Wie leben die Menschen in Jakutien im Winter bei -50 °C?

Russia Beyond (Photo: @VikaAndreeva)
Fröste, die für uns undenkbar erscheinen, sind in dieser Region Russlands alltäglich. Hier, bei diesen Temperaturen, reparieren sie auch Rohre und bereiten sich Sorgen über die globale Erwärmung.

Jakutien ist die größte (3 Zeitzonen) und die kälteste Region Russlands. Die Winter sind hier sehr lang (von Oktober bis April) und sehr streng. Selbst im November kann die Temperatur auf -30 °C fallen. Und im hohen Norden gibt es Orte, an denen der Schnee nicht einmal im Sommer schmilzt. Mitte Januar 2023 wurden hier -62 °C gemessen. Aber das ist noch nicht alles, es kann noch kälter werden. Die Einheimischen sagen, dass es für den Januar sehr warm ist und dass es früher viel kälter war. Diese Tatsache erfreut sie nicht etwa, sondern erfüllt sie eher mit Sogen.

Wandern bei -50 °C

Ein Markt in Jakutsk.

In Jakutsk, der Hauptstadt der Region, leben mehr als 350.000 Menschen, und die Einwohnerzahl steigt trotz der extrem kalten Winter von Jahr zu Jahr.

Es gibt Einkaufszentren, Kinos, Schulen, wissenschaftliche Institute, Cafés, öffentliche Verkehrsmittel, wie in jeder anderen Stadt auch. Und alles ist ganzjährig und ohne Unterbrechung geöffnet.

Und wenn das Thermometer bei -50 °C steht, fühlt sich die Stadt an wie die Residenz der Schneekönigin. Eine dicke Frostschicht bedeckt Bäume, Laternenpfähle, Drähte und Metallzäune. Ein dichter, frostiger Dunst umhüllt die Straßen.

„Eine gute Ausrede, um durch das Zentrum von Jakutsk zu spazieren“, scherzt (oder auch nicht) Viktoria Andrejewa, die einen beliebten Blog über das Leben in Jakutien führt.

Nach nur fünf Minuten auf der Straße hat man ein verschneites Make-up im Gesicht: die Wimpern werden weiß und flauschig, die Wangen rot. „Im Winter tragen die Mädchen hier entweder gar keine Wimperntusche oder wasserfeste, sonst sehen sie aus wie ein Panda“, sagt sie. Und natürlich brauchen Sie eine gute Pflegekosmetik mit Peptiden, Ceramiden und verschiedenen Ölen, um Ihre Haut vor der bitteren Kälte zu schützen.

Eine der Besonderheiten der jakutischen Städte sind die oberirdisch verlaufenden Rohrleitungen, damit die Wärme der Häuser den Boden nicht aufheizt und der Permafrost nicht auftaut. Damit die Rohre im Winter nicht einfrieren, sind sie isoliert (lesen Sie hier mehr über die Architektur in Jakutsk).

„Wenn im Winter eine Havarie passiert, zum Beispiel ein Wasserrohrbruch, wie wir ihn oft haben, bildet sich dort ein riesiger Eishügel“, berichtet Viktoria. „In diesem Fall muss man sehr schnell reagieren, sonst blockiert das Eis das Rohr und es friert ein.“ Aber im Norden sind die Menschen wachsam, es gibt keine Alternative.

Die Kälte ist ein wahrer Augenschmaus

Weihnachtsbaum in Ojmjakon.

Der so genannte Kältepol befindet sich ebenfalls in der jakutischen Landschaft – das Dorf Ojmjakon, in dem 1933 eine Temperatur von -67,7 °C unter Null gemessen wurde, und es gibt inoffizielle Aufzeichnungen über Temperaturen, die sogar unter -70 °C lagen. Es ist einer der kältesten Orte auf unserem Planeten, an dem Menschen leben und ständig wirtschaftliche Aktivitäten ausüben.

Semjon Siwzew.

