Wie kann die russische Wirtschaft von der FIFA-2018 profitieren?

Die diesjährige Fußball-Weltmeisterschaft ist eine der teuersten der WM-Geschichte. Aber bringt sie der russischen Wirtschaft auch noch etwas außer nur Ausgaben?

Der Bau neuer Stadien, die Verbesserung der Verkehrsanbindung und die Durchführung kultureller Veranstaltungen – die FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 2018 kostete den russischen Staat und private Investoren insgesamt umgerechnet rund 13,2 Milliarden Dollar. Sie ist damit die teuerste in der Fifa-WM-Geschichte.

Experten sagen, dass die Chancen für die russische Wirtschaft, von der Ausrichtung des Events direkt zu profitieren, ziemlich gering seien. Aber vielleicht sind es die PR-Pluspunkte, die der Kreml wirklich erzielen möchte?

Was bringen die Touristen?

Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen Touristen kommen gerade nach Russland, um die WM zu genießen. Die Behörden rechnen offiziell mit bis zu 1,5 Millionen, unabhängige Quellen nennen bescheidenere Zahlen von bis  zu 500.000.

Jeder Fan bringt Medienberichten zufolge dabei schätzungsweise 5000 bis 8000 Dollar im Durchschnitt für Essen, Unterkunft, Souvenirs, Unterhaltung und andere Ausgaben auf. Damit könnte mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 2,5 bis 4 Milliarden Dollar rechnen.

Ausländische Touristen trugen nicht nur in den Großstädten, sondern auch in den Regionen zu einer wachsenden Nachfrage in den Hotel- und Restaurantbetrieben bei. "Dieser Trend wird jedoch nicht lange anhalten, er wird aufhören, sobald die Meisterschaft vorbei ist", schätzt Finanzdirektorin Jewgenija Miruk von dem Beratungsunternehmen Evolution Management.

Ein weiteres vorübergehendes Phänomen, das durch den Zustrom von Fußballfans verursacht wird, ist eine Aufwertung des Rubels. Touristen kaufen die Währung und schaffen dadurch mehr Nachfrage. Die Wirkung wird jedoch begrenzt sein: Experten zufolge könnte die russische Währung gegenüber dem US-Dollar um höchstens zwei Prozent zulegen.

Stadien umsonst?

Während der Großteil der Vorbereitungskosten in die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel und Sportanlagen gesteckt wurde.  4,1 Milliarden Dollar flossen in den Bau großer, moderner und teurer Sportstadien. Während die Behörden glauben, dass sie sich langfristig durch die Ausrichtung von Veranstaltungen und sportlichen Aktivitäten amortisieren werden, sind sich da andere Experten nicht so sicher.

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von Fitch Ratings weist beispielsweise auch darauf hin, dass diese Stadien möglicherweise auch Kosten in Höhe von mehreren Millionen Rubel für Wartung und Instandhaltung erfordern würden. Das sei zwar ein erträglicher Aufwand für Großstädte wie Moskau und St. Petersburg, aber eine durchaus schmerzhaft für kleinere Gemeinden wie Saransk.

Letztes Jahr hatte die Hauptstadt Mordwiniens während der Wm-Vorbereitungen ein Defizit von 27 Prozent gemeldet und nun erwarten die Behörden auch noch, dass es 300 Millionen Rubel (4,7 Millionen Dollar) jährlich für die Wartung des neuen 17-Milliarden-Rubel Stadions aufbringen muss. Mit ihren begrenzten eigenen Ressourcen könnten Saransk und möglicherweise andere Städte aber durchaus Schwierigkeiten haben, solche Folgekosten zu tragen.

Moderater Anlagegewinn

Insgesamt prognostizieren Experten und Beratungsunternehmen eine moderate Verbesserung der Wirtschaft durch die Austragung der Fußballweltmeisterschaft – allerdings nicht mehr als ein Prozent des BIP. Außerdem sieht Miruk auch einen positiven Faktor für die Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren:

"Es beweist, dass Russland das Potenzial hat, ambitionierte Großprojekte umzusetzen und das Vertrauen potenzieller Partner zu gewinnen."

Diesen Vorteil zu nutzen, wird jedoch schwierig sein. Die Meisterschaft selbst wird keine neuen Investoren nach Russland ziehen. Faktoren wie rechtliche Bedingungen, Transparenz und externe Bedingungen wie Sanktionen werden für Investoren weiterhin von zentraler Bedeutung sein, so Darja Nosowa von FinTech 02 Consulting und Oleg Bogdanow von Teletrade Group.

Darüber hinaus wird es für Russland von entscheidender Bedeutung sein, zu zeigen, dass es ein zuverlässiger Partner sein kann, indem es sich für langfristige Beziehungen mit anderen Ländern entscheidet, sagt Dmitrij Kibkalo von Mosigra, der internationalen Kette von Brettspielläden.

"Dies schafft eine Atmosphäre des Vertrauens und des Interesses, mit Geld immer wieder nach Russland zurückzukehren.“

Beste PR aller Zeiten?

Die Ausrichtung großer internationaler Veranstaltungen wie der WM ist in erster Linie eine ausgezeichnete PR-Strategie und keine wirtschaftspolitische Maßnahme. Vielleicht sollten die 4,1 Milliarden Dollar, die für Stadien ausgegeben werden, als eine Investition in eine globale PR-Kampagne für Russland betrachtet werden?

Heute sieht man eine Art Déjà-vu, meint dazu der Investment-Analyst Wladimir Rojankowskij des Moskauer Finanzzentrums. Vor 30 Jahren, nach dem Fall der Sowjetunion, begannen westliche Investoren, Russland als Staat, als Kultur und als Wirtschaft zu entdecken. Heute passiere wieder etwas ähnliches.

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