Seit dem 1. November ist das russische Embargo auf türkische Tomaten aufgehoben, das vor zwei Jahren nach dem Abschuss eines russischen Militärfliegers durch türkische Soldaten eingeführt worden war. Nach Angaben der russischen Behörden würden nun bereits einen Monat früher als geplant einmal 50.000 Tonnen Tomaten nach Russland eingeführt werden dürfen. Als Antwort darauf wird erwartet, dass auch die Türkei ihren Markt wieder für russische Produzenten öffnet – beispielsweise für Fleischwaren. Dann könne, so hieß es, auch über eine langfristige Aufhebung des Embargos verhandelt werden.
Russland baut zwar auch selbst Tomaten an, und zwar in diesem Jahr bereits 190.000 Tonnen bis Ende Oktober. Und da die russische Regierung den hiesigen Anbau auch noch weiter ausbauen will, will sie gleichzeitig dafür sorgen, dass die erneut erlaubten Importe erfahrungsgemäß günstigeren Gemüses die Entwicklung der heimischen Produktion nicht gefährden.
Weizen und allerlei Korn
In den letzten Jahren hat die russische Landwirtschaft selbst bereits mehrere Rekorde gebrochen. Wie Russia Beyond bereits berichtete, ist das Land mittlerweile Exportmeister bei der Ausfuhr von Weizen und Roggen und mit anderen Getreidesorten ebenfalls unter den Spitzenexporteuren. Und dennoch zeigt die Statistik des russischen Verbraucherservices, dass Moskau immer noch selbst Getreide einführt! 2016 gab der Staat insgesamt über 340 Millionen Dollar für Getreide aus.
„Wir kaufen qualitativ hochwertiges Getreide für die Weiterverarbeitung und zur Herstellung teurer Nudelsorten ein“, erläutert Iwan Rubow, Direktor der Analytiker-Gruppe des russischen staatlichen Agrikulturkomitees, für Russia Beyond. „Außerdem importieren wir Getreide aus Nordkasachstan, wo ebenso viel angebaut wird, aber die logistischen Bedingungen für den Export beschränkt sind. Und so führen die sibirischen Nachbarn von dort Getreide ein, bevor es in andere Teile Russlands oder ins Ausland weiter verkauft wird.“
Öl, Gas, Benzin und…?
Ein weiterer überraschender Punkt auf Russlandsimportliste sind Energieträger und -ressourcen. So hat Moskau im vergangenen Jahr Ölprodukte im Wert von mehr als 750 Millionen Dollar sowie Gas für über 120 Millionen Dollar eingekauft. Warum aber tut das ein Land, das doch selbst zur Weltspitze der Ressourcenreserven und deren Export gehört?
„Der größte Teil des eingeführten Öls und Gases kam 2016 aus den Staaten der Eurasischen Wirtschaftsunion, also aus Kasachstan und Weißrussland, sowie aus Finnland, das ebenfalls bereits ein langjähriger Partner Russlands ist“, erklärt Iwan Kapitonow vom Institut für Staatliche Wirtschaftsreglementierung der Russischen Akademie der Wissenschaften. Meistens seien günstiger Preise oder logistische Vorteile Gründe dafür, dass gelegentlich auf Ressourcen aus dem Ausland zurückgegriffen werde. „Wenn es günstiger ist, Benzin in Belarus zu kaufen, dann ist es auch profitabler, es da zu kaufen. Dasselbe betrifft das Öl. Außerdem stärken solche Importe nicht nur die nachbarschaftlichen Beziehungen, sondern sind auch ökonomisch vernünftig“, so der Experte weiter.
Maschinen und Technik
Auch Autos, Fahrzeugaustattung und große Maschinen stellen die wichtigste, weil größte Gruppe der für Russland wichtigen Importgüter dar. Offizielle Statistiken bestätigen das: Die Fahrzeugtechnik deckt über die Hälfte der russischen Importe des letzten Jahres überhaupt. Dazu jedoch betonen Experten immer wieder, dass die meisten Fahrzeugteile vor allem von europäischen Herstellern gekauft werden. Dabei seien diese Teile keineswegs neue Autos, Yachten oder Haushaltsgeräte, sondern eine Art importierte Investition: Da sich immer mehr ausländische Firmen in Russland niederlassen, brauchen sie auch die nötigen Geräte und Teile für die Produktion, sodass die Importe in diesem Bereich vor allem auch zum Ausbau der Binnenwirtschaft beitragen soll.