Eine der am stärksten betroffenen Branchen der Coronavirus-Pandemie ist natürlich der Transport. Fluggesellschaften waren gezwungen, viele Flüge abzusagen. Die Vorstellung, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, hat vielen Menschen Unbehagen bereitet. Das hat Forscher, Politiker und Unternehmer dazu bewegt, sich die Frage zu stellen, wie unsere Zukunft gestaltet werden muss.
Eine überzeugende Antwort für das Transportwesen kommt von Denis Swerdlow, dem russischen Gründer des in Großbritannien ansässigen Unternehmens Arrival. Es macht bereits die Runde, dass das Unternehmen Busse für den öffentlichen Verkehr entworfen hat, die nicht nur versprechen, CO2-Emissionen zu senken, sondern auch die Fahrgäste durch Maßnahmen zum Abstand halten in den Fahrzeugen zu schützen.
Der Bus
Der bereits im Juni angekündigte Bus von Arrival hat ein anpassbares Fahrzeuginneres. Dies ermöglicht, Schutzmaßnahmen umzusetzen, die die Ansteckungsgefahr der Passagiere mit dem Coronavirus minimieren und dessen Verbreitung verhindern.
Die Möglichkeit, die Zahl der Fahrgäste zu variieren und Abstand zwischen ihnen zu schaffen, ist der Kern der Idee und unterscheidet den Bus von anderen Arrival-Fahrzeugen. Sitze können unterschiedlich angeordnet oder entfernt werden, um zusätzlichen Platz zu schaffen. Plexiglasscheiben bieten zusätzlichen Schutz, ebenso wie die Möglichkeit, einen Halt berührungslos anzufordern. Zudem wurde bei den Sitzen auf eine Gestaltung zum Beispiel ohne Nähte geachtet, um eine effektivere Desinfektion zu ermöglichen.
Diese Flexibilität ist von großer Bedeutung, da, obwohl es in Russland und auf der ganzen Welt immer mehr Lockerungen gibt, bestimmte Maßnahmen zum Abstandhalten noch bis 2021 oder sogar 2022 anhalten könnten.
Aber auch ohne Berücksichtigung des Virus gibt es eine Reihe von Funktionen, die den Arrival Bus zum Bus der Zukunft machen. Er wird zum Beispiel mit einer intelligenten Technologie ausgestattet sein, mit der Passagiere schon vor Fahrtantritt ihre Ausstiegshaltestelle mit dem Smartphone auswählen können. Zudem wird die Zahl der Fahrgäste angezeigt, so dass man sich entscheiden kann, ob man noch einsteigen oder auf den nächsten Bus warten möchte.
Das Unternehmen
Denis Swerdlow lebt derzeit in London und hat Arrival im Jahr 2015 gegründet. Das Unternehmen hatte relativ bescheidene Anfänge. Seine ursprüngliche Mission war es, elektrische, emissionsarme Transporter zu entwickeln, die in den Städten für Kurierfahrten auf kurzen Strecken eingesetzt werden können. Seitdem ist das Unternehmen gewachsen und hat nun über 800 Mitarbeiter und Entwicklungszentren in den USA, Großbritannien, Deutschland, Russland und Israel.
Vor der Ankündigung, ein Gefährt für den öffentlichen Nahverkehr zu entwickeln, machte Arrival bereits im Januar Schlagzeilen mit der Ankündigung, dass die ersten Transporter schon Ende 2020 auf den Straßen von Paris, London und verschiedenen amerikanischen Städten fahren sollen. Das hat das Interesse einiger großer Investoren geweckt.
Swerdlow war bis 2020 der einzige Aktionär, aber im Januar kamen die großen Autobauer Hyundai und Kia hinzu, die Arrival eine Finanzspritze von 3,3 Milliarden US-Dollar brachten. Bald darauf beschloss die Lieferfirma UPS, 10.000 Elektrofahrzeuge zu bestellen, um mit keinem geringeren als dem Online-Einzelhandelsgiganten Amazon zu konkurrieren. Amazon hat kürzlich 100.000 Elektrofahrzeuge von Rivian, einem amerikanischen Autohersteller, geordert. Das könnte der Beginn eines umweltfreundlichen „Wettrüstens“ sein, das Swerdlow sicherlich zu weiteren technischen Innovationen anspornt.
Der Markt
Die Erfolge von Swerdlow ebnen den Weg für den weltweiten Zugang zu Elektromobilität. Der Trend hält an, es gibt immer mehr Elektrofahrzeuge. Klimaschutz ist im Mainstream angekommen. Ein Bus wie der von Arrival ist ein Beitrag dazu, die Zukunft unter den Bedingungen der Pandemie zu bewältigen. Die Reichweite und Relevanz des Unternehmens Arrival wird dies fördern.
Während der Markt für Elektrofahrzeuge weltweit wächst, gibt es in Russland eine Reihe von Hindernissen, die Pioniere wie Swerdlow noch überwinden müssen.
Es ist nicht so, dass dem russischen Markt Elektroautos fremd sind: Der Milliardär Michail Prochorow führte 2010 das „Yo-Mobile“ ein, für das es über 210.000 Vorbestellungen gab. Russlands Präsident Wladimir Putin machte sogar eine Probefahrt. Die Krise im Jahr 2014 führte jedoch dazu, dass das Unternehmen aufgeben musste. Der Strommarkt ist noch immer in einer schwierigen Phase. Nach Angaben der Analyseagentur Autostat wurden 2019 landesweit nur 353 Elektroautos verkauft - der Verkauf von gasbetriebenen Autos erreichte dagegen 1,72 Millionen. Die USA, China und Europa bieten Steuersenkungsprogramme an, um den Kauf umweltfreundlicher Fahrzeuge zu fördern. Ein ähnliches Programm wird in der russischen Duma diskutiert.
Das heißt aber nicht, dass es überhaupt keine Fortschritte gibt. Hyundai, einer der Investoren von Arrival, arbeitet mit dem russischen Technologieriesen Yandex an der Entwicklung führerloser Autos, und Swerdlow ist weiterhin damit beschäftigt, seine Fahrzeuge zur Marktreife zu bringen. Vielleicht wird die Pandemie den Prozess beschleunigen. Seine Busse, die die Möglichkeit des Abstandhaltens bieten, sind eine heimische Lösung für eine internationale Gesundheitskrise. Dabei wird auch hilfreich sein, dass Arrival die Kosten für einen seiner Busse nicht höher als die für herkömmliche, mit Gas betriebene Alternativen, beziffert.