Ausländische Geschäftsleute in Russland: Überleben in der Pandemie

RTVI; Russia Beyond
Ausländische Unternehmer in Russland erzählen dem Fernsehsender RTVI, wie sich die Corona-Krise auf ihre Geschäfte ausgewirkt hat.

Michael Schaffarczyk aus den USA, Musiker und Besitzer eines Musikgeschäftes 

Michael Schaffarczyk, ein Musiker aus San Francisco, kam nach St. Petersburg, um dort am Konservatorium zu studieren. Er spielte im Symphonieorchester des Mariinski Theaters. Im Jahr 2016 eröffnete Schaffarczyk ein Musikgeschäft im Zentrum von St. Petersburg. Der Laden wurde ein Erfolg. 

Zu Beginn der Pandemie war Michael in der Schweiz auf Tournee. Eines der geplanten Konzerte wurde abgesagt. Bei seiner Ankunft in Russland fühlte sich Schaffarczyk unwohl und wurde in eine Klinik für Infektiologie überwiesen, wo er eine Woche in Quarantäne verbrachte. Tests auf das Coronavirus fielen jedoch negativ aus und er wurde wieder entlassen.

Während des Lockdowns war natürlich auch sein Musikgeschäft geschlossen. Schaffarczyk beschloss, verschiedene Werbekampagnen in sozialen Netzwerken zu starten und bot Sonderaktionen an, etwa kostenlose Lieferungen in ganz Russland. So konnten die Internetverkäufe den Rückgang der Ladenverkäufe teilweise ausgleichen. „Ich denke, dass die Leute uns einfach nur unterstützen wollten. Leute, die uns kennen und wahrscheinlich Stammkunden von uns sind“, meint Michael.

Vor der Pandemie hatte Michael geplant, ein weiteres Geschäft in Moskau zu eröffnen. Er hatte bereits Räumlichkeiten angemietet, einen Kredit in Höhe von mehreren Millionen Rubel aufgenommen und die Eröffnung für den 14. April geplant. Er konnte damals nicht wissen, dass dies der Höhepunkt der Corona-Krise sein würde. Er und seine Partner entschieden sich noch rechtzeitig, die Eröffnung zu verschieben. Michael musste alles vom Krankenhaus aus organisieren. Das hat ihn Nerven gekostet. 

Schaffarczyk hofft jedoch sehr, dass die ideal gelegenen Geschäftsräume in Moskau, direkt gegenüber dem Konservatorium, auch nach dem Lockdown noch auf ihn warten.  

David Henderson aus Großbritannien, Eigentümer der Raketa Uhrenfabrik 

David Henderson hat russische Wurzeln und spricht ausgezeichnet Russisch. Seit 15 Jahren lebt er in Russland und ist CEO der Raketa-Uhrenfabrik, die unter Peter dem Großen gegründet wurde. Davids Ziel ist es nach seinen eigenen Worten, die Raketa-Uhren zur „russischen Rolex“ zu machen. 

Zu Beginn der Pandemie war Henderson nicht bereit zu glauben, dass die Situation so schlimm werden und zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft und der Schließung von Geschäften führen würde und dass Menschen auf der ganzen Welt zu Hause sitzen müssten.

Die Schließung der Uhrenfabrik war ein echter Schock für David. Die Uhrenbauer konnten nur bestehende Aufträge mit den noch verfügbaren Komponenten abschließen. Aufgrund der Ladenschließungen gab es jedoch keine neuen Verkäufe. Das Unternehmen musste erhebliche Umsatzeinbußen auch bei den profitablen Partnerunternehmen hinnehmen. 

Henderson entschied sich, auf den Online-Handel auszuweichen. Die Eröffnung eines Onlineshops hatte er zuvor immer wieder verschoben, doch die Pandemie zwang das Unternehmen, nun alle Energie in das Internet und das Marketing in sozialen Netzwerken zu stecken. „Wir haben Live-Blogs und -Gespräche, Interviews und alle möglichen Aktivitäten gemacht. Wir hatten viel mehr Kontakt zu Journalisten und der Uhren-Fachpresse im In- und Ausland, sagt Henderson. Statt eines Rückgangs, konnte Henderson steigende Verkäufe verbuchen. 

Henderson sagt, dass die Leute im Moment einerseits wenig Interesse am Uhrenkauf hätten, sie hätten zurzeit andere Sorgen. Andererseits sei eine Raketa-Uhr aber auch kein Gebrauchsgegenstand. „Es ist ein Kunstwerk, das eine Menge Emotionen verkörpert, und wenn überall um dich herum Untergang und Finsternis herrscht, braucht man positive Emotionen“, ist der Engländer überzeugt. 

Silvio Schöll aus Deutschland, Inhaber eines Fahrradladens 

Russland ist keine Radfahrernation. Das hat Silvio Schöll aus Deutschland vor acht Jahren nicht davon abgehalten, in der Nähe von Moskau einen Fahrradladen zu eröffnen. In der Stadt Chimki betreibt er neben dem Geschäft auch eine Werkstatt und einen Verleih. 

Das Radfahren im Zentrum von Moskau ist noch nicht so einfach wie in einigen europäischen Hauptstädten, aber Silvio glaubt, dass es einen Weg geben wird, wenn ein Wille da ist.

„In den letzten zwei bis drei Jahren wurde in Moskau immer mehr getan [um Radfahrern das Leben leichter zu machen]“, sagt Silvio. Darüber hinaus haben die Behörden kürzlich beschlossen, Radwege entlang des Sadowoje Kolzo (Gartenring), einer stark befahrenen Straße in der russischen Hauptstadt, einzurichten. Dies wird das Fahren auf zwei Rädern in Moskau erheblich erleichtern.

Der dreimonatige Lockdown war eine schwierige Zeit. Schöll räumt ein, dass sein Geschäft zum Erliegen gekommen ist und es sehr schwierig war, unter Quarantänebedingungen zu arbeiten. Natürlich blieb der Onlineshop geöffnet, aber die Werkstatt, in der vor der Quarantäne gut zu tun war, musste schließen. „Das sind Aufgaben für einen Mechaniker und es gibt vieles, was nicht online erledigt werden kann. Nicht jeder will zu Hause selbst arbeiten und es ist außerdem sehr schwierig über das Telefon eine Anleitung zur Reparatur eines Fahrrads zu geben“, erklärt Schöll.

Das Geschäft von Schöll wurde im Juli 2020 wiedereröffnet.

Die ganze Sendung kann auf der RTVI-Website angesehen werden.

>>> Wie Kleinunternehmen während der Selbstisolation im Untergrund arbeiten

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!