Warum ist Taxifahren in Russland günstiger als ein eigenes Auto zu besitzen?

Ramil Sitdikow/Sputnik/Sputnik
Die Nachfrage nach Taxifahrten ist hoch und die Preise sinken. Eine Studie hat ergeben, dass es sich finanziell lohnen kann, auf ein eigenes Auto zu verzichten.

Eine Studie der britischen HSBC-Bank hat ergeben, dass es oft günstiger ist, Taxi zu fahren, als sich ein eigenes Auto zu leisten. Für diejenigen, die in Russland im Jahr weniger als 5 388 Kilometer zurücklegen, lohnt der Verzicht auf den privaten PKW und der Umstieg aufs Taxi.  

Russland lag mit großem Abstand an der Spitze der Studie unter den wichtigsten Ländern. In Indien liegt der Schwellenwert, ab dem die Nutzung eines Taxis billiger wird als der Besitz eines Autos, bei 2 731 Kilometern pro Jahr, in den USA bei 1 102 Kilometern und in Deutschland bei 811 Kilometern. Wir erklären, warum das so ist. 

Grund 1: Taxigebühren sind gering, die Kosten für ein Auto hoch 

Nach Berechnungen der Bank betragen die durchschnittlichen Kosten für eine Taxifahrt in Russland 130 Rubel (etwa 1,77 Euro). In Moskau, wo die Fahrpreise am höchsten sind, werden etwa 350 Rubel (etwa 4,77 Euro) fällig. In den USA zahlt man im Schnitt 75 Prozent mehr. 

Das Durchschnittseinkommen der Russen ist niedrig (hier erfahren Sie, wieviel der durchschnittliche Russe verdient), die Taxipreise orientieren sich daran. 

Die Anschaffungskosten für ein Auto sind wegen der Importzölle dagegen recht hoch. Auf einen Toyota Camry spart ein Russe dreimal so lange wie etwa ein US-Bürger. „In Russland sind die Taxipreise proportional zum Einkommen, die Autopreise dagegen nicht. Daher die gegenwärtige Situation“, erklären die HSBC-Analysten.

Grund 2: Die Nachfrage nach Taxifahrten ist hoch

In vielen russischen Regionen ist der öffentliche Nahverkehr nicht so gut ausgebaut, wie es wünschenswert wäre. Nachtbusse sind eine Seltenheit. In einigen Städten fahren Busse und Bahnen nach zehn oder elf Uhr abends gar nicht mehr.

Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Taxifahrten können die Anbieter ihre Preise senken. „Die Hauptantriebskraft für die Preissenkung sind mehr Fahrten und kürzere Abstände dazwischen. Der Taxifahrer hat so weniger Leerlauf und mehr zahlende Fahrgäste”, sagt Alexander Gorny, stellvertretender Generaldirektor für Strategie bei CityMobil. 

In Russland haben 45 Prozent der Menschen eine Taxi-App auf ihrem Mobiltelefon installiert, nur in China (51 Prozent) und Mexiko (46 Prozent) sind es noch mehr. 

Grund 3: Das Taxiwesen in Russland ist rein privatwirtschaftlich.

In der UdSSR gab es einen staatlichen Taxidienst, der sich jedoch in den 1990er Jahren als undurchführbar herausstellte. In Russland entfallen mittlerweile 50 Prozent des Taximarktes auf private Unternehmen, die ihre Tarife, anders als zum Teil in Europa, nach eigenem Ermessen festlegen können. Der Rest des Marktes wird von nicht lizenzierten Taxibetreibern eingenommen, die in den Regionen noch recht zahlreich sind. 

Als Uber 2013 in Russland an den Start ging, kopierten einige große Taxiunternehmen die Idee und entwickelten eigene Angebote. Dutzende Taxiunternehmen haben ihre Tarife gesenkt und sind beim russischen Uber-Äquivalent Yandex.Taxi oder dem israelischen Gett organisiert. Die Eintrittsbedingungen waren sehr gut.

Der russische Staat unterstützt die Taxibranche lediglich durch Subventionen, wenn es um die Anschaffung von Fahrzeugen geht. Die Moskauer Stadtregierung hat dafür zum Beispiel seit 2012 über 700 Millionen Rubel (etwa 9,6 Millionen Euro) bereitgestellt. 

Grund 4: Fast jeder kann Taxifahrer werden

In einigen Regionen, etwa in Moskau, werden Taxilizenzen kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr ausgestellt. Einzige Voraussetzung ist, dass der Fahrer entweder einem Taxiunternehmen beitritt oder sich als Einzelunternehmer anmeldet. Bei der Beantragung einer Lizenz ist es nicht erforderlich, eine Prüfung zu Orts- oder russischen Sprachkenntnissen abzulegen. 

Das Leasing eines als Taxi genutzten Fahrzeugs ist günstig (1 500 bis 2 000 Rubel, etwa 20 bis 27 Euro pro Tag). Wenn unter anderem die Farbe und die technische Ausstattung stimmen und der Innenraum den Anforderungen an die Personenbeförderung genügt, kann auch das Privatfahrzeug genutzt werden. 

*Die HSBC-Studie hat folgende Indikatoren berücksichtigt: Kosten für einen Toyota Camry im jeweiligen Staat, Kosten für Kraftstoff und Unterhalt des Fahrzeugs, durchschnittliche Taxipreise und durchschnittliche Einkommen. 

>>> Raus aus dem Stau: Wie der öffentliche Nahverkehr in Moskau attraktiver werden soll

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