Warum gibt es so viele Löwen in St. Petersburg?

Die Löwenbrücke.

Die Löwenbrücke.

Peter Kovalev/TASS
In diesem Teil Russlands hat es nie Löwen gegeben Aber man sieht sie gemeiselt aus Stein oder Metall an buchstäblich jeder Ecke – und das ist kein Zufall.
Ein Löwe am Eingang des Russischen Museums.

Die Erbauer russischer Städte scheinen ein Faible für Löwenskulpturen gehabt zu haben, denn in keiner anderen Stadt Russlands findet man so viele Löwenskulpturen wie in St. Petersburg. Einer bewundert den Sonnenuntergang am Ufer und hält mit einer seiner Pfoten die Weltkugel hoch, ein paar andere wachen grinsend über eine Hängebrücke und wiederum andere begrüßen mit Ketten zwischen den Zähnen die Gäste eines noblen Anwesens. Die genaue Anzahl der Löwen in der Stadt ist nicht bekannt. Experten zufolge gibt es mehr als eintausend von ihnen, wobei jeder Löwe seine eigene interessante Geschichte zu erzählen hat.

Der Löwenanteil

Am Newa-Fluss.

Löwen symbolisieren Macht und militärische Stärke und sind in der europäischen Heraldik und Bildhauerei weit verbreitet. Abbildungen dieser Tiere kann man auch in Rom, Madrid, Paris und vielen anderen Städten sehen. Diese Tradition reicht bis in die Antike zurück: Viele antike griechische und römische Legenden sind dem Löwen gewidmet, in denen er als Wächter der Götter beschrieben wird.

Und als der russische Zar Peter der Große 1703 St. Petersburg gründete, dachte er nicht nur an einen nördlichen Hafen an der Ostsee, sondern an eine mächtige europäische Hauptstadt, die Hauptstadt seines Reiches.

St. Petersburg unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Städten des Landes: prächtige Paläste im westlichen Stil, Zugbrücken, breite Straßen und eine strukturierte Planung von Gebäuden und Gemeinschaftsräumen. Selbstverständlich lag die Löwenskulptur schon seit den ersten Tagen der Stadt im Trend. Sogar auf der Büste von Peter dem Großen, die vor seinem Haus steht, kann man ein Löwenmaul auf seiner Schulter erkennen.

Die Szene aus dem Film von Eldar Rjasanow.

Die „Löwen“-Geschichte der Stadt schien Eldar Rjasanow 1973 ideal für eine großartige Komödie namens „Die unglaublichen Abenteuer der Italiener in Russland“. In der Komödie reisen mehrere als Touristen getarnte Italiener auf Schatzsuche nach Leningrad, wobei der Schatz „unter dem Löwen“ versteckt ist und sie buchstäblich die ganze Stadt ausgraben, um vorrevolutionäre Reichtümer zu finden. Grund dafür, dass sie die Stadt sozusagen auseinandernehmen, ist, dass diese Skulpturen über die ganze Stadt verteilt sind. Laut der Behauptung einer seiner Figuren heißt es sogar, dass es dort mehr Löwen als Einwohner gibt.

St. Petersburgs berühmteste Löwen

Ein Löwen vor dem Architekturdenkmal Admiralität.

Die Löwen, die vor dem Architekturdenkmal Admiralität mit Bällen spielen, gehören wohl zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Skulpturen sind in Kupfer gegossen und stehen hier seit der Einweihung des Denkmals im Jahr 1832. Was diese Kugeln darstellen? Es gibt eine uralte Legende, nach der die wachenden Löwen nachts eine ihrer Pfoten auf den Ball legen, um wach zu bleiben. Falls sie dennoch einnicken sollten, rutscht ihre Pfote runter und sie wachen dadurch auf. Fazit: Wenn Sie einen Löwen mit einem Ball unter der Pfote sehen, wissen Sie, dass er auf der Hut ist und Wache hält.

An der Löwenbrücke.

Am Gribojedow-Kanal gibt es eine Brücke aus den 1820er Jahren – die Löwenbrücke. Die Ketten der Brücke sind an den Zähnen von vier weißen gusseisernen Löwen befestigt und verbergen somit die Pfeiler und Befestigungen der Brücke.

Zaun der Sommerresidenz von Kuschelew-Besborodko besteht aus 29 Löwen.

Auf dem Swerdlowskaja-Damm, der Mitte des 18. Jahrhunderts in der Nähe des Besborodko-Guts erbaut wurde, kann man ebenfalls 29 Löwenskulpturen erkennen. Ein stolzer, gusseiserner Löwe hält in seinen Zähnen eine einzelne Kette, die das ganze Anwesen umgibt. Das Gebäude selbst ist sehr baufällig, aber die Skulpturen sind perfekt erhalten geblieben.  

Eine große Anzahl von Löwen lebt nicht nur in St. Petersburg selbst, sondern auch in seiner Umgebung: in Peterhof, Pawlowsk und Kronstadt.

Löwen aus verschiedenen Mythen

Löwen auf dem Petrowskaja-Ufer.

Auf dem Petrowskaja-Ufer jedoch treffen Sie sehr ungewöhnliche Löwen – sogenannte „Shi-Za“. Es handelt sich dabei um Wächter aus der chinesischen Mythologie, die in der Regel vor den Eingängen von Tempeln aufgestellt werden. Laut chinesischen Traditionen bringen Löwen Glück und schützen vor bösen Mächten. Diese Figuren wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in der Mandschurei für einen der dortigen Granittempel gefertigt, später aber an ihren russischen Nachbarn weitergegeben. Seit 1907 schmücken sie St. Petersburg.

Ein Löwe im Garten der Freundschaft.

Chinesische Löwen gibt es auch im Garten der Freundschaft am Litejnyj-Prospekt, der 2003 eröffnet wurde. Auch diese haben einen Ball unter ihrer Pfote.

Die Greifen auf der Banken-Brücke.

Mythische Greifen, also Löwen mit Flügeln, bewachen die Brücke im Zentrum von St. Petersburg, die zur ehemaligen Assignationsbank führt und heute den Sitz der Wirtschaftsuniversität bildet. Nach altgriechischen Legenden waren es Greife, die das Gold im Land der Hyperboreer bewachten. Sie wurden auch als die „Hunde des Zeus“ bezeichnet. In St. Petersburg bewachten sie aber die Geldreserven des Russischen Reiches. Zudem trugen auch sie viel zur Maskierung der Befestigungselemente der Brücke bei.

Antike Sphinx-Statue am Newa-Ufer.

Die ältesten aller Löwen, Sphinxe, bewachen die Akademie der Künste: Löwen mit Menschenköpfen. In den 1830er Jahren wurden diese Gestalten von einem Mitglied der Akademie der Wissenschaften aus Alexandria mitgebracht, da dieser sehr vom alten Ägypten fasziniert war. Und eben diese Sphinxe wurden vor mehr als 3.500 Jahren geschaffen.

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