Verbotenes Gemüse: Warum Putin das Tomaten-Embargo nicht aufhebt

Russian President Vladimir Putin (R) shakes hands with his Turkish counterpart Tayyip Erdogan during a news conference following their talks in Sochi, Russia, May 3, 2017.

Russian President Vladimir Putin (R) shakes hands with his Turkish counterpart Tayyip Erdogan during a news conference following their talks in Sochi, Russia, May 3, 2017.

Reuters
Russland und die Türkei haben sich darauf geeinigt, alle gegenseitigen Beschränkungen aufzuheben. Alle bis auf eine: Das Embargo auf türkische Tomaten bleibt bis auf Weiteres bestehen. Wenn Russland richtig handelt, könnte dies eine Chance sein.

Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schütteln sich die Hände während ihres Gesprächs in Sotschi am 3. Mai 2017 / ReutersRusslands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schütteln sich die Hände während ihres Gesprächs in Sotschi am 3. Mai 2017 / Reuters

Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan haben sich im Rahmen ihrer Gespräche am vergangenen Mittwoch in Sotschi auf die Aufhebung fast aller Handelsbeschränkungen geeinigt.

In erster Linie geht es dabei um die Aufhebung des russischen Lebensmittel-Embargos, das nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Luftwaffe Anfang letzten Jahres eingeführt wurde, sowie des Verbots auf die gebührenfreie Ausfuhr von Getreide, Mais und Sonnenblumenschrot in die Türkei, das Mitte März dieses Jahres ausgesprochen wurde. „Wir haben eine Lösung für alle Probleme, die mit den Einschränkungen verbunden waren, gefunden“, sagte Putin.

Das verbotene Fruchtgemüse

Das gilt allerdings offenbar nicht für türkische Tomaten. Denn das Importverbot bleibt weiter bestehen, wie Putin unter Verweis auf die Interessen der russischen Landwirtschaft erklärte: „Unsere Landwirte haben große Kredite und Darlehen aufgenommen. Hier handelt es sich um einen ziemlich langen Produktionszyklus, der wegen der speziellen Wetterbedingungen in Russland auf den Bau von Treibhäusern angewiesen ist“, sagte Putin.

Das Tomaten-Embargo könne noch drei bis fünf Jahre in Kraft bleiben, teilte Vize-Ministerpräsident Arkadi Dworkowitsch mit. „Die Einschränkungen werden auf jeden Fall bestehen bleiben. Unsere Produzenten haben nichts zu befürchten. Einzelne Regelungen, die uns aber keinen wirtschaftlichen Schaden zufügen, könnten jedoch eingeführt werden“, sagte er.

Bis zur Einführung des Embargos war die Türkei der größte Lieferant von Tomaten nach Russland. Angaben des russischen Zolls zufolge kamen Ende 2015 fast 53 Prozent der Tomaten aus der Türkei.

Russische Verbraucher würden indes von einer Rückkehr der türkischen Tomaten profitieren, weil deren Produktionskosten niedriger seien als die von heimischen, erklärt eine gemeinsame Studie des Gaidar-Instituts und der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst beim Präsidenten der Russischen Föderation.

„Der Preis kann in den Läden drei Mal höher sein als die Kosten von importierten Tomaten. Außerdem liegen die Preise der russischen Gewächshäuser deutlich über den Durchschnittspreisen von Tomaten aus dem Ausland, und zwar sämtlicher Importeure“, so heißt es im Bericht. Der Import von Tomaten aus der Türkei sei günstiger als die Einfuhr aus anderen Ländern.

Das Problem ist die Logistik

Die niedrigeren Produktionskosten der türkischen Tomaten lägen in den warmen Witterungsbedingungen begründet, erklärt Alexander Korbut, Vizepräsident des russischen Getreideverbands. Eine fünfjährige Importpause von türkischen Tomaten könne jedoch zur Entwicklung der russischen Treibhäuser beitragen. „In der Zeit, in der die Beschränkungen gelten, können die russischen Hersteller durchaus wettbewerbsfähig werden und die Produktionskosten senken, indem die Produktion ansteigt“, fügte er hinzu.

Problematisch seien allerdings nicht die Produktionskosten, sondern die Logistik, entgegnet Jakow Ljubowedski vom Verband der ökologischen Landwirtschaft. Die gegenwärtigen Handelsnetze würden mit kleineren inländischen Lieferanten schlecht funktionieren, bemängelt der Experte. „Das Gemüse anzubauen, ist bei uns billiger als in der Türkei. Das Vertriebssystem basiert jedoch auf dem Import. Für die Handelsnetze ist es einfacher, das Gemüse in großen Mengen zu importieren, als die kleinen Lieferungen an den heimischen Bauernhöfen einzusammeln“, erläutert er.

Außerdem würden die heimischen Landwirte im Gegensatz zu den türkischen nicht vom Staat unterstützt, ergänzt Ljubowedski. Die höheren Produktionskosten in der Türkei, so glaubt der Experte, würden aber genau dadurch kompensiert.

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