Das Nowospasski-Kloster als Bastei der Romanow-Dynastie in Moskau

Reise
WILLIAM BRUMFIELD
Der Historiker und Architekturexperte William Brumfield erforschte die Geschichte einer der berühmtesten religiösen Stätten Moskaus.

Das Nowospasski-Kloster, das auf einem kleinen Hügel flussabwärts vom Kreml liegt, ist eine der ältesten religiösen Einrichtungen Moskaus. Wie bei vielen anderen Klöstern der Stadt fließen in seine Geschichte die geistige und politische Geschichte Russlands ineinander. Einigen Berichten zufolge wurde das Kloster in den 1150er Jahren vom Gründer Moskaus, Fürst Jurij Dolgorukij, gegründet.

Letzte Ruhestätte der Zaren

Die Verbindung des Klosters zu den Romanows geht auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurück, als ein Mitglied der Familie Zacharin, der Vorfahren der Romanows, dort beigesetzt wurde. Im 16. Jahrhundert wurden weitere Mitglieder der Familie Zacharin auf dem Klosterfriedhof beerdigt -  darunter Roman Jurewitsch Zacharin (gest. 1543), der Vater von Anastasia, der ersten Frau von Iwan dem Schrecklichen.

Roman Zacharin, von dem sich auch der Name Romanow ableitet, gilt als der Urvater der Dynastie. Sein Sohn Nikita gründete die Dynastie und sein Enkel Fjodor Nikititsch (später Patriarch Filaret, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche) war der Vater des ersten Romanow-Zaren, Michail (1596-1645). Gegen Ende von Michails Regierungszeit begann  mit dem Wiederaufbau der massiven Backsteinmauern und -türme in den Jahren 1640-42 eine bedeutende Erweiterung des Klosters.

Michaels Nachfolger, Zar Alexej Michailowitsch (1629-76), setzte mit dem Neubau der Christ-Erlöser-Kathedrale in den Jahren 1645 bis 1649 die Erweiterung fort.

Im Jahr 1650 erhielt die Christ-Erlöser-Kathedrale ihren monumentalen fünfstufigen Ikonenschirm, die von Meisterkünstlern aus dem Kreml gemalt wurden. Die Fresken, die das Innere der Kathedrale schmücken, wurden 1689 im Auftrag von Zar Peter I. (dem Großen) gemalt. Sowohl der Ikonenschirm als auch die Fresken wurden kürzlich restauriert.

Die Christ-Erlöser-Kathedrale diente weiterhin als Begräbnisstätte für die Mitglieder der Romanow-Familie (die herrschenden Mitglieder der Dynastie sind im Kreml oder in der Peter-Paul-Kathedrale in St. Petersburg begraben). Im Jahr 1902 wurde das Grabgewölbe der Romanows mit einem neuen Eingang und einer Kapelle, die dem heiligen Roman dem Melodisten gewidmet ist, ausgestattet.

Aufstieg und Niedergang

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zählte das Nowospasski-Kloster schon, dank kaiserlicher Gunst, zu einem der wohlhabendsten Klöster Moskaus und konnte stolz rund 14.000 Bauern auf ihren Listen verkünden. Im Jahr 1764 jedoch entzog Katharina II. (die Große) den Klöstern deren Landbesitz.

Die bemerkenswerteste Erweiterung des Klosters im 18. Jahrhundert war ihr Glockenturm, einer der größten Moskaus (knapp 81m vom Grundstein bis hin zur Kuppel).

In den Jahren 1791 bis 1795 wurde die Kirche der Gottesmutter-Ikone im neoklassizistischen Stil umgebaut. Im Jahre 1812, während der französischen Besatzung Moskaus, wurde diese Kirche als Pferdestall genutzt und das Kloster erlitt im Allgemeinen große Schäden. Die Kirchen wurden 1813 wieder in ihr gewöhnliches Amt eingeweiht und das Kloster behielt seinen hervorragenden Ruf. Im Jahr 1913 wurde nach einem Besuch von Nikolaus II. anlässlich der Feierlichkeiten zum dreihundertjährigen Bestehen der Dynastie eine bunt bemalte Kapelle errichtet.

Nach der bolschewistischen Revolution im Jahr 1918 wurde das Kloster geschlossen und das Grabgewölbe der Romanows verwüstet. In den späten 1930er Jahren diente das Gelände als Hinrichtungsstätte für den NKWD (Volkskommissariat des Innenministeriums der UdSSR), dessen Opfer in Gemeinschaftsgräbern neben den Mauern ruhen.

Sanierung und Restaurierung

Das Nowospasski-Kloster wurde 1965 offiziell zum historischen und kulturellen Denkmal erklärt, was den Beginn einer über zwei Jahrzehnte dauernden Restaurierung bedeutete. Im März 1991 wurde das Kloster wieder an die orthodoxe Kirche übergeben und bald darauf nahm es auch wieder seine Funktion als Heiligengrab der Romanows auf.

1998 wurde ein Gedenkkreuz für Großfürst Sergej Alexandrowitsch, den ehemaligen Oberbürgermeister von Moskau, errichtet, dessen extrem konservative Politik viele Menschen verärgert hatte und ihn zur Zielscheibe russischer Radikaler machte. Im Februar 1905 wurde er beim Betreten des Kremls durch eine Bombe ermordet. Sein Sarg wurde 1990 bei Ausgrabungen im Kreml entdeckt und 1995 wurden seine Überreste im Nowospasski-Kloster beigesetzt. Das Kreuz ist dabei eine Kopie des Kreuzes, das der Künstler Viktor Wasnezow entworfen hatte und das 1908 im Kreml aufgestellt wurde.

Im September 2013 wurde in der Nähe der Apsis der Kathedrale das Modell eines Denkmals veröffentlicht, das Michail und Nikolaus II., den ersten und den letzten Romanow-Zaren, mit der Ikone der Heiligen Jungfrau Maria aus dem Kloster der Theodore zwischen ihnen darstellt. Das Nowospasski-Kloster, das Zeuge einer bewegenden und dunklen Geschichte war, ist heute ein sorgfältig gepflegter Zufluchtsort, wenn es einem mal wieder zu hektisch in Moskau wird.

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