„Wir haben hier eine einzigartige jakutische Pferderasse“, sagt der Fotograf Semjon Siwzew. „Sie sind zwar halbwilde Tiere, aber sie sind an unser Wetter gewöhnt und müssen nur gefüttert werden. Und wir haben auch jakutische Kühe, die die Kälte ebenfalls gut vertragen. Sie sie grasen und verpflegen dadurch selbst, aber nachts müssen sie im Stall bleiben.

Jakut-Pferderasse in Ojmjakon.

Auch die Menschen in Ojmjakon seien abgehärtet, meint Semjon: „Wir hacken Holz bei -60 °C, wir jagen, wir fischen. Ohne Arbeit kann man nicht leben. Es stimmt, es gibt Zeiten, in denen die Technik versagt. „Wenn es unter -40 °C ist, bewahre ich zum Beispiel meine Kamera unter meinem Mantel auf, der extra weit ist.“

Ein Einheimischer trägt dicke Kleidung, als die Temperatur auf minus 60 Grad Celsius gefallen ist.

Für viele Reisende ist es ein Traum, mit eigenen Augen zu sehen, wie die Menschen am Kältepol leben. Besucher aus Japan, Indien, Italien, Belgien, ja aus der ganzen Welt, haben diesen Ort bereits besucht.

„Eines der Wunder von Ojmjakon sind die nicht gefrierenden Quellen“, erklärt Semjon. „Unser Wasser gefriert bei -60 °C nicht, und es gibt dicken Dampf über der Oberfläche. Die Wissenschaftler erklären dies mit der Lage der tektonischen Platten.

Winterschönheit von Ojmjakon.

Der Name des Dorfes bedeutet übrigens übersetzt Land der eisfreien Bäche. Die Wassertemperatur des Flusses Indigirka beträgt +4-+5 °C, und ein Bad in diesem Wasser ist die beliebteste Freizeitbeschäftigung der Reisenden.

Globale Erwärmung und Permafrost

In Jakutien herrscht ein ausgeprägtes Kontinentalklima. Das bedeutet, dass kalte Winter recht abrupt mit heißen Sommern abwechseln. Die jährlichen Temperaturschwankungen in Jakutien sind erstaunlich: Im Januar kann die Temperatur unter -50 °C liegen und bereits Mitte Juni kann sie auf +35 °C steigen (und im letzten Jahrhundert wurden in verschiedenen Teilen der Region sogar mehrmals über +38 °C registriert). Die Einheimischen stellen jedoch fest, dass in der Vergangenheit extreme Kälteperioden viel länger und Hitzewellen seltener waren als heute.

„Ich bin jetzt 54. In meiner Kindheit waren die Winter härter“, sagt Semjon. „Ich hatte das Gefühl, dass es irgendwann Mitte der 1990er Jahre anfing, wärmer zu werden. Die Drosseln kamen nach Ojmjakon, und die Rehe, die wir hier vorher nicht hatten, kamen auch. Der Frühling scheint eine Woche früher zu beginnen, dafür der Winter eine Woche später. Gleichzeitig sind die Winter aber immer noch sehr streng – schon im November kann es 40-50 °C unter Null sein."

„Die extremen Fröste dauern nicht monatelang, sondern nur ein oder zwei Wochen, und dann wird es schon wärmer“, sagt Viktoria und fügt hinzu, dass die Temperaturen in Jakutsk normalerweise über -40 °C liegen. „Ich erinnere mich, dass es in meiner Kindheit viel länger kälter war.“

„Die globale Erwärmung ist überhaupt überall zu spüren“, ist Semjon sich sicher. „In der Schule hatten wir eine Lichtung, auf der wir Volleyball spielten, vor etwa zehn zehn Jahren war ich hier zu Besuch und überall waren Buckel, wie Maulwurfhügel. Der Permafrost schmilzt.“
„Es ist schwer für die Natur, Wir machen uns Sorgen, denn der Permafrost schmilzt und das wird kein gutes Ende nehmen", glaubt Viktoria.

Und schließlich ein jakutischer Frauentanz bei -56 °C.

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