Zuviel ist nicht genug: Warum die Russen Dill lieben (FOTOS)

Russische Küche
MARIA AFONINA
Ohne Dill geht in Russland gar nichts. Wir haben nachgeforscht, warum das Kraut so beliebt ist und was Ausländer davon halten.

Die Tradition, frisches, gehacktes Grün zu einer Vielzahl von Gerichten hinzuzufügen, kam in Zentralrussland wahrscheinlich aus der Kaukasusregion. Dort ist es üblich, Dill-, Koriander- und Petersiliensträuße zusammen mit Käse und Essiggurken zu servieren.

„Als ich in einem Sanatorium in Maykop (Adygea) war, haben die Köche Dill zu allem gegeben, sogar zu geriebenen Möhren. Kein einziges Gericht war ohne das Kraut“, erinnert sich Olga an ihren Urlaub in den Ausläufern des westlichen Kaukasus. 

Gerichte, bei denen es kein Zuviel an Dill gibt 

„Zuviel Dill ist noch nicht genug“, scherzt der italienische Küchenchef Mirko Zago. „Für einen Russen ist Dill eine Art Tradition, so wie Basilikum für einen Italiener. Wenn wir über die russische Küche sprechen, passt Dill in großen Mengen gut zu Kartoffeln und Suppen und als Zusatz zu Lachsmarinade.“

Außerdem wird Dill oft zu frischen Gemüsesalaten und traditionellen Neujahrssalaten mit Mayonnaise wie „Hering im Pelzmantel“ und "“Mimosa“ hinzugefügt. Vorspeisen mit Eiern, Kaviar oder Hering werden unweigerlich mit einem Dillzweig verziert. Er ist Zutat von Pfannkuchen und Pastetenfüllungen. Es gibt ihn getrocknet und gefroren. Dill kommt beim Einlegen von Gemüse zum Einsatz und passt auch zum Wodka. 

„Es gibt nicht viel, was man mit Dill nicht machen kann. Außer Süßigkeiten“, schrieb unsere Leserin Nora aus Amerika, nachdem sie ein Foto von tatarischem Katyk (einem Getränk aus gebackener Milch) mit Dill gesehen hatte.

In Russland werden Molkereiprodukte oft mit Dill gemischt. Man denke nur an Okroschka (eine kalte Suppe). Oder Knödel mit Hüttenkäse und Dill. 

Wird Dill nur in Russland gegessen?

Dill ist nicht nur eine Besonderheit der russischen Küche. Das Kraut ist unter anderem auch in Bulgarien, Serbien, Schweden und Kanada gefragt. In den beiden letztgenannten Ländern wird Dill hauptsächlich in Verbindung mit Lachs verwendet. Und wer liebt sie nicht, die weltumspannende Senf-Dill-Sauce eines schwedischen Möbelriesen? 

„Ja, Dill ist in Schweden sehr beliebt, aber die Russen sind noch viel verrückter danach. Ich habe Dill schon zu Kebab und praktisch allem gesehen“, schreibt unser Leser Jonathan.

In der französischen Küche machen die Köche ausgiebig Gebrauch von Fenchel - dem nächsten Verwandten des Dills. Allerdings ziehen sie es vor, die Knollen und Kräuter der Pflanze zu schmoren. In der italienischen Küche werden Fenchelsamen zu mariniertem Gemüse gegeben und zu pikanten Getränken verarbeitet. 

Warum wird in Russland so viel Dill verzehrt?

Erstens hat Dill einen ausgeprägten Geschmack, der jedes Gericht appetitlicher macht. Frischer Dill wird zum Beispiel zu Pelmeni gegeben, um die Fleischfüllung saftiger zu machen.

Zweitens ist Dill leicht anzubauen. Wie die Forumsteilnehmerin Natalia schreibt: „Es ist ziemlich schwierig, einen Ort zu finden, an dem er nicht wächst. Vielleicht in der Arktis. Hier in Sibirien wächst er wunderbar, manchmal reißen wir ihn aus wie Unkraut.“

Da frisches Obst und Gemüse in der UdSSR viele Jahre lang Mangelware waren, glich Dill den Mangel an Vitaminen aus. Ernährungswissenschaftler behaupten, das Kraut sei sehr gesund, zumindest für den Magen-Darm-Trakt und die Blutgefäße.

Dillwasser wird für Säuglinge, die unter Koliken leiden, und für junge Mütter in der Stillzeit empfohlen. Allerdings wird es auf unterschiedliche Weise zubereitet: Die Apothekenversion verwendet Fenchel, die hausgemachte Version Dillsamen oder frischen Dill. Für viele Menschen in Russland kommt der erste Geschmack von Dill mit der Muttermilch. 

Was sagen die Ausländer über Dill?

Als unser Leser Andrew aus Amerika ein Foto von mit Dill bestreuten Rühreiern sah, schrieb er: „Ihr habt die Eier vergessen!“ Dill wurde bei diesem Gericht großzügig verwendet, nach russischen Maßstäben jedoch keinesfalls übermäßig. 

„Ich habe viele verschiedene Gerichte in Mittel- und Südrussland, einschließlich des Kaukasus, probiert, und in vielen war Dill enthalten“, sagt Rene aus Deutschland. Die Eltern seiner Frau leben in der Region Krasnodar, deshalb besucht er Russland jedes Jahr. „Sie essen zum Beispiel Kartoffeln, Fleisch, Salat und gesalzene Tomaten mit frischem Dill. In Deutschland mögen wir Dill nicht so sehr. Ich glaube, Veganer würzen damit ihren Salat.“  

„Die Russen geben genau die richtige Menge Dill dazu, in manchen Gerichten vielleicht sogar zu wenig. Grünzeug, einschließlich Dill, verleiht dem Essen Frische, und der Geschmack ist traditionell und weckt Erinnerungen an die Kindheit“, erklärt der serbische Koch Boris Jowanowitsch. „Heutzutage findet man Dill in Restaurants immer häufiger nicht nur in seiner klassischen Form. In unserem Restaurant stellen wir zum Beispiel Dillpaste her und verwenden sie zur Dekoration von Speisen. Das ist jetzt ein Trend.“