Ruskeala: Das Touristenmekka in einem Marmorsteinbruch (FOTOS)

Igor Tichonow / EyeEm / Getty Images
An der Stelle, an der sich heute der Regionalpark Ruskeala befindet, war früher ein Steinbruch. Aus diesem wurde zwei Jahrhunderte lang der Marmor für die Paläste und Kathedralen von St. Peterburg gebrochen. Noch immer ist dies einer der schönsten Orte Russlands.

Der Klang der glänzenden Glocke ertönt, und der Sortavala-Ruskeala-Express fährt ab. Der Zug ist schon von weitem zu sehen, denn es ist der einzige täglich verkehrende dampfbetriebene Zug in der Region. 

Die Fahrt zum Canyon geht zwar mit dem Auto schneller, aber mit dem Zug ist es origineller. Der Ruskeala-Express ist ein Retro-Zug mit einer ungarischen Lokomotive und einer Inneneinrichtung im Stil des Nikolajewski-Expresses aus dem Jahr 1949 - dem Zug der russischen Eisenbahngesellschaft, der zwischen St. Petersburg und Moskau verkehrte. Er ist mit Teppichböden und grünen Sofas ausgestattet. Die Schaffner tragen klassische Uniformen mit goldenen Nähten. Es ist eine nostalgische Atmosphäre.  

Nach dem Läuten der Glocken setzt sich der Zug langsam in Bewegung und fährt eine ganze Stunde lang durch die nordkarelische Landschaft. Dabei legt er 30 Kilometer zurück. Ziel ist ein Dorf, das laut einem Zensus aus dem Jahr 2013 nur 659 Einwohner hat. 

Das winzige Dorf Ruskeala, direkt an der finnischen Grenze gelegen, wäre auf einer Landkarte schwer zu finden, wäre da nicht die Tatsache, dass es im aufstrebenden St. Petersburg um 1800 eine große Nachfrage nach Marmor gab. Die Kaiserin und der Adel wollten die besten Materialien für ihre Paläste. Die zaristischen Baumeister richteten ihre Aufmerksamkeit auf den Ruskela-Steinbruch mit seinem qualitativ ausgezeichneten Marmor. In vier Farben gab es ihn: aschgrau, grüngrau, weiß mit grauen und braunen Adern und eine Mischung aus weiß, grau und blau. 

Die Marmorschlucht existierte schon, bevor der Ort geologisch erforscht wurde. Als Russland den Nordischen Krieg gewann, übernahm es von Schweden das karelische Ufer des Ladogasees mitsamt der Schlucht, die die Schweden bereits seit dem 17. Jahrhundert ausgebaut hatten. Dennoch geriet Ruskeala in Vergessenheit und erlebte seine Wiedergeburt erst mit der Thronbesteigung von Katharina II. 

Steinmetzmeister waren aus dem Ural an die Ufer des Flusses Ruskolka gekommen und begannen mit dem Abbau von Marmor. Zunächst benutzten sie Schlitten, um das Material zum Peer zu transportieren. Dann brachten Schiffe das Material über den Ladogasee in die Hauptstadt. In nur fünfzig Jahren wurden mehr als 200.000 Tonnen Marmor abgebaut, aus denen unter anderem die Fassade der Isaakskathedrale, das Michaelsschloss, der Marmorpalast und die Hälfte der Kasaner Kathedrale sowie die Fensterbänke des Eremitage-Museums und Objekte in Gatschina, Peterhof und Zarskoje Selo gefertigt wurden. 

Der Bergbau ging im 19. Jahrhundert stark zurück, als sich die Mode änderte und Granit anstelle von Marmor das Baumaterial der ersten Wahl wurde. Ruskeala geriet immer wieder an neue Herrscher: Nach der Revolution ging die Schlucht an Finnland über, bevor sie an die Sowjets und 1941 erneut an die Finnen zurückging. Ihr Schicksal wurde schließlich im September 1944 entschieden. Seit damals gehört die Schlucht zum heutigen Russland. 

Der Steinbruch wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts für den Abbau von Kalk und Marmorstaub genutzt. Nachdem er keine Ausbeute mehr brachte, wurde die Schlucht als Kulturdenkmal und Denkmal für den Bergbau unter Schutz gestellt. 

1939 füllte sich die Schlucht mit Wasser. Es entstanden kuriose Marmorhöhlen inmitten von Bergen und kristallklarem Wasser. Diese sind der Stolz Kareliens und ein nationales Touristenziel. 

Im Jahr 2005 entstand hier der Industriepark „Ruskeala“, der ein attraktives Touristenziel geworden ist. 

Hier gibt es eine 500 Meter lange unterirdische Route. Die meisten natürlichen Stollen sind heute unterirdisch, nur ein einziger befindet sich über Wasser und ist für Besucher zugänglich. Zum Erkunden der Unterwasser-Stollen werden Tauchgänge angeboten. 

Einer der schönsten Orte hier ist die 460 Meter lange und 100 Meter breite Marmorschlucht selbst. Das Wasser ist kristallklar und man kann 18 Meter in die Tiefe sehen!

Der Canyon kann vom Ufer aus besichtigt werden, oder Sie können ein Boot mieten, um einen besseren Blick zu haben. Für die Liebhaber des Extremen gibt es eine Seilrutsche und sogar Bungee-Jumping. 24 Meter geht es dabei in die Tiefe. Über die Schlucht führt außerdem eine Seilbrücke. 

Der Park ist ganzjährig geöffnet und ist auch bei Frost ein Erlebnis. „Wir waren im Winter da, der schlimmsten Zeit - es waren -25 Grad Celsius. Aber es war dennoch ein tolles Erlebnis. Die Schlucht ist im Winter wunderschön. Die Natur schafft Kunstwerke aus gefrorenen Stalaktiten, Stalagmiten und Stalagnaten“, sagt Kirill aus St. Petersburg. Allerdings ist es im Winter für längere Spaziergänge zu kalt. Auf dem Gelände des Industrieparks gibt es ein Café und einen Souvenirladen. Dort kann man sich bei Kälte aufwärmen und auf den Zug warten.  

Anreise: Am einfachsten erreicht man den Park mit öffentlichen Verkehrsmitteln, indem man den Schnellzug „Lastochka“ von St. Petersburg nach Ruskeala nimmt, in Sortavala aussteigt und in den Retro-Expresszug umsteigt, der direkt zum Industriepark fährt. 

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!