In den 1930er Jahren gab es in der noch jungen Sowjetunion eine ernste Nahrungsmittelknappheit, die sich negativ auf die Gesundheit der Arbeiter auswirkte. Daher wies das Volkskommissariat für Ernährung die Diätassistenten der Fleischwarenfabrik Mikojan an, eine „Volkswurst“ zu entwickeln. Sie sollte, unabhängig vom sozialen Status, für jedermann erschwinglich sein. In den Jahren des Mangels galt die sogenannte Doktorskaja oder Doktorwurst als Wohlstandsindikator. Sie wurde zudem zum Maßstab für vergleichende Analysen: Ökonomen maßen die Kaufkraft gerne an der Menge Doktorwurst, die mit einem Gehalt gekauft werden konnte.
Die erste Doktorskaja lief im Jahr 1936 bei den Lebensmittelproduzenten vom Band. Das neue Produkt war auch für kranke Menschen gedacht, deren Gesundheit „im Bürgerkrieg und unter dem zaristischen Despotismus“ gelitten hatte. Angeblich untersuchten Ärzte die Wurst bis ins kleinste Detail ihrer Zutaten. Sie bestand, im Gegensatz zu anderen Würsten, aus magerem Rind- und Schweinefleisch mit einem Minimum an zugesetzten Gewürzen und Salz. Der Fettgehalt war sehr gering. Das Fleisch für die Doktorwurst wurde gleich zweimal durch den Wolf gedreht. Sie eignete sich für Personen mit Leber- und Magenerkrankungen, weil sie besonders leicht verdaulich war. Der Arzt empfahl diese Wurst häufig, daher bekam sie auch ihren Namen Doktorskaja.
1974 wurde die Zusammensetzung zum ersten Mal geändert. Nun war es erlaubt, bis zu zwei Prozent Mehl oder Stärke der Wurst zu zusetzen. Später wich das Rezept der einstigen Diätwurst so stark vom Original ab, dass Ernährungswissenschaftler die Wurst heute kaum noch als „medizinisch“ bezeichnen würden. Das Rezept ist außerdem nicht mehr so streng durch staatliche Vorgaben reguliert. Jeder Hersteller hat seine eigene Art der Zubereitung und preist seine Wurst in voller Überzeugung als die beste an. Aber es geht dennoch nichts über das Originalrezept der Doktorskaja. Nicht weniger als das Originalrezept stellen wir Ihnen heute vor, damit Sie ihre eigene Doktorwurst zubereiten können.
1. Drehen Sie nacheinander das Rind- und Schweinefleisch durch den Wolf und machen Sie daraus Hackfleisch. Haben Sie keinen Fleischwolf, so schneiden Sie das Fleisch in so kleine Stücke wie nur möglich. Salz und Zucker zum Hackfleisch geben, unterkneten und über Nacht in den Kühlschrank stellen. So zieht das Fleisch gut durch.
2. Am nächsten Tag geben Sie alle übrigen Zutaten zum Hackfleisch und stellen es noch einmal 30 Minuten bis eine Stunde in den Kühlschrank oder ganz kurz ins Tiefkühlfach. Wenn das Fleisch leicht anfriert, pappt es besser zusammen. Drehen Sie die Fleischmasse mehrfach durch den Wolf oder verwenden Sie die Knetfunktion einer Küchenmaschine, damit eine feste und geschmeidige Masse entstehen kann. Machen Sie die „Klebeprobe“: Nehmen Sie etwas Fleischmasse in den Handteller. Wenn Sie nun ihre Hand umdrehen, sollte das Fleisch daran haften bleiben.
3. Nun wird gerollt. Nehmen Sie etwas Frischhaltefolie und rollen Sie darin die Masse, bis sie aussieht wie eine Wurst. Binden Sie die Folie an den Rändern der Wurst mit einem Faden so fest wie möglich zusammen. Stechen Sie vorsichtig Löcher in die Wurst, damit Luft entweichen kann. Nun legen Sie die Wurst in eine Plastiktüte.
4. Geben Sie die Wurst in der Tüte in einen Topf mit Wasser. Legen Sie sie vorsichtig und langsam hinein, so dass die Luft entweichen kann und die Wurst vollständig vom Wasser bedeckt wird. Durch das dadurch entstehende Vakuum wird die Wurst optimal gekocht. Erhitzen Sie das Wasser auf 65 bis 70 °C (benutzen Sie ein Kochthermometer zur Kontrolle) und lassen Sie die Wurst etwa drei Stunden garen, bis sie auch im Inneren etwa 65°C hat.
5. Wenn die Wurst fertig gekocht ist, nehmen Sie sie aus dem Wasser und legen Sie sie sofort in ein Eisbad.
6. Die Wurst ist verzehrfertig, wenn sie abgekühlt ist. Entfernen Sie Beutel und Folie. Genießen Sie nun Ihre selbstgemachte Doktorskaja!
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