Vom Mittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg: Welche Farbe hatten die Mauern des Moskauer Kremls?

Legion Media
Hunderte von Jahren waren die majestätischen Mauern des Moskauer Kremls ein architektonisches Symbol Russlands. Sie widerstanden Eindringlingen, Bränden, Überschwemmungen – und der Zeit selbst.

Der Moskauer Kreml wirkt wirklich majestätisch mit seinen Türmen mit roten Sternen auf den Spitzen, seinen „Schwalbenschwanz“-Zinnen und seiner roten Farbe, wie frisch angestrichen. Das Mauerwerk scheint perfekt erhalten. Kein einziger Ziegel ragt aus den gleichmäßigen Ziegelreihen heraus.

Geht man näher heran und findet überraschend heraus, dass die Ziegel an der berühmten Kremlmauer... buchstäblich aufgemalt sind! Die roten Ziegelsteine und die grau-weiße Bindemasse sind nichts anderes als gleichmäßige Linien, die auf eine feste, reliefartige Oberfläche gezeichnet sind. Jemand hat Ziegelsteine auf die Mauer des Moskauer Kremls gestrichen? Ja, und das geschieht regelmäßig, denn die Farbe hat die Tendenz zu verblassen.

In Wirklichkeit ist die Moskauer Kremlmauer natürlich aus Ziegeln gebaut. Der größte Teil der äußeren Teile ist jedoch mit Putz überzogen und mit von Hand gezeichneten Ziegeln bemalt. Diese Art der Bemalung des Moskauer Kremls gibt es schon seit langem, und je nach Epoche und Jahrhundert hatte sie unterschiedliche Merkmale.

Wie die Moskauer Kremlmauer gemalt wurde

Die Moskauer Kremlmauer wurden Ende des 15. Jahrhunderts unter Iwan III. von Italienern errichtet. Die Festung diente in erster Linie als Befestigungsanlage – zum Schutz vor ständigen Invasionen und Kriegen. Sie hatte die natürliche Farbe roter Ziegelsteine und bis 1680 kam niemand auf die Idee, sie zu verändern. Vor allem aus Sicherheitsgründen: Wenn eine Kanonenkugel die Mauer traf, bröckelte die Tünche ab und machte das rote Backziegel des Loches sichtbar - eine verwundbare Stelle, auf die man weiter zielen konnte.

Doch 1680 tauchte der erste urkundliche Nachweis dafür auf, dass der Moskauer Kreml weiß gestrichen war.

Blick auf Moskau vom Balkon des Kremlpalastes auf die Moskworezkij-Brücke, 1797, J. Delabart.

Der Historiker Pjotr Bartenjew schreibt in seinem Buch Der Moskauer Kreml in alten Zeiten und heute, dass in einem Bericht, der am 7. Juli 1680 an den Zaren geschickt worden war, eine Frage gestellt wurde: Sollen wir die Wände des Kremls tünchen, sie so lassen, wie sie sind, oder sie „ziegelartig“ streichen wie das Spasskij-Tor?

Damals verloren die Mauern und Türme der Festung ihre Verteidigungsfunktion und wurden mit Kalk getüncht.Zu dieser Zeit wurden auch viele andere russische Kreml-Festungen geweißt – der Rostower Kreml, der Nowgoroder Kreml, der Kasaner Kreml usw.

Danach war der Moskauer Kreml noch mehrere Jahrhunderte lang weiß gestrichen. Als Napoleon 1812 in Moskau einmarschierte, sah er den Moskauer Kreml weiß. Nachdem die Festung niedergebrannt war, wurde sie restauriert und wieder in der alten Farbe gestrichen. Nur einzelne Türme waren nicht immer weiß – der Spasskij-Turm, der Nikolskij-Turm und der Troizkij-Turm: Manchmal wurden sie rot gelassen oder zu dekorativen Zwecken rot-weiß gestrichen.

Blick auf den Kreml vom Sophien-Ufer aus. 1879, Pjotr Wereschtschagin.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Mauer der Festung zu bedeutenden Ereignissen weiß gestrichen, aber die meiste Zeit stand der Kreml fleckig und mit Verunreinigungen bedeckt.

Der Moskauer Kreml wurde während des Zweiten Weltkriegs radikal mit anderer Farbe bemalt: Mit Hilfe weißer Farbe wurde er so getarnt, dass er für Luftwaffe-Angriffen wie ein gewöhnliches Stadtviertel aussah. Nach dem äußerst komplexen Projekt des Architekten Boris Iofan wurden Hauswände und schwarze Fensterlöcher auf die weißen Kremlmauern gemalt; auf dem Roten Platz wurden künstliche Straßen angelegt und das Lenin-Mausoleum mit Sperrholzplatten verkleidet, die das Bild einer normalen Stadtvilla ergaben. Die Tarnung funktionierte: Der Moskauer Kreml „verschwand“ und wurde aus der Luft unsichtbar.

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Das Projekt zur Tarnung für die Kreml-Gebäude, entworfen von Boris Iofan.

Doch nach dem Krieg bedurfte die Festung eines umfassenden Wiederaufbaus. Und die Feierlichkeiten zur 800-Jahr-Feier Moskaus im Jahr 1947 standen bevor. Dieser Wiederaufbau erfolgte in den Jahren 1946-1950.

Die baufälligen Natur- und Backsteinteile wurden durch neue ersetzt, die nach den Mustern aus dem 17. und 19. Jahrhundert hergestellt wurden. Gleichzeitig wurde die Festung auf Beschluss Josef Stalins in der ideologisch richtigen roten Farbe neu gestrichen.

Seitdem wurde die Mauer mehrfach restauriert, wobei einige Teile von Grund auf neu aufgebaut wurden. Diese Arbeiten sind ständig im Gange. „Eine Reihe von Faktoren wirkt sich weiterhin negativ auf die Mauern des Kremls aus. Wir leben unter den Bedingungen eines russischen Winters. Wasser, das in die Poren der Ziegel eindringt, beschädigt sein Äußeres“, erklärt Sergej Dewjatow, Doktor der historischen Wissenschaften und Berater des Direktors des Föderalen Dienstes für Bewachung der Russischen Föderation

Kreml im Jahr 1967.

Laut ihm befand sich das Mauerwerk Ende der 1990er in einem schlechten Zustand und wurde mit einer speziellen Lösung konserviert, die die Ziegel vor atmosphärischem Niederschlag und der äußeren Umgebung schützt.

Dennoch ist es wichtig, dass die Mauern des Moskauer Kremls ein repräsentatives Aussehen behalten. Deshalb werden sie heute hin und wieder mit einem mattroten Anstrich versehen, damit die ziegelrote Farbe immer satt wirkt.

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