens 20 Bären vom Schiff aus erblickte.
Babis mag auch die Inseln Tschukotka, Kamtschatka und Sachalin wegen ihrer einzigartigen Schönheit und Natur: Auf der Insel Tjuleni lebt eine große Robbenkolonie, auf der kleinen Insel Iony (auch als Jonas-Insel bekannt) sind seltene Vogelarten beheimatet Auf den Kurilen sah er erloschene Vulkankrater. „Jede Insel ist eine Überraschung“, sagt er und fügt hinzu, dass es oft ein echtes Abenteuer war, hin- und zurückzukommen. „Ich erinnere mich, als wir auf der Insel Medny, die zu den Kommandeurinseln gehört, waren, haben wir ein verlassenes Dorf besucht und die Häuser wirkten so, als hätten die Bewohner sie gerade eben verlassen, als wäre ihnen gesagt worden, dass in einer halben Stunde ein Schiff käme und das nächste erst wieder in einem Jahr.“
Im August 2019 besuchten er und seine Frau die schwer zugänglichen Felsformationen von Manpupuner. „Wir haben eine Tour mit einem Hubschrauber aus dem Dorf Nyrob (ca. fünf Stunden von Perm entfernt) gebucht und vier Tage auf gutes Wetter gewartet, aber es war immer noch windig. Also mussten wir einen Monat später zurückkehren und diesmal konnten wir schon nach vier Stunden starten. Wir haben uns sehr gefreut, diesen spektakulären Ort oben auf dem Ural endlich zu sehen!“
„Jetzt möchte ich die letzten Nomadenstämme besuchen“ sagt Babis. „1992 habe ich die Tschuktschen kennengelernt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion überreichte mir der Leiter von Intourist ein Ticket nach Russland und schenkte mir einen kostenlosen Hubschrauberflug vom Dorf Tscherski zu den Tschuktschen-Siedlungen. Es war meine erste Erfahrung mit Nomaden, aber nicht die letzte.“
Seit dieser Zeit ist er zu den Flüssen Taimyr, Tura und Lena gereist, in die kalmückischen Steppe, hat in einem Tschum (Nomadenzelt) in Jamal geschlafen und beabsichtigt nun, die Völker der Dolgan und Nganasan zu treffen. Babis spricht gut Russisch und hat keine Probleme mit den Einheimischen zu kommunizieren.
„Als ich vor fünf Jahren das erste Buch über Russland schrieb, konzentrierte ich mich auf die städtischen Gebiete, aber jetzt stelle ich fest, dass immer mehr Menschen das Leben der Ureinwohner erkunden und die schöne Natur erleben wollen. Deshalb hat die dritte Ausgabe meines Buches über Russland ein jakutisches Mädchen auf dem Cover.“
Was Babis schade findet, ist die Notwendigkeit, von den russischen Sicherheitsbehörden eine Sondergenehmigung zu erhalten, um einige Gebiete besuchen zu können. „Das sind zwei verschiedene Welten. Das eine ist Russland, das andere sind die Sicherheitsbehörden. Es gibt so viele einzigartige Orte in Russland, und um sie zu besuchen, benötigen Sie diese Erlaubnis und Sie können nie wissen, wann sie erteilt wird.“