Fest von Iwan dem Schrecklichen in der Alexandrowskaja Sloboda
Juri SergejewDer österreichische Gesandte Sigismund von Herberstein kam 1526 an den Hof des Moskauer Großfürsten Wassili III. Bei einem Festessen sah er erstmals gebratene Schwäne, eine Leibspeise der Moskauer Herrscher.
„Die Diener brachten zunächst Brandy, der von den Russen stets vor dem Essen getrunken wurde. Dann kamen die Schwäne als erster Gang auf den Tisch. Drei wurden vor den Zaren gestellt, der mit der Gabel hinein stach und den besten auswählte. Die anderen wurden sofort abgeräumt. Die Diener servierten anschließend den Schwan in kleineren Stücken”, schrieb der Diplomat.
Sigismund von Herberstein
gemeinfreiHerberstein erklärte, dass dazu eine Sauce aus Essig, Salz und Pfeffer gereicht wurde. Schwäne galten als besonders edle, zarenwürdige Speise. Wenn die Gäste als nicht würdig genug betrachtet wurden, kam der Schwan nicht auf den Tisch.
Im 19. Jahrhundert wunderte sich der Jäger und Schriftsteller Sergei Aksakow: „Ich verstehe nicht, warum Schwäne bei unseren Großfürsten und Zaren als Delikatesse galten. Sie müssen damals einen Weg gefunden haben, das Fleisch zart zu machen.“
Fest im Moskauer Kreml zur Krönung von Michail Fjodorowitsch
gemeinfreiDie Schwäne wurden vor dem Braten angeblich in Essig oder Sauermilch mariniert und in einem russischen Ofen zubereitet. Nur bei beständiger Hitze und am offenen Feuer wurde das Fleisch des Schwans saftig. Das Rezept für diese Zarenspeise ist leider verloren gegangen.
An 200 Tagen im Jahr fasteten die russisch-orthodoxen Gläubigen. Auch die Großfürsten und Zaren hielten sich daran. Wenn jedoch eine Feierlichkeit bei Hofe auf einen Fastentag fiel, behalf man sich mit einem Trick. Fleisch war verboten und so servierten die Russen stattdessen Fischgräten, die wie Fleisch schmeckten.
Tel’noje hieß diese Speise, was auf Deutsch in etwa bedeutet „etwas, das einem Körper ähnelt“.
Erzdiakon Paulus von Aleppo, der zwischen 1654 und 1656 in Moskau weilte, beschrieb das Gericht: „Alle Gräten des Fischs werden herausgenommen und zerkleinert, bis sie wie Teig sind. Dazu kommen Zwiebeln und Safran. Mit Holzformen, die Lämmern und Gänsen nachgebildet sind, wird der Teig ausgestochen und in tiefen Pfannen in Pflanzenöl geröstet. Es schmeckt ausgezeichnet. Man könnte es für echtes Lammfleisch halten.“
Botwinja
Legion MediaDas Lieblingsgericht von Alexander I. (regierte von 1801 bis 1825) war Botwinja – eine sehr preiswerte kalte Gemüsesuppe, die zuzubereiten jede russische Hausfrau im Stande war.
Zar Alexander I.
Stepan SchtschukinDer Name Botwinja kommt von „Botwa“, zu Deutsch „Gemüsespitzen“. Die Zutaten sind hauptsächlich Rote Beete, Spinat und Sauerampferblätter, die ein bis zwei Minuten gekocht werden. Anschließend wird das Gemüse mit Gurken, Dill und Frühlingszwiebeln kleingehackt und mit weißem Kwas übergossen. Dazu reichte man Weißfisch (Stör).
Gesalzene Wassermelone
Legion MediaIn großen Teilen Russlands ist es kalt und die Vorfahren konnten frisches Obst nur wenige Monate im Jahr genießen. Daher war es üblich, Lebensmittel durch Salzen und Marinieren haltbar zu machen. Jeder kennt Salzgurken, ein russisches Grundnahrungsmittel. Es gab aber auch gesalzene Wassermelonen und sogar gesalzene Zwetschgen, auch auf der Tafel der Zaren.
Seit den Zeiten von Alexei Michailowitsch (1629-1676) wurden in Astrachan Wassermelonen angebaut. In Moskau ließen sie sich nicht anpflanzen.
Die Russen salzten die Wassermelonen jedoch nicht, um sie zu konservieren, sondern weil die russisch-orthodoxe Kirche den Verzehr frischer Wassermelonen untersagte. Der Grund dafür war ihre Form, die die Kirche mit dem Haupt von Johannes dem Täufer verglich. Daher wurden die Wassermelonen in Honig mit Knoblauch und Salz eingelegt.
Zar Nikolaus I. mochte nichts Süßes und aß Salzgurken daher sogar zum Tee. Nur er mochte in seiner Familie diese geschmacklichen Gegensätze.
Gespräch von Alexander II. mit den Bauern während der Jagd
Klawdij LebedewEin weiteres beliebtes Gericht russischer Zaren war Bärenleber, eine Leibspeise von Alexander II. (regierte von 1855 bis 1881). Alexander II. war ein begeisterter Jäger, doch Treibjagden fand er langweilig. Lieber streifte er auf der Suche nach Beute tagelang durch die Wälder. Wenn er Jagdglück hatte, aß er das erlegte Tier oft sofort. Er verzichtete dann auf höfische Etikette und briet am offenen Feuer Bärenfleisch und Bärenleber, die er als Delikatesse empfand.
Nur wenige Menschen würden Bärenleber überhaupt als genießbar bezeichnen und noch weniger als köstlich.
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